Cover: Gilles Néret: "Renoir, Maler des Glücks"

AUDIO: Bildschöne Bücher: „Renoir. Maler des Glücks“ (5 Min)

Stand: 18.08.2025 12:32 Uhr

Ein kompakter Band zeigt das Schaffen eines populären Impressionisten, dessen Werk viele zu kennen glauben – doch bei 6.000 hinterlassenen Bildern lässt sich Pierre-Auguste Renoir wohl von nahezu jedem Kunstkenner noch neu entdecken.

von Guido Pauling

„Maler des Glücks“ hat der Journalist und Kunsthistoriker Gilles Néret seinen Bildband untertitelt. Tatsächlich dürften viele Betrachter unterbewusst genau dies bei Renoirs Bildern empfinden. Tänzchen im gut besuchten sommerlichen Gartencafé Moulin de la Galette, junge Frauen und Männer mit Strohhüten in angeregten Gesprächen, und stets blüht irgendwo ein Blumenkranz, Blumenstrauß, Blumenbeet – oder gleich eine ganze Blumenwiese. Wie hingetupft, zart gepinselt ist das alles, dazu belebt flirrendes Sonnenlicht die warme Luft – ist das Leben nicht eine Lust?

Faszinierende Gegensätze bei Renoir

„Es ist eine Mischung aus völlig misslungenen Teilen und sehr hübschen Abschnitten. Der ganze leicht nervöse Charme der Frauen von Renoir zeigt sich hier bereits. Man spürt, dass die Hinterteile und Brüste ihm besonders gut gefallen und auch die nackte Haut, die durch den Gazestoff hindurchscheint“, urteilte der Maler Paul Signac missmutig angesichts eines Renoir-Gemäldes. Nur ein böses Kritikerwort von vielen, die Renoir und seine Freunde in ihrer Jugend aushalten mussten, als ihnen das Schimpfwort „Impressionisten“ angehängt wurde, das sie schließlich in einen ehrenvollen Gattungsbegriff ummünzten.

Erstaunlich, wie gut manche Gemälde Renoirs in diese neue Stilrichtung passten – und wie wenig manche andere, und zwar zur gleichen Zeit. Das Bild „Beim Blumenpflücken“ – raumgreifend-doppelseitig in diesem Band abgedruckt – ist ganz hingestricheltes Hell- und Dunkelgrün aus Blättern, Büschen, Bäumen. Dazu einige rosafarbene, weiße, blaue und gelbe Blütentupfen und ein schwarz gekleidetes Paar mit hellen Hüten im Zwiegespräch. Die „Frau mit Sonnenschirm im Garten“, ebenfalls von 1875, ist beinahe pointilistisch nur aus Punkten und Strichen kreiert; ein Kaleidoskop an Blumenfarben.

Renoirs Sinn fürs Kommerzielle

Dagegen besteht die „Frau mit Katze“ zu großen Teilen aus einfarbiger Fläche: mattgrüne Tapete, weiß-rosa nackte Arme und Wangen; die dunkle Rückenlehne des Sessels und der angedeutete Vorhang am Fenster erden das Bild in der Stoffschwere bürgerlicher Wohnzimmer.

Auch für diese betuchte Kundschaft arbeitete Renoir, aus wirtschaftlicher Klugheit: „Es gibt in Paris gerade einmal 15 Kunstsammler, die in der Lage wären, einen Maler auch ohne den Salon zu schätzen. Es gibt aber 80.000, die nicht einmal ihr eigenes Konterfei kaufen würden, wenn der Maler nicht beim Salon zugelassen ist. Darum reiche ich jedes Jahr zwei Porträts ein“, erklärte Renoir, weshalb er an dieser konservativen Auswahl teilnahm. „Meine Einreichung an den Salon ist ganz und gar kommerziell.“

Buchcover: Renoir. Rococo Revival

Der Bildband „Renoir. Rococo Revival“ ist eine wunderbare Aufforderung, sich intensiv mit diesem Künstler zu beschäftigen.

Zwischen Impressionismus und Klassik: Renoirs künstlerische Entwicklung

Gut im Geschäft und dennoch frei in der Bildgestaltung – so wurde Renoir für Jahre zum „König der Porträts“. Bis es ihm reichte, er sich von diesen Aufträgen wie auch vom Impressionismus insgesamt abwandte. Bedauernd stellte er fest, „dass wir nicht eine Hand zeichnen können und nichts mehr über unser Metier wissen, während die alten Meister (…) über dieses wunderbare malerische Können und diese klaren Farben verfügen.“

Fortan wurden Raffael und Ingres zu seinen Vorbildern. Die klassische Malerei, die die Impressionisten noch überwinden wollten, wurde zu seinem neuen Ideal.

All dies zeigt der nur 16 mal 22 Zentimeter große, dafür aber rund 500 Seiten starke Klein-Bildband ausführlichst mit farbenprächtigen Abbildungen auf nahezu jeder Seite. Dazu mit so viel gut geschriebenem Text, dass mir nach ausführlicher Lektüre klar ist: Enorm viel über Renoir und Zeitgenossen gelernt. Und doch erst ganz am Anfang, diesen so unglaublich sinnlichen und gedankenvollen Maler genauer kennenzulernen, von dem ich durch zahlreiche Postkarten, Poster und Prints schon glaubte, eigentlich alles zu wissen.

Cover: Gilles Néret: "Renoir, Maler des Glücks"

Renoir. Maler des Glücks

von Gilles Néret

Seitenzahl:
488 Seiten
Genre:
Bildband
Verlag:
Taschen Verlag
ISBN:
978-3836519045
Preis:
25 €