Bleiern hatte in den Tagen zuvor die Hitze über Lintorf gelegen. Bei mehr als 35 Grad wurde jede Tätigkeit im Freien zur Herausforderung. Trotzdem schafften es die Mitglieder des „Brasselteams“ der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft gemeinsam mit zahlreichen Helfern, die Vorbereitungen für das Schützenfest rechtzeitig abzuschließen.
Erstmals wirkten in diesem Jahr auch die Damen, unter dem Zeichen des neu gegründeten St.-Anna-Corps, tatkräftig mit. So konnte am Freitagabend pünktlich um 19 Uhr die Zeltparty und damit der Auftakt des Festwochenendes beginnen. Die Temperaturen waren erträglicher geworden, und im annähernd ausverkauften Festzelt sorgte die Band „Queerbeet“ für ausgelassene Stimmung. „Wir hätten noch ein paar Karten mehr verkaufen können, aber so war es ideal – etwas mehr Platz zum Tanzen als im letzten Jahr hat allen gutgetan“, resümierte Andreas Kellersmann, Chef der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Lintorf. „Die Gäste waren sichtlich mehr als zufrieden mit dem Abend. Gegen Mitternacht haben wir dann die Veranstaltung langsam beendet, um mit Rücksicht auf die Nachbarn eine adäquate Mischung aus Feiern und Verantwortung zu erfüllen“.
Am Samstag strömten bei nochmals deutlich angenehmeren Temperaturen die Schützen aus allen Teilen des Dorfes auf die Speestraße, den Marktplatz und den Schützenplatz. Gegen 15 Uhr setzte sich der gemeinsame Marsch – musikalisch begleitet vom Tambourcorps und der Musikapelle Stein – vom Eiscafé an der Speestraße aus in Bewegung. Auf dem Schützenplatz wurde im Anschluss auf den Marsch der „Bunte Nachmittag“, das Programm für die Senioren, eröffnet. Bei Kaffee und Kuchen unterhielten Heinz Hülshoff, der singende Wirt aus Ratingen, und Katrin Hofmann, in Gestalt einer fiktiven Person mit einem besonderen Blick auf das Schützenbrauchtum, die Gäste.
Vor dem Festzelt trugen derweil mehr als 140 Teilnehmer den Wettbewerb um die Gästekönigswürde aus. Da sich der hölzerne Vogel als besonders widerstandsfähig erwies, fiel die Entscheidung erst kurz vor dem großen Platzkonzert: Kai Womelsdorf von den Homberger Wiesnasen setzte schließlich den entscheidenden Treffer.
Neben dem Schießstand ging es zeitgleich um eine ganz andere „Königswürde“: In Anlehnung an die anstehende Bürgermeisterwahl in Ratingen hatten die Schützen eine symbolische Auszeichnung ausgelobt. Kandidaten verschiedener Parteien, darunter Rainer Vogt (BU) und Patrick Anders (CDU), traten in einem humorvoll angelegten Wettbewerb gegeneinander an. Nach einem Patt beim Erkennen von Kartoffelchips-Sorten setzte sich Vogt im Stechen durch. Anders gratulierte sportlich und ließ durchblicken, dass er im eigentlichen Wahlkampf, wenn es um die Wurst gehe, sich nicht so leicht die Butter vom Brot nehmen lassen würde, und er bei weitem noch nicht geschlagen sei.
Überschattet wurde der ansonsten heitere Samstagabend von einem unschönen Vorfall: Ein Plakat des CDU-Bürgermeisterkandidaten wurde vor den Augen der Festbesucher und direkt im Sichtfeld der Ratinger Feuerwehr, beschädigt. Da es sich um eine Straftat handelt, wurde die Polizei eingeschaltet. „Beschädigungen an Wahlplakaten sind leider keine Seltenheit, doch ein solches Vorgehen während eines harmonischen Festes ist besonders bedauerlich“, erklärte Peter Thomas, Vorsitzender der CDU Ratingen. Der Schaden belaufe sich auf rund 500 Euro. „Leider kommt es im gesamten Stadtgebiet immer wieder gezielt zu Beschädigungen der Plakate und letztendlich können wir das nicht auf Dauer in diesem Maße unreflektiert hinnehmen. Gerade wenn es wie hier unter den Augen des Öffentlichkeit während eines wirklich harmonischen Festes zu einer solchen Verunglimpfung durch politische Mitbewerber kommt, muss reagiert werden. Demokratie ist nicht nur freie Meinungsäußerung und Tolerieren der Freiheit anderer, sondern sie ist in erster Linie auch Wehrhaftigkeit in Bezug auf reelle Regelverletzungen“, so Peter Thomas weiter.
Die Stimmung trübte der Vorfall jedoch nur kurz: DJ Tobi sorgte nach dem Zapfenstreich vom Dach eines Food-Trailers aus für Musik, und Hunderte Besucher feierten ausgelassen weiter. Pünktlich um 22 Uhr krönte ein spektakuläres Höhenfeuerwerk den Abend, das fast im ganzen Dorf zu sehen war.
Am Sonntag folgte die traditionelle Weckrunde der Kompanien, die auch zum ökumenischen Gottesdienst ins Festzelt einluden. Danach standen Pfänderschießen, Musikfrühschoppen und am Nachmittag die große Parade mit Festzug auf dem Programm. Am Abend bot der „Bunte Abend“ zahlreiche Auftritte lokaler Künstler.
Der Montag schließlich ist ganz dem Kern des Schützenwesens gewidmet: dem Ausschießen und der Proklamation des neuen Königs- und Kronprinzenpaares. Damit ist die Fortsetzung der Lintorfer Tradition unter dem Motto „Glaube, Heimat, Sitte“ auch für das kommende Jahr gesichert.