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PRODUKTION - 29.11.2022, Hessen, Frankfurt/Main: Polizeioberkommissar Niklas Möller (r), Schutzmann vor Ort, geht in der Niddastraße im Bahnhofsviertel am Konsumraum der „Integrativen Drogenhilfe“ vorbei. Seit mehr als einem Jahr ist er Ansprechpartner für Institutionen, Gewerbetreibende und Bürgerinnen und Bürger im Stadtteil, einem Brennpunkt der Mainmetropole. Mit seinen Rundgängen stärkt er die Sicherheit im Quartier. (zu dpa-Korr „Zwischen Wochenmarkt und Bordell - Schutzmann im Bahnhofsviertel“) Foto: Arne Dedert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++Passanten und Drogenabhängige vor dem Konsumraum der „Integrativen Drogenhilfe“ in der Niddastraße. © Arne Dedert/dpa

Sechs Monate lang will die Stadt Frankfurt testen, welche Auswirkungen Sitzgelegenheiten rund um den Konsumraum in der Niddastraße 49 haben. Sie sollen nicht nur die Menschenwürde, sondern auch das Sicherheitsgefühl verbessern.

Frankfurt – Da es in Frankfurt bislang keine Erfahrungen mit Sitzgelegenheiten vor Einrichtungen der Drogenhilfe gibt, plant die Stadt ein sechsmonatiges Pilotprojekt. Im Umfeld des Konsumraums in der Niddastraße 49 sollen dazu an geeigneten Standorten Sitzgelegenheiten aufgestellt werden. Vertreter von Ordnungsamt, Polizei, Ortsbeirat 1, Offensive Sozialarbeit Sicherheit Intervention und Prävention (OSSIP), Mobilitäts- und Grünflächenamt sowie der Träger des Drogenraums stimmen die Standorte ab. Nach der Pilotphase erfolgt eine Validierung. Das teilt der Magistrat in einer aktuellen Stellungnahme mit.

Besser als auf dem Boden zu sitzen

Der Ortsbeirat 1 hatte darum gebeten, vor der Einrichtung der Integrativen Drogenhilfe sogenannte „Sitzpilze“ aufstellen zu lassen, damit Menschen sich dort regengeschützt aufhalten können, während sie auf Einlass warten. Das soll verhindern, dass sie auf dem Boden sitzen müssen, argumentierte das Stadtteilparlament. Sowohl Drogenkonsumenten als auch Mitarbeiter des Konsumraums hätten den Wunsch nach Sitzgelegenheiten geäußert. Die Sitzmöbel entschärften einerseits die unwürdige Situation vor der Einrichtung, andererseits trügen sie auch zu mehr Sauberkeit und Ordnung und somit zu mehr Akzeptanz bei, argumentierte das Gremium und verwies darauf, dass sich Sitzpilze in Frankfurt bereits bewährt hätten, beispielsweise an den temporären Haltestellen des Busersatzverkehrs der Bahn.

Diese Ansicht teilt das Ordnungsamt im Großen und Ganzen. Das Drogenreferat glaubt, dass die Arbeit von OSSIP-Streetwork nicht beeinträchtigt wird. Nach Mitteilung des Magistrats gibt es aber Bedenken, dass es sich Konsumraum-Nutzer im direkten Umfeld der Einrichtung gemütlich machten und länger dort verweilten als vorher. Das wiederum widerspräche der Zielsetzung von OSSIP und erschwerten die Reinigungsmaßnahmen. Aus fachlicher wie gesellschaftlicher Sicht befürwortet das Drogenreferat aber Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum.

Öffentlicher Raum wird geordneter

„Bänke oder sonstige mobile Sitzmöbel holen Menschen im Wortsinn vom Gehsteig und führen zu einer veränderten Wahrnehmung von Menschen, die sich im öffentlichen Raum aufhalten. Der öffentliche Raum wirkt dadurch geordneter, die Lage erscheint kontrolliert. Dieser Aspekt des „social design“ trägt maßgeblich dazu bei, dass sich Bürgerinnen und Bürger weniger gestört fühlen und das Sicherheitsgefühl steigt“, heißt es in der aktuellen Stellungnahme. Zu diesem Schluss kommt unter anderem der Forschungsverbund DRUSEC (Drugs and Urban Security). In seinen Handlungsempfehlungen für Städte mit offenen Drogenszenen und Drogenkonsumräumen vom November 2020 nennen es die Experten sogar notwendig, den öffentlichen Raum im Umfeld von Drogenkonsumräumen sozialverträglich zu halten und menschenwürdig zu gestalten. Als Beispiele werden Sitzgelegenheiten, Regen- und Sonnenschutz oder Trinkwasserspender genannt.

Die Handlungsempfehlungen, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, sehen mehrfachen Nutzen in einer attraktiven Gestaltung des öffentlichen Raums, der die Belange der Öffentlichkeit, aber auch die Bedürfnisse von marginalisierten Gruppen berücksichtigt: Neben dem oben erwähnten steigenden Sicherheitsgefühl für Passanten minimiere ein sozialverträgliches Ambiente das Risiko, dass marginalisierte Menschen im Umfeld von Drogenhilfeeinrichtungen Opfer von Gewalt und Kriminalität würden, und steigere somit auch deren Sicherheitsgefühl.

Ausbreitung wird verhindert

Als weiteren positiven Aspekt eines sozialverträglichen Ambientes im Umfeld von Hilfeeinrichtungen nennt der Forschungsverbund, dass dadurch die Ausbreitung von Gruppen marginalisierter Menschen verhindert wird. Sozialräumliche Maßnahmen haben aus Sicht des Forschungsverbunds DRUSEC „durchaus auch ordnungspolitischen Charakter“.