Autos und Parkplätze in der Mülheimer Innenstadt gelten nicht gerade als Favoriten, um es extrem zurückhaltend auszudrücken. Nachdem mich letztlich die amtliche Knöllchen-Jägerin vom Besuch des Konditors in der fast leeren Innenstadt verscheucht hatte, wurde mir ganz anders als ich die Fußgängerzone der Stadt Ansbach besuchte. Im Gegensatz zu Mülheim brummte und wieselte es dort, als gäbe es in allen Geschäften etwas umsonst. Bis in den späten Abend saßen die Leute in der Straßengastronomie und die Tische, von denen die Lieferantenautos mit den Seitenspiegeln die Kaffeetassen wegzufegen drohten, waren am dichtesten besetzt.
Eine Innenstadt – geflutet von Fußgängern. Kamen die mit dem Auto?
Irgendetwas konnte hier nicht stimmen, denn die Geschäfte waren fast alle aktiv, Leerstand und weiße Laken gab es zwar, sie fielen aber kaum ins Gewicht. Notanmietungen durch die Kommune sah ich nicht. Die Erklärung für das Volksgewimmel erschloss sich beim Blick auf die Karte. In Ansbach sieht man Autofahrer nicht als Störenfriede, die es zu verscheuchen und auszusperren gilt, sondern als fahrende Geldbörsen. Und deren Inhalt in den Geschäften abgeliefert zu sehen ist offenkundig Stadtraison. Man jagt die Leute mit dem Geld im Auto nicht weg, sondern lässt sie sogar im Allerheiligsten parken – dem Schlossinnenhof, in den man durch ein uraltes, einspuriges Tor fahren kann (siehe Titelbild).
Des Rätsels Lösung: Die Innenstadt ist umgeben von ca. 1.000 Parkplätzen auf kurze Distanz
Zur Ablieferung der Autofahrergelder in den Geschäften hat man die Innenstadt rundum mit Parkplätzen umgeben, deren Zahl ich auf über 1.000 schätze. Die Parkgebühren sind hoch, garantieren aber, dass auch Eilige jederzeit einen finden. Zeitfressendes Einfädeln in Parkhäuser oder gar Tiefgaragen entfällt. Die Kosten: € 1,40 pro Stunde, Mo-Fr bis 18 Uhr, samstags bis 14 Uhr. Anwohnerparken ist etabliert. Auf den Parkplätzen herrscht reger Austauschverkehr. Sicher laufen Knöllchenjäger herum, von denen ich aber an mehreren Tagen trotz überzogener Standzeit keinen gesehen habe. Natürlich sind € 1,40 pro Stunde echtes Geld, aber wenn man für einen Fünfziger oder Hunderter einkauft, fällt der Betrag nicht mehr sonderlich ins Gewicht. Außerhalb, aber nahe der Innenstadt befindet sich ein riesiges Einkaufszentrum mit kostenlosen Parkplätzen..
Ergebnis: Die Stadt Ansbach schwimmt im Geld
Sieht man, dass die Kleinstadt Ansbach so gut wie schuldenfrei ist (Schuldenstand: € 500 pro Kopf, im Vergleich dazu Mülheim als NRW-Schuldenkönigin: ca. € 10.000 pro Kopf ) könnte man ins Schwärmen geraten. Denn angesichts niedriger Grundsteuern und einer Schloss-Orangerie mit großem Park, deren umwerfende Blumenpracht allein zu pflegen schon das Mülheimer Stadtsäckel überfordern dürfte, ist die Lebensqualität nicht gerade gering.
Vielleicht könnte Mülheim von Ansbach etwas lernen – zum Beispiel zum Umgang mit Autofahrern und deren sinnvoller Geldanlage.