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Konsul Juhász bei seiner Rede einem Teil unserer Mitglieder, Zeitzeugen und Interessierten.Die Bedeutung der Erinnerungskultur würdigte Gergely Juhász, Konsul von Ungarn in Bayern, in seiner Rede. © privat

In Geretsried fand eine Gedenkveranstaltung zu 75 Jahre Charta der Heimatvertriebenen statt. Gergely Juhász, Konsul von Ungarn in Bayern, würdigte die Bedeutung der Erinnerungskultur. Am Jakob-Bleyer-Platz wurde ein Kranz niedergelegt

Geretsried – Eine Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag der Charta der deutschen Heimatvertriebenen fand kürzlich am Jakob-Bleyer-Platz statt. Der Literaturwissenschaftler und Politiker hatte sich zeitlebens für die kulturelle Selbstbestimmung der deutschen Minderheit in Ungarn eingesetzt.

Geretsried als „kleines Europa“: Gedenkfeier anlässlich 75 Jahre Charta der Heimatvertriebenen

Über 20 Teilnehmer und drei Zeitzeugen waren laut zur Gedenkveranstaltung gekommen, die durch Marika Schamberger, Vorstandsmitglied der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn in Bayern, eröffnet wurde. Sie hob die historische Bedeutung der Charta als Zeichen von Versöhnung und Neubeginn hervor. Dabei ging sie auch auf die Geschichte ihrer Familie ein. Ihre Großeltern beiderseits flüchteten unter schwierigsten Bedingungen Anfang 1945 mit ihrer damals 14-jährigen Tochter aus Tatabánya über Sauerlach, Endlhausen nach Geretsried.

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Die Stadt wurde maßgeblich von Heimatvertriebenen geprägt

Bürgermeister Michael Müller erinnerte in seiner Rede daran, dass Geretsried als „Vertriebenenstadt“ maßgeblich durch die Heimatvertriebenen geprägt wurde. Ihr Beitrag zum Aufbau der Stadt und zur Entwicklung der gesamten Region sei von unschätzbarem Wert. Geretsried sei ein „kleines Europa“, in dem die Vielfalt der Herkunft und die gemeinsame Aufbauleistung für das Selbstverständnis der Stadt bis heute prägende Elemente sind. Für die Integration, über Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft, brauche man keine Lehrbücher. Man müsse nur auf die Geschichte Geretsrieds blicken, so der Bürgermeister.

Auch Gergely Juhász, Konsul von Ungarn in Bayern, nahm an der Feierstunde teil. Er würdigte in seiner Rede die Bedeutung der Erinnerungskultur und betonte, dass Ungarn mit dem nationalen Gedenktag für die vertriebenen Deutschen ein wichtiges Zeichen gesetzt habe.

Bekenntnis zur Versöhnung

Die Festansprache hielt Paul Hansel, Bezirksvorsitzender des Bunds der Vertriebenen Oberbayern. In seinem Vortrag zeichnete er die historischen Linien der Charta der deutschen Heimatvertriebenen nach und würdigte sie als ein bemerkenswert vorausschauendes Dokument. Sie sei kein Aufruf zur Rückkehr, sondern ein klares Bekenntnis zur Versöhnung und zum friedlichen Miteinander in Europa.

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Für die deutschen Heimatvertriebenen habe die Charta ein moralisches Fundament geschaffen, das in einer Zeit großer Unsicherheit Orientierung bot und extremistischen Tendenzen bewusst entgegenwirkte. Hansel betonte auch, dass bestimmte Themen – etwa die gezielte Förderung der Vertriebenenkultur oder die Lage der in der Heimat verbliebenen Deutschen – zum Zeitpunkt der Charta noch nicht im Mittelpunkt standen. Die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen hätten dafür schlicht noch nicht den Raum gelassen. Umso wichtiger sei es heute, diese Aspekte in der Erinnerungskultur stärker zu verankern und weiterzuführen. Abschließend fanden ein stilles Gedenken mit einer Kranzniederlegung statt.