Bangen um Hilfen

Unsichere Zukunft für Berliner Suchtprävention: Sozialprojekte vor dem Aus

Sa 16.08.25 | 08:00 Uhr | Von Samira El Hattab und Ann Kristin Schenten 

Zaun oder Nicht-Zaun - symbolisch steht das Zaunprojekt am Görlitzer Park für die Drogenpolitik des Senats (Quelle: Imago, dts)

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Video: rbb24 Abendschau | 15.08.2025 | Nachrichten | Bild: www.imago-images.de

Der Görlitzer Park in Kreuzberg gehört zu Berlins Drogen-Hotspots. Vor Ort kümmern sich Sozialarbeiter um obdachlose oder suchtkranke Menschen. Doch nun fürchten sie, dass Gelder in der Drogenhilfe gekürzt werden.  Von S. El Hattab und A. K. Schenten 

Der Görlitzer Park in Kreuzberg: Seit Jahrzehnten ein Treffpunkt der Drogenszene in Berlin. Hier wird gedealt und konsumiert. Neben Cannabis und Opiaten, auch vermehrt Crack. Die Droge macht extrem schnell abhängig. Viele, die sie nehmen, geraten rasant in eine Abwärtsspirale.

Juri Schaffranek kennt viele von ihnen. Er arbeitet bei Gangway e.V. als Streetworker und betreut obdachlose und suchtkranke Menschen. Nun befürchtet er, dass Projekte, mit denen man den Menschen hier helfen will, vor dem Aus stehen könnten: „Das betrifft Projekte von aufsuchender Sozialarbeit, Angebote in der Gesundheits- und Suchthilfe. Aber auch in der Jugendhilfe. Da wird es massive Einschnitte geben, das könnte fatalen Folgen gerade auch für sehr junge Konsument:innen haben.“


So viele Drogentote wie noch nie 

Schaffranek ist besorgt, dass der Senat beschlossene Gelder für die Drogenhilfe auslaufen lassen könnte. Im schlimmsten Fall führe das laut ihm zu mehr Drogentoten, vor allem bei Minderjährigen. Schon im letzten Jahr war die Zahl der Drogentoten laut der Gesundheitsverwaltung in Berlin so hoch wie nie. 294 Menschen starben. Fünf davon waren minderjährig, 40 unter 26 Jahre alt.


30 Millionen Euro Förderung laufen Ende des Jahres aus 

Vor zwei Jahren hat Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner einen Sicherheitsgipfel einberufen. Thema unter anderem: die Drogenpolitik. Im Nachgang wurden 30 Millionen Euro bereitgestellt, um gegen die Drogen-Problematik vorzugehen. 15 Millionen Euro standen pro Jahr zur Verfügung. Damit wurden repressive Maßnahmen wie etwa der Zaunbau am Görlitzer Park, aber auch präventive Maßnahmen, wie die soziale Arbeit gefördert. Ende Dezember läuft die Finanzierung aus. Bisher ist nicht klar, ob und wie die Drogenhilfe im kommenden Doppelhaushalt berücksichtigt wird. 

Die Senatsverwaltung für Gesundheit teilte auf rbb-Anfrage mit: „Wir bitten um Verständnis, dass der Senat grundsätzlich keine einzelnen Titel des Doppelhaushaltes 2026/27 kommentiert, solange dieser dem Abgeordnetenhaus als Haushaltsgesetzgeber nicht zur Beratung vorliegt.“ Die Haushaltsverhandlungen beginnen nach der Sommerpause. 


Herrmann: “Der Zaun ist reine Symbolpolitik” 

Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen), zeigt sich sicher, dass in Zukunft Projekte im Bereich der Drogenhilfe gestrichen werden: „Es scheint sich zu verdichten, dass alle sozialen Maßnahmen Ende des Jahres auslaufen und allein der Zaun übrigbleiben wird. Das ist falsche Prioritätensetzung. Der Zaun ist reine Symbolpolitik. Wir brauchen mehr soziale Maßnahmen, einen Ausbau der Hilfestrukturen, denn das Thema Sucht und Obdachlosigkeit nimmt leider zu in dieser Stadt.“ Noch ist allerdings nicht klar, ob nur der Zaun bleiben wird.


Verträge von Mitarbeitenden in der Drogenhilfe laufen aus 

Sollte es Kürzungen geben, wären potenziell auch Projekte von Fixpunkt e.V. betroffen. Astrid Leicht ist dort unter anderem für die Koordination der Konsumräume verantwortlich. Das sind beispielsweise ausgebaute Kleinbusse, in denen Menschen unter hygienischen Bedingungen und unter Aufsicht Drogen konsumieren können. Eine Maßnahme, die von der Gesundheitsverwaltung gefördert wird.

Die Räume sollen auch den Konsum auf offener Straße eindämmen, sagt Astrid Leicht: “Wir bekommen viel positives Feedback aus der Nachbarschaft, die sind froh, dass wir diese Arbeit machen und werden es nicht verstehen, wenn Dinge wieder abgebaut werden. Suchthilfe braucht Beständigkeit, Nachhaltigkeit und wir müssen Geduld haben, um Dinge substanziell ändern zu können.“ Doch nun befürchtet sie, dass die Verträge der Mitarbeiter, die mit den Geldern des Sicherheitsgipfels finanziert wurden, zum 31. Dezember auslaufen könnten. Dann hätte sie weniger Personal, die Angebote in der Drogenhilfe fortzuführen.  

Dabei, sagt Astrid Leicht, sei Berlin eigentlich auf einem guten Weg, das Drogenproblem anzugehen. Sollte es nun aber keine weiteren Gelder geben, werfe das ihre und die Arbeit anderer sozialer Träger deutlich zurück.

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.08.2025, 19:33 Uhr

Beitrag von Samira El Hattab und Ann Kristin Schenten