Der Musiker Andreas Dorau mit Mikro in der Hand streckt die andere gespreiz nach vorn

AUDIO: Andreas Doraus liebt Wien – aber eben doch nicht alles daran (3 Min)

Stand: 16.08.2025 13:50 Uhr

Anfang der 1980er-Jahre schuf der Hamburger Andreas Dorau den Hit „Fred vom Jupiter“. Auf seinem inzwischen 14. Soloalbum „Wien“ blickt er ganz subjektiv auf die österreichische Stadt. Ein Kaffeehausbesuch.

von Petra Volquardsen

Verabredung mit Andreas Dorau im Café „Klein und Kaiserlich“ in der Hafencity: an der Wand ein Sissi-Bild, auf der Karte Apfelstrudel und Wiener Kaffee-Varianten. Wofür sich jetzt entscheiden? „Das weiß ich bis heute nicht genau. Es gibt den berühmten Verlängerten oder den Braunen oder die Melange.“ Andreas Dorau bestellt einen Milchkaffee, der hier „Kaffee verkehrt“ heißt. In Wien war er als Kind das erste Mal und ist auch später immer wieder hingereist.

Wien: Faszination für die dunklen Seiten der Stadt

Im Gespräch mit Freunden von der Plattenfirma kommt die Idee auf, ein Themen-Album zu machen. Und Andreas Dorau schlägt eine Stadt vor: Wien. „Was mich an Wien reizt, ist, dass ich Wien nicht habhaft werde. Wien hat ja eine ziemlich dunkle Vergangenheit und auch noch immer dunkle Tendenzen und es ist kulturell von Hamburg aus die am weitesten entfernte deutschsprachige Stadt“, sagt er.

Als Vorbereitung für sein Wien-Album hat er viel gelesen, sich bei 3Sat Dokumentationen angeguckt und ist – zur Feldrecherche, wie er sagt – nach Wien gefahren. Rausgekommen ist eine Art Collage: „Also, ein Städteporträt kann man es nicht nennen, es ist auch keine gesungene Reiseliteratur.“ Vielmehr sei er der Frage nachgegangen: „Was interessiert mich an Wien?“

Herausgekommen sind teils skurrile Szenenbeschreibungen, etwa aus dem Prater. In das berühmte Riesenrad dort würde er selbst niemals einsteigen. „Ich habe extreme Höhenangst.“ Für den Song „Runde um Runde“ habe er sich vorgestellt, dass man zu zweit nach Wien reise, sich überreden lasse Riesenrad zu fahren und oben dann feststellt: Oh, Gott, was hab ich da zugesagt?

Imaginierte Szenarien in der österreichischen Hauptstadt

Für das Lied „Vienna sur Mer“ hat er die österreichische Hauptstadt kurzerhand an die Küste verlegt. Und in „45 Lux“ geht es um diese für Andreas Dorau ganz besondere nächtliche Stimmung in Wien. Er stellte sich vor, dass es ein Computer ist, der bei 45 Lux automatisch in der ganzen Stadt die Lichter anmacht. „45 Lux klingt ja auch schön“, sagt er.

Verspielt und kreativ – typisch Andreas Dorau eben. Und das schon seit er mit 15 für ein Schulprojekt den Neue Deutsche Welle Hit „Fred vom Jupiter“ geschrieben hat. 1981 war das. Sein Sound, den er stetig weiterentwickelt: elektronisch aus dem Computer, mit Refrains, die im Ohr bleiben und mit wenigen Worten viel sagen.

Den Vorschlag, für sein Album vielleicht auch mit Wiener Künstlern zusammenzuarbeiten, hat er abgelehnt. „Ich wollte tatsächlich die Außenperspektive behalten. Ich wollte nicht den Schulterschluss, ich wollte eine Betrachtung aus der Ferne.“

Die drei Musiker der Band Temmis bei einem Interview.

Die Band liegt mit ihrem Retro-Sound derzeit voll im Trend. Das Konzert im neu eröffneten Musikclub Molotow: ausverkauft.

Nicht ausgeschlossen, dass eine Reihe draus wird und er vielleicht auch noch Alben über andere Städte macht. „Bei Städtereisen ist mir schon häufiger aufgefallen, dass man sich plötzlich für ganz andere Sachen interessiert.“ Ihm fielen da Sachen auf, die er unter anderem Umständen als uninteressant erachtet hätte.

Im Café herumsitzen? Nichts für Andreas Dorau

In Wien hat er sein Album schon bei einem Konzert vorgestellt. Auf den Auftritt beim Sommerfestival auf Kampnagel am Sonntag (17. August) freut er sich, ist aber auch etwas aufgeregt. Das Publikum hier in Hamburg sei anders, sagt er. „Dass sie wirklich aus sich herauskommen, dauert halt sehr lange. In Wien hatte ich sie ab dem zweiten Stück.“

Nach dem Kaffee in der Hafencity zieht Andreas Dorau weiter. Kaffeehauskultur wie in Wien – das ist dann doch nicht seine Welt. „Den Tag im Café sitzend, tratschend, Zeitung lesend zu verbringen, dafür bin ich zu unruhig. Entspricht nicht meinem Naturell.“

Ein Mann singt in ein Mikrofon

Mit 15 hat er den Hit „Fred vom Jupiter“ geschrieben. Pünktlich zu seinem 60. erscheint sein neues Album.

Sven Regener, Frontmann der Band Element of Crime, spielt und singt beim "Berlin Climate Aid" Konzert am Brandenburger Tor. (25.03.2023)

Der Paul-Lincke-Ring wurde wegen der NS-Vergangenheit des Namensgebers umbenannt. Regener hatte das angestoßen.