Das Dominikus-Ringeisen-Werk (DRW) ist einer der größten sozialen Träger in Bayern, mehr als 5000 Mitarbeitende unterstützen täglich mehr als 6000 Menschen mit Beeinträchtigung, die an verschiedenen Standorten betreut, gefördert und begleitet werden. Und dennoch sagt DRW-Gesamtleiterin für Schulen Verena Nittmann, dass Einrichtungen der Stiftung „in ihrer Existenz bedroht“ seien. Es fehlen Fachkräfte, was das DRW zum Beispiel bei seinem Kernberuf spürt, den Heilerziehungspflegern. Eine neue Ausbildungsschule in Augsburg soll helfen, die Lücken zu schließen, 18 Schülerinnen und Schüler lernen hier von September an für ihre Ausbildung.
Große Hoffnung setzt das DRW dabei in das Qualifizierungschancengesetz, mit dem die Agentur für Arbeit Weiterbildungen finanziell unterstützt sowie Ausbildungen in Berufen mit Fachkräftemangel. Es sei, heißt es beim DRW, „ein Erfolgsprozess“, der vor allem Quereinsteigern eine Ausbildung ermögliche. Allein beim DRW gab es im Jahr 2025 schon 57 solche geförderten Ausbildungsverhältnisse, es hätten aber deutlich mehr sein können. Knapp 40 potenzielle Arbeitnehmer stehen bislang nur auf der Warteliste, weil die Mittel zur Umsetzung des Gesetzes begrenzt sind. Arbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles hat bei der Eröffnung der neuen Schule in Augsburg nun Besserung zugesagt: Für das Jahr 2026 will sie mehr Geld für das Qualifizierungschancengesetz bereitstellen.
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Seit etwas mehr als fünf Jahren zahlt die Agentur für Arbeit auf Grundlage des Qualifizierungschancengesetzes Zuschüsse für die Kosten von Weiterbildungen und für die Berufsausbildung. So stockt die Agentur für Arbeit etwa das Ausbildungsgehalt auf. „Berufswechlser könnten sich eine Ausbildung sonst gar nicht leisten“, sagt Nittmann. Die knapp 40 Arbeitskräfte auf der Warteliste sind überwiegend Frauen, manche von ihnen müssen für Kinder sorgen. Mit einem Ausbildungsgehalt wäre das nicht möglich. Dabei sind gerade solche Quereinsteiger besonders wertvoll in Pflegeberufen. Nittmann sagt: „Berufswechsler sind motiviert, sie entscheiden sich mit Lebenserfahrung für eine neue Aufgabe und bleiben dann auch dran.“
Dass die Agentur für Arbeit Beschäftigte berät und unterstützt, „das ist für uns noch immer neu“, sagt Andrea Nahles. Die Agentur betreut ja eigentlich arbeitslose Menschen, da haben die Mitarbeiter jahrzehntelange Erfahrung. Dass das Qualifizierungschancengesetz nun immer bekannter wird, dass nun „Musik reinkommt, weil es gut läuft“, sei wichtig. Bei der Salzgitter AG, berichtet Nahles, sei es mithilfe des Qualifizierungschancengesetzes gelungen, Arbeiter auf „Greensteel“ umzuschulen, also auf nachhaltige und klimaneutrale Stahlproduktion. Die Arbeiter können weiter in ihrem Werk tätig sein, aber mit neuer Technologie. Beim DRW und der Ausbildung zu Heilerziehungspflegern begleitet die Agentur für Arbeit mit dem Gesetz einen ganzen Berufswechsel.
„Arbeitslosigkeit ist immer am teuersten“
„Präventive Arbeitspolitik“ nennt Nahles das. „Das ist gut eingesetztes Geld, weil Arbeitslosigkeit immer am teuersten ist.“ Seit einem Jahr beobachte sie eine Verdoppelung der Fallzahlen, insofern werde die Agentur für Arbeit im Haushalt für das Jahr 2026 den finanziellen Rahmen für das Gesetz anpassen. „Unser Ziel ist es, dass Menschen gar nicht erst arbeitslos werden.“ Wobei ein Berufswechsel nicht nur dazu führe, dass die Menschen nicht ohne Arbeit zu Hause sitzen, sagt DRW-Vorstand Josef Liebl. Ein Berufswechsel könne manchmal auch helfen, dass Menschen psychisch und somatisch gesund bleiben. Vor allem aber sei das Gesetz „eine echte Chance, Menschen in soziale Berufe zu bringen“.
Das Dominkus-Ringeisen-Werk, sagt Vorstandsvorsitzender und Geistlicher Direktor Marti Riß, sei mit Einrichtungen von Kochel bis Aschaffenburg tätig. Mit Schwerpunkt in Schwaben und Unterfranken betreibt die Stiftung unter anderem Schulen, Tagesstätten, Pflege-, Therapie- und Jugendeinrichtungen sowie ambulante Hilfen. Das DRW bringt Menschen mit Beeinträchtigung in Arbeit und versorgt sie schwerpunktmäßig mit Wohnplätzen.
Zu 79 Prozent sind die mehr als 5000 Mitarbeitenden Frauen, die Zahl der Auszubildenden steigt kontinuierlich, etwa innerhalb der vergangenen zwei Jahre von 173 auf 218. 85 Prozent aller Auszubildenden übernimmt die Stiftung in weiterführende Arbeitsverhältnisse, 18 Ausbildungsberufe bietet sie an, vier Freiwilligendienste und einen dualen Studiengang. Der Fokus liegt auf Heilerziehungspflegenden, die Menschen mit Beeinträchtigungen aller Altersstufen in ihrem Alltag begleiten und unterstützen.
Ungelernte Arbeitskräfte zu bekommen, sei dabei nicht das Problem, sagt DRW-Vorstand Liebl. Auch solche Arbeitnehmer kann die Stiftung gebrauchen, die Betreuung von Menschen mit besonderen Bedarfen könnten diese aber nur bedingt tragen. Dafür benötigt das DRW ausgebildete Fachkräfte – und besonders Quereinsteiger, bei denen die Chance besonders hoch ist, dass sie den Beruf lange ausüben, weil sie bereits Berufserfahrung gesammelt haben und sich somit bewusst dafür entscheiden.
Quereinsteigern eine Ausbildung zu finanzieren, über das normale Ausbildungsgehalt hinaus, sagt Liebl, wäre für das DRW aber nicht zu stemmen. Insofern hilft die Ankündigung von Andrea Nahles, mehr Mittel für das Qualifizierungschancengesetz bereitzustellen. Die so dringend benötigten Fachkräfte werden in der neuen Schule in Augsburg ausgebildet, die künftig neben der Fachschule zur Heilerziehungspflege am DRW-Stammsitz in Ursberg besteht.