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Die Gamescom 2025 in NRW wird zum Mega-Event mit über 300.000 Besuchern. Branchen-Chef Felix Falk spricht vor dem Gamescom-Start über die Rolle von Videospielen.
Köln – Die Gamescom, die weltweit größte Messe für Computer- und Videospiele, wird ab diesem Mittwoch, 20. August, wieder Millionen Menschen auf dem ganzen Globus fesseln. Vor Ort auf dem Messegelände in Köln werden über 300 000 Besucher erwartet, parallel schalten sich unzählige Menschen weltweit über digitale Formate auf der Gamescom zu. Jens Greinke sprach im Vorfeld mit Felix Falk, dem Geschäftsführer des Game-Verbandes, über die Rolle von Computerspielen in der Gesellschaft und ihren politischen Einfluss.
Hunderttausende Besucher werden ab diesem Mittwoch wieder auf der Gamescom in Köln erwartet. © Oliver Berg/dpa
Welche Erwartungen als Branche haben Sie an die diesjährige Auflage der Gamescom?
Die gamescom 2025 verspricht mit so vielen Highlights wie noch nie ein unvergessliches Erlebnis: von der spektakulären Eröffnungsshow gamescom Opening Night Live über die zahlreichen neuen Spiele-Blockbuster und den bislang größten Bereich für Indie-Spiele bis hin zu spannenden Events wie Konzerten und E-Sport-Turnieren. All das mit der beeindruckenden Vielfalt von erstmals mehr als 1500 Ausstellern aus aller Welt und einer noch weiter gewachsenen Ausstellungsfläche. Damit geht vom weltgrößten Games-Event für den gesamten Games-Markt – in Deutschland wie international – ein starker Impuls aus.
Beim „gamescom congress“ am 21. August geht es um die Rolle von Games in der Gesellschaft. Warum wurde dieser Schwerpunkt gesetzt?
Games sind die perfekte Unterhaltung und das allein wäre schon genug. Sie leisten aber noch so viel mehr. Als interaktives und besonders soziales Medium können Games helfen, Wissen und komplexe Zusammenhänge einfacher zu vermitteln. Deshalb werden sie und ihre Technologien wirkungsvoll in zahlreichen anderen Lebensbereichen eingesetzt – von Bildung und Gesundheitswesen bis hin zu Wirtschaft und Industrie. Der „gamescom congress“ mit seinen Vorträgen renommierter Expertinnen und Experten aus aller Welt widmet sich genau diesen vielfältigen Möglich㈠keiten durch Games in unserer Gesellschaft – in diesem Jahr durch die Programmschwerpunkte „Immersion“, „Verantwortung“ und „Wohlbefinden“ mit Fokus auf drei hochaktuelle Themen.
Wie wichtig können politische Inhalte in Games generell für eine Demokratie sein? Können sie auch im Kampf gegen Falschnachrichten und Extremismus helfen?
Mit Games können Menschen sich interaktiv mit verschiedensten Szenarien beschäftigen, selbst Entscheidungen treffen und deren Auswirkungen erproben sowie spielerisch lernen, Informationen kritisch zu hinterfragen. Das macht Spiele besonders effektiv in der politischen Bildung – ob in der Bekämpfung von Desinformation, in der Aufklärung zu Extremismus oder in der Vermittlung demokratischer Werte. Gerade bei den Jüngeren zeigen klassische Aufklärungskampagnen häufig nur begrenzte Wirkung.
Games erreichen hingegen nicht nur eine riesige Community von Menschen unterschiedlichster Alter und Hintergründe. Durch den hohen Unterhaltungsfaktor macht das Kennenlernen neuer Perspektiven mit Games mehr Spaß und es fällt vielen Menschen leichter, sich mit komplexen Themen zu beschäftigen. Deshalb setzen auch immer mehr gesellschaftliche Institutionen auf Computer- und Videospiele, um Wissen und Medienkompetenz zu stärken. Dazu gehören schon längst beispielsweise die Bundeszentrale für politische Bildung, unterschiedliche Gedenkstätten, der Verfassungsschutz und international etwa die Europäische Kommission und die Vereinten Nationen.
Auch psychische Probleme sollen auf dem Kongress ein Thema sein. Wie können Games hier hilfreich sein?
Häufig entspannt man mit Games ganz nebenbei. Mit den sogenannten „Wholesome Games“ ist sogar ein eigenes Genre besonders beliebt geworden, bei dem Spiele zum Entspannen und Entschleunigen im Mittelpunkt stehen. Weil sie nachgewiesen das Wohlbefinden unterstützen können, werden Computer- und Videospiele immer häufiger auch gezielt in der Therapie eingesetzt. Es gibt Titel, die selbst psychische Erkrankungen thematisieren und dafür sensibilisieren und solche, die speziell für den medizinischen Einsatz entwickelt werden, etwa zur Behandlung von ADHS oder von Schmerzpatientinnen und -patienten.
Wird Ihrer Meinung nach das Potenzial von Games jenseits des spielerischen Aspekts zufriedenstellend ausgeschöpft?
In vielen Bereichen – von Schule und Weiterbildung über Gesundheit bis hin zu Wirtschaft – könnten Games vor allem bei uns in Deutschland eine viel größere Rolle spielen. Dafür brauchen wir zum einen mehr Mut von Seiten der Institutionen, die noch stärker auf die nachgewiesene Wirkung von Games in der Gesellschaft setzen und so auch hierzulande von den Potenzialen profitieren können. Zum anderen braucht es vor allem ein starkes und wettbewerbsfähiges Games-Ökosystem in seiner gesamten Breite, von den großen Entwicklungsstudios bis hin zu den kleineren Indie-Projekten, von den Bildungseinrichtungen und Forschungsinstitutionen bis hin zu E-Sport und Dienstleistern. Je umfassender und nachhaltiger dieses System ist, desto besser können wir die Kraft von Games vollständig nutzen. Das erreichen wir aber nur mit den passenden Rahmenbedingungen auf international hohem Niveau.
Bekämpfung von Desinformation oder Vermittlung demokratischer Werte: Computerspiele können in der Gesellschaft eine große Wirkung entfalten, sagt Felix Falk, der Geschäftsführer des Verbandes Game. © Rolf Vennenbernd/picture alliance/dpa
Wie wichtig ist hier die staatliche Förderung der Games-Branche? Die Bundesregierung möchte in diesem Jahr 88 und im
kommenden Jahr 125 Millionen Euro an Förderung zur Verfügung stellen.
Die Games-Förderung ist zentral für die Games-Unternehmen. Denn um die herausragenden wirtschaftlichen, kulturellen und technologischen Potenziale von Games am Wirtschafts- und Digitalstandort Deutschland auszuschöpfen, braucht es international konkurrenzfähige Standortbedingungen. Der globale Games-Markt ist hoch kompetitiv. Erfolgreiche Games-Standorte wie Frankreich, Großbritannien oder Kanada haben das schon längst erkannt und bieten den Studios dort seit vielen Jahren eine konkurrenzfähige Games-Förderung. In Deutschland war die Einführung der Games-Förderung des Bundes 2020 der erste wichtige Schritt, um den Kostennachteil von 30 Prozent zu anderen Standorten auszugleichen.
Zahlreiche Unternehmensgründungen und neue Arbeitsplätze waren die Folge. Doch die zuletzt unzuverlässigen Bedingungen durch regelmäßig ausgeschöpfte Mittel und mehrere Förderantragsstopps haben dazu geführt, dass diese Gründungswelle wieder nahezu abgeebbt ist. Aktuell ist Deutschland auf dem Weltmarkt kaum konkurrenzfähig. Die Erhöhung der Fördermittel, wie sie im Haushaltsentwurf vorgesehen ist, ist daher ein sehr wichtiger Schritt, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Standort für die Games-Entwicklung wieder zu erhöhen.
Die Höhe der Fördermittel orientiert sich endlich am tatsächlichen Bedarf, womit auch vorerst keine weiteren Förderantragsstopps vorkommen sollten und neue Projekte wieder mit mehr Planungssicherheit realisiert werden können. Mittelfristig braucht es auch hierzulande eine Kombination aus einem Förderfonds für kleinere Projekte und einer zusätzlichen steuerlichen Förderung für größere Spiele-Entwicklungen, die sich auch international als erfolgsentscheidender Standard etabliert hat und anderen Ländern längst einen deutlichen Standortvorteil verschafft.
1500 Aussteller aus 72 Ländern
Die Computerspielemesse Gamescom ist die größte ihrer Art weltweit – 2024 zählte sie 335 000 Besucher und Besucherinnen. Die Messe ist an diesem Mittwoch zunächst dem Fachpublikum vorbehalten. Zudem werden Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zu einem Rundgang über die Messe erwartet. Von Donnerstag bis Sonntag öffnen sich dann die Tore für das breite Publikum. Die Messefläche steigt um 3000 Quadratmeter auf 233 000, es sind 1500 Aussteller aus 72 Ländern angereist.
Mit der Vorstellung der neuen Nintendo-Konsole erlebte die Videospielbranche 2025 bereits ein Highlight: Die Switch 2 verkaufte sich in den ersten Wochen ähnlich gut wie die erste Switch von 2017. Anders als 2024 ist Nintendo in diesem Jahr auch wieder in Köln mit einem Stand vertreten.