Kurzsichtigkeit bei Kindern ist ein wachsendes Problem weltweit. Die Ursachen liegen darin, dass immer mehr Kinder lange Zeit vor Bildschirmen verbringen und weniger im Freien. Das führt dazu, dass der Augapfel vermehrt in die Länge wächst und so in der Ferne kein scharfes Bild mehr erzeugt wird.

Augentropfen mit Atropin sollen helfen, die Entwicklung einer starken Kurzsichtigkeit bei betroffenen Kindern zu bremsen. Stoppen kann man sie aber nicht. Atropinsulfat als Augentropfen setzt man schon lange bei Kurzsichtigkeit ein. Ab sofort kann aber auf die aufwendige Rezepturherstellung verzichtet werden.

Augentropfen bei Kurzsichtigkeit endlich als Fertigarzneimittel

Die jetzt zugelassenen Augentropfen kommen bei starker, rasch fortschreitender Kurzsichtigkeit zum Einsatz. Sie werden unter dem Namen Ryjunea® in den Handel gebracht und enthalten 0,01 Prozent Atropinsulfat. Die Substanz ist bewährt und wird in einer Konzentration von 0,5 Prozent zum Beispiel zur Pupillenerweiterung für diagnostische Zwecke oder zur Behandlung von Verletzungen und Entzündungen des Auges angewendet.

Wie genau Atropinsulfat als Augentropfen bei Kurzsichtigkeit wirkt, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich beeinflusst die Substanz das Wachstum des Augapfels und stärkt die Aderhaut, die bei Kurzsichtigkeit oft zu dünn ist.

Die neuen Augentropfen sind bei Kurzsichtigkeit zugelassen, die mindestens minus 0,5 bis minus 6 Dioptrien beträgt und sich um mindestens 0,5 Dioptrien pro Jahr verschlechtert. Sie werden bei Kindern zwischen 3 und 14 Jahren einmal abends in beide Augen getropft. So verlangsamt sich die Entwicklung der Kurzsichtigkeit. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Lichtempfindlichkeit, Reizungen oder verschwommenes Sehen.

Kurzsichtigkeit bei Kindern lässt sich mit Medikamenten nicht stoppen

Die Entwicklung der Kurzsichtigkeit bei Kindern kann man auch mit den neuen Augentropfen nicht ganz stoppen. In der Zulassungsstudie verlangsamte sich das Fortschreiten aber deutlich gegenüber Placebo. 847 Kinder zwischen 3 und 14 Jahren mit starker Kurzsichtigkeit nahmen an der vierjährigen Studie teil. Über die ganze Zeit erfolgten zuerst alle drei, später alle sechs Monate Kontrolluntersuchungen, um zu erkennen, ob sich die Entwicklung der Kurzsichtigkeit bei den behandelten Kindern verlangsamte. Stoppen ließ sich der Prozess – wie erwartet – nicht.

Das Ziel der Behandlung mit den Augentropfen ist es, dass bei starker, schnell fortschreitender Kurzsichtigkeit am Ende der Entwicklung möglichst wenig Dioptrien gemessen werden. Starke Kurzsichtigkeit erhöht nämlich nicht nur bei Kindern das Risiko für grünen und grauen Star sowie für Netzhautablösungen. Stoppen ließe sich der Anstieg von Kurzsichtigkeit bei Kindern möglicherweise durch etwas ganz anderes als Medikamente.

Kurzsichtigkeit im weltweiten Verglich

In einigen Ländern Asiens liege der Anteil kurzsichtiger Kinder mittlerweile bei über 90 Prozent, so Professor Dr. Frank Schäffel vom Universitätsklinikum Tübingen. In Europa liegt Kurzsichtigkeit bei etwa 25 bis 30 Prozent der Kinder vor. Um den Anstiegt zu stoppen, brauchen Kinder wieder mehr Seherfahrungen in der Ferne. Denn dass der Augapfel zu sehr in die Länge wächst, liegt daran, dass Kinder heutzutage viel auf kurzen Entfernungen lesen oder konzentriert betrachten.

Smartphones und Tablets sind also schuld daran, dass Kurzsichtigkeit bei Kindern auf dem Vormarsch ist. Um den Trend zu stoppen, sollten Kinder wieder mehr draußen unternehmen, fordert nicht nur Professor Schäffel. Er empfiehlt 80 Minuten pro Tag bei natürlichem Licht für jedes Kind zwischen 8 und 15 Jahren. Augentropfen bei Kurzsichtigkeit spielten eher in Asien eine Rolle, in Europa nicht, so Schäffel.

Quellen:

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/neue-augentropfen-um-kurzsichtigkeit-zu-verlangsamen-157923

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/kurzsichtigkeit-als-wachsende-herausforderung-152766/

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/fragezeichen-hinter-atropin-ausrufezeichen-hinter-sonnenlicht-150246/