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Die Überraschung ist immer wieder groß: Mehr und mehr Menschen begegnen in Deutschland einem in verschiedener Hinsicht besonderen Tier.
Duisburg – Schon der Name klingt höchst speziell: Europäische Gottesanbeterin (Mantis religiosa) wird ein Insekt genannt, das ein ganz besonderes Tier ist. Das zeigt sich allein schon durch seine ungewöhnliche Optik und die Dimensionen. Weibchen werden bis zu acht Zentimeter groß, Männchen bis zu sechs. Die Gottesanbeterin kann sich bestens tarnen und wartet im Gras minutenlang auf Beute. Es handelt sich um die einzige aus der rund 2.400 Arten umfassenden Ordnung der Fangschrecken, die in Mitteleuropa heimisch ist. Und: Die Gottesanbeterin befindet sich auf dem Vormarsch.
Eine Europäische Gottesanbeterin, aufgenommen 2024 am Kaiserstuhl. © IMAGO/McPHOTO/M. SchaefMeldungen von Gottesanbeterinnen nehmen laut Nabu zu
„Die ausgewachsenen Gottesanbeterinnen lassen sich jetzt wieder häufiger blicken. Auch bei uns steigen die Meldungen gerade an“, berichtet der Nabu-Bundesverband. Anfangs habe die Fangschrecke vor allem im Mittelmeerraum gelebt und in Deutschland fast nur am Kaiserstuhl. Inzwischen hat sich die Art nach Norden ausgebreitet – zu den Gründen gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze.
Es gibt Anlaufstellen im Internet, um Sichtungen zu melden, etwa beim Nabu selbst, aber auch die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg oder das Landesamt für Umweltschutz in Sachsen-Anhalt rufen dazu auf. Andere nutzen einfach ihren Facebook-Account, um die Begegnung mit Gottesanbeterinnen zu dokumentieren.
Unsere Redaktion entdeckte alleine von Mitte August zahlreiche Postings mit Bildern und Videos. Diese sind zwar nicht im Einzelnen verifiziert, sehen aber authentisch aus. „Auf einmal war diese schöne Gottesanbeterin auf meiner Hand“, schreibt ein Nutzer. Ein anderer aus Wiesbaden-Breckenheim (Hessen) meint: „Bisher hatte ich es für ein Gerücht gehalten. Jetzt haben wir wirklich die Bestätigung“ – dazu gibt es ein Foto und ein Video.
Die Facebook-Postings scheinen aus ganz Deutschland zu stammen. „Gefunden in Hoyerswerda im Garten. Gottesanbeterin ist klar, aber die erste, die ich in Deutschland in freier ‚Wildbahnho‘ gesehen habe“, so ein User aus Sachsen. Auf einen anderen wartete „mitten im tiefen Pfälzerwald“ bei der Rückkehr vom Bäcker auf der Fußmatte seiner Haustür ein Exemplar. Auch eine Frau aus Saarbrücken hat wohl Bekanntschaft gemacht.
Gottesanbeterin: Diverse Sichtungen in Hessen
Diverse Sichtungen stammen aus Hessen. Aus Rodgau heißt es: „Jetzt bin ich wirklich überrascht. Gerade als ich heute mit meinem Kleinen das Haus in Richtung Großeltern verlassen wollte, habe ich eine Gottesanbeterin an unserem Hoftor (Nieder-Roden) gefunden.“ Und aus Gernsheim in Hessen: „Heute Abend an der Tankstelle ist mir wieder eine Gottesanbeterin über den Weg gelaufen. Habe sie in eine Grünfläche gebracht.“ Es sei die vierte ihrer Art in eineinhalb Wochen gewesen. Eine Nutzerin aus Heusenstamm (ebenfalls Hessen) zeigt, wie eine Gottesanbeterin auf ihrer Parkscheibe sitzt.
Auch in NRW gibt es zahlreiche Sichtungen von Gottesanbeterinnen
Auch Menschen aus NRW berichten von Begegnungen mit den Insekten, etwa obiger Facebook-User aus der Eifel oder eine Nutzerin aus Mönchengladbach. In Niederkassel kam eine Gottesanbeterin ebenfalls vor die Linse, ebenso in Eschmar. Der WDR schreibt, ein solches Tier sei vor dem Fernsehstudio der Lokalzeit in Duisburg entdeckt worden. „Ich habe es auf ein Blatt Papier bugsiert und dann ins Gebüsch nebenan gesetzt“, berichtet ein Techniker. Laut der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet handelte es sich um die erste dokumentierte Beobachtung einer Gottesanbeterin in Duisburg.
Tobias Rautenberg von der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet erklärt dem WDR: „Egal, wie sie hergekommen sind, sie haben gute Möglichkeiten, sich zum Beispiel auf wärmebegünstigten Industriebrachen zu vermehren.“ Neben der Optik ist noch etwas ziemlich ungewöhnlich an Gottesanbeterinnen – und ziemlich gruselig: Vor oder nach der Paarung verspeisen die Weibchen häufig die Männchen. „Das ist eine zusätzliche Proteinquelle“, so Experte Rautenberg lachend zur WAZ.
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Gefährlich sind Gottesanbeterinnen – anders als andere tückische Tiere, die zuletzt etwa für Fest-Absagen und anderes Ungemach sorgten – allerdings nicht. Man müsste sie erheblich ärgern, damit sie einen mit ihren „kräftigen Kiefern“ zwicken, so Rautenberg. Auch Rainer Michalski von der Nabu-Regionalstelle Rheinhessen-Nahe beschwichtigt laut Allgemeine Zeitung: „Sie können weder durch menschliche Haut beißen, noch haben sie einen Stachel, und auch mit ihren Fangbeinen können sie uns keinen Schaden zufügen.“ Eine spektakuläre Plage war kürzlich in den USA zu beobachten. (lin)