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Ein Rechercheteam hat nachgehakt, ob genug Bäume auf den Frankfurter Großparkplätzen stehen, und wünscht sich mehr Verantwortung seitens der Politik.
Frankfurt– Unter diesen hochsommerlichen Umständen, wie sie das Rhein-Main jetzt wieder im Griff haben, helfen sie sehr: Bäume. Möglichst viele Bäume. Die lindern die Hitze und schonen die Gesundheit. Ob es in Frankfurt genug davon gibt, und zwar beispielsweise auf Parkplätzen mit mehr als 1000 Quadratmetern, wahren Hitze-Hotspots, das haben die ARD, die Rechercheplattform „Frag den Staat“ und das Karlsruher Institut für Technologie gemeinsam untersucht. Die Ergebnisse waren am Mittwochabend in der Sendereihe „ARD Story“ im Ersten zu sehen. Titel: „Zugepflastert“.
Menschen brauchen Grün, gerade auf den steinernen Plätzen, die sich in der Stadt enorm aufheizen. © Rolf Oeser
So nämlich präsentieren sich viele Parkplätze auch in Frankfurt. Das Team hat die Stadt mit anderen Kommunen verglichen, die nach seinen Erkenntnissen besonders versiegelt und besonders heiß sind. Dabei zeigte sich: „61 Prozent der Menschen in Frankfurt am Main sind laut dem Hitze-Check stark hitzebelastet. Die Oberflächentemperatur beträgt im Sommer durchschnittlich 36,14 Grad.“ Das ist weniger als in Mannheim, der am stärksten versiegelten Stadt im „Hitze-Check“, die auf 88 Prozent Belastete kommt und auf eine Oberflächentemperatur von 38,38 Grad im Schnitt. Aber deutlich mehr als in Köln und Hannover (je 43 Prozent stark Hitzebelastete), Stuttgart (50) und Braunschweig (46 Prozent).
Extreme Hitze auf versiegelten Flächen in FrankfurtFrankfurt. Rot bedeutet: versiegelt. © KIT & ci-tec GmbH
Woran liegt das? Versiegelung spielt eine große Rolle, was die Temperaturen in Großstädten angeht. Die Frankfurter Fläche ist den Recherchen zufolge zu einem Drittel versiegelt, Köln, Braunschweig und Stuttgart sind es nur zu je einem Viertel. Das kann mit der Größe zusammenhängen: Frankfurt muss anteilig mehr Leute auf weniger Fläche unterbringen als andere. Und wächst dabei schon weitaus stärker in die Höhe als andere.
Vorgaben greifen nicht überall
In der Recherche ging es aber explizit um große Parkplätze als Beispiel für Versiegelung. Gibt es Vorschriften in den Bebauungsplänen etwa für Super- und Baumarktketten, wie viel Grün sie auf den Parkflächen für die Kundenautos unterbringen müssen?
Ja, gibt es – in Frankfurt sogar schon länger als anderswo. Eigentlich sollten die Recherchen den Zeitraum ab 2011 umfassen, weil von da an die Klimaschutznovelle des Baugesetzbuchs Konkretes vorschrieb. Weil Frankfurt aber schon früher solche Vorschriften eingeführt hatte, gingen die Journalist:innen hier zurück bis 2000. „Das ist ungewöhnlich“, sagt Vera Deleja-Hotko, Leiterin des Investigativteams der Plattform „Frag den Staat“. Aber die Vorgaben griffen auch nicht überall in Frankfurt.
31 Parkplätze in der Stadt wurden analysiert, etwa von Aldi, Bauhaus, Kaufland, Hornbach, Lidl, Netto und Rewe. Sechs Parkplätze hatten in den Bebauungsplänen keine Vorgaben zu Bäumen. Für die anderen 25 gilt, dass Bäume gepflanzt werden müssen – und auf sechs davon waren tatsächlich Bäume entsprechend der Richtlinie gepflanzt. Acht Parkplätze hatten laut Satellitenbildern weniger Bäume als vorgegeben, einer zwar genug Bäume, aber mit mickrigen Kronen.
Frankfurt ging den Hinweisen nach
Und für zehn Frankfurter Großparkplätze stehen die Vorgaben zwar im Bebauungsplan, sie greifen aber nicht, weil sie nur für Neu- und Zubau gelten. „Die Parkflächen sind allerdings älter – also Bestand“, berichtet das Rechercheteam. Insgesamt eine magere Frankfurter Baumausbeute – aber die Situation stelle sich differenzierter dar, antwortete Simone Zapke, die Amtsleiterin der Bauaufsicht, den Journalist:innen. Die Abteilung habe schnell reagiert und die Fälle überprüft – und nur in einem Fall sei tatsächlich ein Verstoß festgestellt worden: Da hätten statt der vorgeschriebenen 22 nur 18 Bäume gestanden.
Zapkes Antwort auf die Frage, wie oft der Baumbestand auf diesen Parkplätzen eigentlich kontrolliert werde, zeigt jedoch auch: „Für eine flächendeckende Überprüfung von Parkplatzflächen im Bestand fehlt es an den notwendigen personellen Ressourcen“, wie die Amtsleiterin schreibt. Für die Überprüfung der Vorgartensatzung beispielsweise stünden der Bauaufsicht zwei Planstellen zur Verfügung. Für die gesamte Stadt. Andererseits zeige die „sehr geringe Anzahl tatsächlicher Verstöße“, dass umfassende Kontrollen der Parkplätze nicht nötig seien.
Betrieben bei Um- und Neubauten „mehr Grün vorschreiben“
„Frankfurt war die einzige Stadt, die sich alle Stellen direkt angeschaut hat, auf denen wir zu wenig Bäume reklamiert hatten“, lobt Vera Deleja-Hotko. Frankfurt sei allerdings auch „eine sehr versiegelte Stadt – es wäre sicher gut für ihr Image, wenn die Menschen bei Frankfurt nicht nur an Hochhäuser denken würden“. Je kleiner eine Stadtfläche in Relation zu ihrer Einwohnerzahl, desto wichtiger sei es, viele Bäume amtlich vorzugeben. Und: „Frankfurt hat ein Bestandsproblem.“ Nur weil etwa ein Supermarkt schon vor dem grünfreundlichen Bebauungsplan da war, dürfe das nicht bedeuten, dass dort für alle Zeit weniger Bäume stehen. Dort müsse es möglich sein, auch nachträglich Grün einzufordern, nicht nur bei Um- oder Neubauten. „Die Städte müssen stärker in die Verantwortung kommen.“
Und die Betriebe? Alle wurden mit den Rechercheergebnissen konfrontiert, nicht alle antworteten, und einige betonten, sie seien ja nur Mieter, nicht Eigentümer des Grundstücks. Manche verwiesen aber auch auf ihr Nachhaltigkeitskonzept oder kündigten an, sich noch einmal mit dem Grünanteil auf dem Parkplatz zu befassen.
Interessant war jedenfalls die Antwort eines privaten Frankfurter Parkplatzbetreibers auf die Nachfrage des Rechercheteams, warum dort keine Bäume stehen. „Bei der Fläche handelt es sich um eine alte Müllkippe“, schrieb er, mit einer Asphaltdecke versiegelt. Ein Umbau sei in Planung, dauere aber noch. Eine normale Bepflanzung sei auf 20 Metern Müll nicht möglich.
Die Sendung „ARD Story: Zugepflastert!“ ist in der ARD-Mediathek zu sehen und wird im laufenden Programm des Ersten wiederholt am Sonntag, 24. August, um 13.15 Uhr.