DruckenTeilen
Fünf Frauen aus Charkiw nehmen an einem Bildungsprojekt in Frankfurt und Umgebung teil, wovon sie auch in der Heimat profitieren sollen / Von Fabian Böker
Seit Montagabend sind Nataliia Penkina, Svitlana Mazko-Yarokh, Tetiana Kazymyrets, Olha Shymko und Tetina Petrius in Frankfurt. Die fünf Ukrainerinnen sind nicht vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen, sondern nehmen an einem Programm des Projekts „Handwerker ohne Grenzen“ teil.
Dabei wird handwerkliches Know-How vermittelt, das die fünf Frauen anschließend zu Hause selbst weitergeben können. Sie alle arbeiten dort aus Ausbilderinnen und Lehrerinnen an einer Berufsschule in Charkiw, Fachbereich Schweißen. Nachdem sie bisher in Online-Kursen Wissenswertes zu Themen wie Schweißverfahren, Anforderungen in der Automobil- und Lüftungsindustrie, Virtual Reality oder berufspädagogische Kompetenzen gelernt haben, folgt nun mit einem zweiwöchigen Aufenthalt in Frankfurt und Umgebung der praktische Abschluss.
Lange Anreise mit dem Zug
Neben Besuchen im Berufsbildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main und an einer Berufsschule, um einen Einblick in die duale Ausbildung zu erhalten, werden die fünf Teilnehmerinnen des Programms vor allem in Handwerksbetrieben mitarbeiten.
Zu diesen zählt zum Beispiel das Schlosserei- und Metallbau-Unternehmen Spohner in der Carl-Zeiss-Straße in Bergen-Enkheim. Seit 1970 gibt es die Firma, Geschäftsführer Patrick Spohner freut sich auf die Zeit. „Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam voneinander lernen werden.“ Ähnlich sieht es John Lohrmann. Er führt einen Stahlhandwerksbetrieb in Offenbach und hat noch nie an einem solchen Projekt teilgenommen. „Wir haben daher auch keine Ziele formuliert“, sagt Lohrmann, der als Obermeister der Metall-Innung Frankfurt/Offenbach auch die vorherigen Online-Schulungen geleitet hat. „Aber wir freuen uns und werden sicher eine gute Zeit haben.“ Die erhoffen sich natürlich auch die fünf Frauen aus der Ukraine. Sie sind mit dem Zug aus Charkiw über Krakau und Linz nach Frankfurt angereist. Sie freuen sich jetzt unter anderem darauf, „mit besserer Technik zu arbeiten als in der Ukraine“, erklärt Svitlana Marko-Yarokh. Oder etwas über duales Arbeiten zu lernen, was es so in der Ukraine noch fast gar nicht gibt.
Auf der Hinfahrt und hier in Frankfurt sind die Blicke aber natürlich auch oft aufs Handy gerichtet. „Wir verfolgen die Nachrichten zur aktuellen Situation in der Ukraine ganz genau“, sagt Nataliia Penkina. Sie hat ebenso wie die anderen vier Familie in der Ukraine, und sie wird laufend informiert, was zu Hause passiert. Ob der Gipfel in Alaska zwischen Donald Trump und Wladimir Putin oder das anschließende Treffen des US-Präsidenten mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj und anderen Staatschefs, darunter Bundeskanzler Friedrich Merz, neue Hoffnung wecken kann, vermag Penkina noch nicht zu sagen. „Aber natürlich hoffen wir alle, dass der Krieg bald aufhört.“
Noch aber herrscht er, und unter diesen Bedingungen liefen bisher auch die Online-Kurse im Rahmen des „Handwerker ohne Grenzen“-Projektes. Tetiana Petrus erzählt, dass sie dabei immer mit ihrem Laptop in ihrer Wohnung saß. „Wenn es einen Bombenalarm gab, bin ich irgendwann gar nicht mehr in den Keller gerannt, sondern einfach sitzen geblieben.“
Nun sind die fünf Frauen, die von der Berufsschule in Charkiw ausgewählt wurden, zumindest vorübergehend fort aus dem Kriegsgebiet. Wenn sie zurückkehren, wollen sie Arbeiten wie das Schweißen anderen Frauen näherbringen. Denn auch in der Ukraine sind solche Jobs bisher männlich dominiert, auch wenn sich das Verhältnis zwangsläufig – da viele Männer im Krieg sind – derzeit ändert.
Ausbildungsmeister Alexander Stein zeigt, was geschweißt wird. © Christoph Boeckheler/christoph boeckheler*