Drei Wochen, nachdem sich die EU mit den USA auf eine Grundsatzvereinbarung zur Entschärfung des Zollkonflikts geeinigt hat, stockt die Umsetzung, weil Brüssel den Digital Services Act (DSA) schützen will. Das berichtet die Financial Times unter Berufung auf eingeweihte Personen und erklärt, dass sich die US-Regierung angeblich die Möglichkeit offenhalten will, Zugeständnisse bei der Durchsetzung des DSA gegen US-Unternehmen einzufordern. Das wolle die EU verhindern und in der schriftlichen Vereinbarung festhalten, dass der DSA Bestand hat. Die US-Regierung sehe darin aber eine Art Handelsbarriere, die nicht vom Verhandlungstisch genommen werden dürfe.

Europas „Grundgesetz fürs Internet“

Die Uneinigkeit über den Umgang mit Europas Regeln für Plattformen im Internet hat nun auch schon dafür gesorgt, dass der vereinbarte Zeitplan nicht mehr eingehalten wird, schreibt die Zeitung weiter. So sollte US-Präsident Donald Trump eigentlich schon vor dem Wochenende verfügen, dass die Zölle auf Autos aus der EU von 27,5 auf 14 Prozent sinken. Das will er aber nicht tun, bevor das Abschlussdokument unterzeichnet ist. Während die US-Regierung dafür sorgen will, dass Zugeständnisse bei der DSA-Umsetzung dadurch nicht unmöglich werden, hat die EU-Kommission erklärt, dass das für sie eine rote Linie sei. Unklar ist demnach auch, wie lange die Debatten noch andauern werden. In anderen Fällen habe die US-Regierung eine Handelseinigung noch am selben Tag finalisiert.

Mit dem DSA verpflichtet die EU Internetportale dazu, mehr Transparenz über die Moderation der Inhalte und Werbung herzustellen. Mit dem „Grundgesetz fürs Internet“ will die EU dafür sorgen, dass illegale und strafrechtlich relevante Inhalte möglichst schnell verschwinden. Großen US-Plattformen sind die Vorgaben ein Dorn im Auge, weshalb Brüssel nun verhindern will, dass die US-Regierung im Handelsstreit für sie Ausnahmen erzwingen will. Schon vor der Einigung zwischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Donald Trump hat die EU-Kommission die Entscheidung zur Verhängung einer DSA-Strafe gegen den Kurznachrichtendienst X aufgeschoben, um die Gespräche nicht zu erschweren.

Ende Juli hatten sich die EU und die USA im Grundsatz geeinigt, um den Handelskonflikt zu beenden. Auf fast alle Waren aus der EU soll ein einheitlicher Zoll von 15 Prozent erhoben werden, Sonderreglungen gibt es etwa für Ausrüster und Hersteller von Chipfertigungsanlagen. In Europa hat es teilweise deutliche Kritik gegeben. Frankreichs Premierminister François Bayrou hat beispielsweise von einem „schwarzen Tag“ gesprochen. Bundeskanzler Friedrich Merz sagte, „die deutsche Wirtschaft wird erheblichen Schaden nehmen“. Aus Brüssel wiederum hat es damals schon geheißen, dass die Verteidigung der EU-Digitalvorschriften nicht genügend Aufmerksamkeit bekommen habe. Das könnte sich nun ändern.

(mho)

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