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Für Schirm und Liegen in den Strandbädern am Mittelmeer müssen Besucher diesen Sommer tief in die Tasche greifen. Viele Strandplätze bleiben deshalb leer.

Rom – Italien erlebt einen ungewöhnlichen Sommer 2025: Während normalerweise im August die Strände überfüllt sind, bleiben dieses Jahr viele Liegen leer. Laut Corriere della Sera erwarten Reiseveranstalter und Hotelbetreiber zehn bis 15 Prozent weniger italienische Feriengäste als im Vorjahr. Strandbetreiber melden dramatische Rückgänge bei den Besucherzahlen und sehen sich zwischen Preisvorwürfen und existenziellen Sorgen gefangen.

Italien verzeichnet weniger Strandbesucher, auch um die Übernachtungszahlen wird sich gesorgt. Tourismus-Vertreter sprechen von verändertem Reiseverhalten.Leere Liegen am Strand von Spotorno in Ligurien © IMAGO / imagebroker

Der Grund für die leeren Strände sind gestiegene Preise. Hotels und Pensionen beobachten ein verändertes Reiseverhalten ihrer Gäste, die offenbar auf die höheren Kosten reagieren.

Italiens private Strandbäder verzeichnen in der laufenden Saison deutlich weniger Gäste

Der Tourismusverband Assobalneari Italia meldet für die laufende Saison einen Rückgang der Gästezahlen um 25 bis 30 Prozent. Nur an Sonntagen seien die Strände noch gut besucht. Die Branche hofft, dass sich mit dem bevorstehenden Höhepunkt des italienischen Sommers – dem Feiertag Ferragosto am 15. August – wieder Normalität einstellt. Das Wetter spielt dabei mit: Temperaturen von über 35 Grad sollen die Strandbesucher anlocken. Ob das jedoch ausreicht, bleibt fraglich.

Mit ihren stabilimenti balneari – den privaten Strandbädern – pflegen die Italiener eine zwiespältige Beziehung. Eigentlich gehören die mehr als 7.500 Kilometer Küste dem Staat, also allen. Doch über die Hälfte der Strände ist an Privatpersonen verpachtet, oft seit Jahrzehnten, häufig intransparent und zu niedrigen Preisen. Kritiker sprechen von Vetternwirtschaft oder gar mafiösen Strukturen. Viele der Pächterfamilien haben durch die Strandbäder ein beträchtliches Vermögen aufgebaut.

Strände, Städte, kulturelle Highlights: Die schönsten Urlaubsorte in ItalienUrlaub in Italien: Die 25 schönsten Orte und Reiseziele. Fotostrecke ansehenTagesmiete für Liegen und Schirm verdoppelt – italienische Strandbäder verzeichnen weniger Gäste

In Italien hat man sich längst daran gewöhnt, für den Strand zu bezahlen – im Unterschied zu vielen anderen europäischen Ländern. Im landesweiten Durchschnitt lag die Tagesmiete für zwei Liegen und einen Sonnenschirm im vergangenen Jahr nach Angaben der nationalen Beobachtungsstelle für das Badewesen bei etwas mehr als 30 Euro. In diesem Jahr sind deutliche Preissteigerungen zu beobachten. Im Strandbad La Perla del Tirreno in Santa Marinella, einem schlichten Badeort nahe Rom, kostet das gleiche Arrangement inzwischen 60 Euro. Auch die Preise für Speisen und Getränke liegen hoch: Ein Cappuccino schlägt mit fünf Euro zu Buche, ein Thunfisch-Cheeseburger mit 14 Euro.

Fabrizio Licordari vom Verband Assobalneari Italia macht die hohen Lebenshaltungskosten für den Besucherrückgang verantwortlich. Viele Haushalte reduzieren Ausgaben für Freizeit und Urlaub drastisch. Unter hundert Euro kommt eine Familie kaum noch weg. Die Geschäftsführerin des Strandbads in Santa Marinella, Leila Fares, rechtfertigt sich in der Zeitung La Repubblica: „Die Schirme stehen bei uns weiter auseinander als üblich, alles wird jeden Tag gereinigt und 20 Leute müssen bezahlt werden.“

Italien-Strandpreise sorgen für Diskussion – Hohe Preise führen zu Besucherrückgang

Solche Diskussionen gibt es eigentlich jeden Sommer. In diesem Jahr jedoch hat sich daraus eine größere Welle der Empörung entwickelt. Einer von Italiens beliebtesten Schauspielern, Alessandro Gassmann, brachte den Unmut mit einem Appell an die Strandbad-Besitzer auf den Punkt: „Liebe Freunde, ich habe gelesen, dass die Saison nicht gut läuft. Vielleicht habt ihr mit den Preisen ein bisschen übertrieben. Senkt sie, und vielleicht wird es dann besser.“

Licordari weist Vorwürfe über hohe Sonnenschirmpreise zurück: „Es gibt Strandbäder für jedes Budget.“ Laut Angaben der Deutschen Presse-Agentur führt er als Ursache für den Rückgang der Besucherzahlen die Inflation an, die viele Familien stark belastet. „Die gestiegenen Lebenshaltungskosten haben die Kaufkraft stark verringert. Selbst mit zwei Einkommen reicht das Budget in vielen Fällen nicht mehr aus.“

Von der Regierung in Rom unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni haben die Badegäste keine schnelle Hilfe zu erwarten. Tourismusministerin Daniela Santanché will von einer Krise nichts wissen. Solche Berichte seien „alarmistisch“ und „irreführend“. (jal/dpa)