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Das Bauprojekt „Four Frankfurt“ könnte noch 2025 fertig werden. Erste Mieter ziehen jetzt ein. Bei der Planung des Komplexes wurde Künstliche Intelligenz eingesetzt.

Frankfurt – Mitten in Frankfurts Bankenviertel wächst eines der ambitioniertesten Hochhausprojekte Europas in den Himmel: das „Four Frankfurt“. Vier Türme, bis zu 233 Meter hoch, vereinen Büros, Wohnungen, Einzelhandel, Gastronomie und ein Hotel – ein Mammutprojekt, das städtebauliche Maßstäbe setzen soll. Doch es gibt auch Kritik.

Der erste Turm des Komplexes, der T1, wurde bereits 2023 fertiggestellt. Nun ziehen die ersten Mieter ein. So hat das global tätige M und A-Beratungshaus Lincoln International kürzlich rund 2800 Quadratmeter Bürofläche im T1 angemietet. „Die herausragende Architektur, die zentrale Lage und die zukunftsweisende Ausstattung des Four haben uns überzeugt“, so Michael Drill, Deutschlandchef des Unternehmens. Während viele Firmen angesichts von Homeoffice-Trends ihre Flächen reduzieren, setzt Lincoln bewusst auf Expansion – ein „Bekenntnis zum Standort und zur Relevanz hochwertiger, urbaner Bürowelten“.

Karolina Thoben, Leiterin des Bereichs Bürovermietung beim Projektentwickler Groß und Partner, sieht sich in ihrem Konzept bestätigt: „Moderne, flexible und repräsentative Büroflächen, die perfekt auf die Bedürfnisse dynamischer Unternehmen zugeschnitten sind.“

Frankfurter Büromarkt zeigt erste Erholungstendenzen

Tatsächlich zeigt der Frankfurter Büromarkt erste Erholungstendenzen. Nach einem Einbruch während der Pandemie und der Homeoffice-Welle zieht die Nachfrage wieder an – zumindest in Toplagen. Laut Jones Lang LaSalle (JLL) wurden im ersten Halbjahr 2025 in Frankfurt rund 340 000 Quadratmeter Bürofläche neu vermietet – ein Mehrjahreshoch. Besonders gefragt sind Flächen in zentraler Lage und mit moderner Ausstattung. Projekte wie das Four profitieren davon, während ältere Gebäude – selbst solche mit nur 20 Jahren auf dem Buckel – zunehmend Schwierigkeiten haben, Mieter zu finden.

Doch gleichzeitig bleibt das Transaktionsvolumen am Investmentmarkt gering. Investoren halten sich zurück – auch wegen der hohen Zinsen und unsicheren Zukunftserwartungen. Für Entwickler wie Groß und Partner könnte das bedeuten: Hoffnung auf langfristige Vermietung statt kurzfristiger Verkäufe.

Four FrankfurtAls eines der größten Bauprojekte innerhalb der Mainmetropole könnte das „Four Frankfurt“ trotz Kritik ein Erfolg werden – auch dank wieder steigender Büronutzung nach der Pandemie. © Helmut Fricke

Was auf den rund 16 000 Quadratmetern Grundfläche entsteht, zählt zu den größten Bauvorhaben Europas. Dort, wo einst die Deutsche Bank residierte, entsteht ein Quartier für rund 5000 Menschen – neben Büros auch mit Wohnungen, einem Hotel, Einzelhandel, Gastronomie, Kita und einer öffentlich zugänglichen Dachlandschaft. Mit dieser gemischten Nutzung der Flächen will der Entwickler Groß und Partner ein „offenes, lebendiges Stück Innenstadt“ schaffen, das Finanzplatz und Fußgängerzone, Skyline und Alltag miteinander verbindet. Der Anspruch ist „Urbanität zum Anfassen“. Ein Mix aus gefördertem Wohnraum und Eigentumswohnungen soll für soziale Durchmischung sorgen, architektonische Akzente die neue Silhouette Frankfurts prägen. Im Zusammenspiel mit öffentlichen Plätzen, Einkaufs- und Restaurantangeboten soll das Areal nicht nur Arbeitsplatz, sondern auch Aufenthaltsort sein.

Ein besonderes Merkmal des Four Frankfurt ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) im Planungsprozess. Das international tätige Architekturbüro UNStudio (kurz UNS) setzt bei dem Projekt auf „Machine Learning“ – also das maschinelle Lernen, das Trainieren von Computern aus Datensätzen und Erfahrungswerten – und datenbasierte Modelle. Diese sollen Baukörper, Windverhältnisse, Sonneneinstrahlung und Nutzungsverteilung optimieren. Die KI sei dabei weit mehr als ein Hilfsmittel – sie übernimmt zentrale Entscheidungen im Entwurfs- und Bauprozess. Michael Müller, damals noch Unternehmensentwickler bei UNS, erläuterte auf einem Architekturforum in der ersten Hälfte des Jahres 2025, dass nur die KI in der Lage sei, die immense Datenmenge sinnvoll zu verarbeiten und bis ins Detail zu optimieren.

„Das Four Frankfurt ist eine klimaschädliche und sozialpolitische Katastrophe“

Diese Entwicklung sorgt aber in der Architektenschaft für Unbehagen. Kritiker sehen die Gefahr, dass das Menschliche – Kreativität, soziale Interaktion, ästhetisches Gespür – durch berechnete Effizienz ersetzt wird. Architektur, so der Tenor, verkomme zur reinen Rechenaufgabe. Das Four Frankfurt stehe somit nicht nur sinnbildlich für eine neue Ära des Bauens, sondern auch für einen tiefgreifenden Wandel der Berufsrolle von Architektinnen und Architekten.

Auch städtebaulich polarisiert das Projekt. Befürworter loben das durchmischte Nutzungskonzept – Kritiker hingegen monieren eine zunehmende Verdichtung und stellen infrage, ob der massive Baukörper tatsächlich zur „Urbanität“ beiträgt oder nicht viel mehr als abschottende Palisadenwand die Skyline dominiert. Die Linken im Römer kritisieren, dass nur 78 von insgesamt 600 Wohnungen tatsächlich geförderter Wohnraum sind. „Das Four Frankfurt ist eine klimaschädliche und sozialpolitische Katastrophe“, schimpft Eyup Yilmaz. Er ist wohnungs- und planungspolitischer Sprecher der Fraktion „die Linke“ im Römer.

Bis 2030 sollen in Frankfurts Zentrum laut aktuellen Marktanalysen kaum neue Büroflächen entstehen. Das Four ist eines der wenigen Großprojekte, das realisiert wird – ein Vorteil auf einem zunehmend ausgedünnten Markt. Doch ob das Konzept dauerhaft trägt, hängt auch davon ab, wie sich der städtische Raum weiterentwickelt, welche Wohn- und Arbeitsbedürfnisse die Menschen haben werden – und inwiefern die Balance zwischen Effizienz und Lebensqualität gelingt. (Sören Kemnade)