Die 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sind am Dienstag zu einem Online-Gipfeltreffen zum Thema Ukraine-Krieg zusammengekommen. Es handelte sich um eine Nachbesprechung des Treffens von US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj vom Montag. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) schlug Wien als möglichen Ort von Verhandlungen mit Russlands Präsident Wladimir Putin vor.

Im Fokus der Gespräche standen nach Angaben des Bundeskanzleramtes vor allem die Ausgestaltung von Sicherheitsgarantien, die Rückkehr von nach Russland verschleppten ukrainischen Kindern sowie die geplanten bi- und trilateralen Gespräche zwischen den USA, der Ukraine und Russland.

Verhandlungsort Wien?

„Unsere Hauptstadt verfügt über eine lange Tradition als Ort des Dialogs und bietet mit den hier ansässigen internationalen Organisationen – allen voran der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Anm.) – ausgezeichnete Rahmenbedingungen“, hieß es in einer Mitteilung des Bundeskanzleramtes (BKA) am Dienstag. Auf Nachfrage der APA bezüglich eines gegen Putin vorliegenden Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) hieß es aus dem BKA weiter: „Die allfällige Frage einer Teilnahme an möglichen Friedensverhandlungen von Personen, gegen die ein Haftbefehl des IStGH besteht, muss im Vorfeld in Konsultationen mit dem Gerichtshof geklärt werden. Sollten die Verhandlungen in Wien stattfinden, werden wir aufgrund unserer Amtssitzabkommen mit internationalen Organisationen in Wien (…) mit dem IStGH in Kontakt treten, um Präsident Putin eine Teilnahme zu ermöglichen.“

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) schrieb im Anschluss an die Videokonferenz, Österreich werde „weiterhin jede Initiative unterstützen, die zu einem gerechten und dauerhaften Frieden führt, der sowohl die Sicherheitsinteressen der Ukraine als auch von Europa schützt“. Die europäischen Staatsspitzen seien „einig, dass das Töten in der Ukraine endlich aufhören muss“.

Treffen „versprochen“? Zurückhaltende Töne aus Moskau

Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach Angaben des Weißen Hauses einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zugestimmt. Sprecherin Karoline Leavitt antwortete in Washington auf wiederholtes Nachhaken von Reportern schließlich auf die Frage, ob Putin ein direktes Treffen in den kommenden Wochen „versprochen“ habe: „Das hat er.“

Zuvor hatte sie Fragen zu dem Thema mehrfach ausweichend beantwortet. So wollte sie sich nicht zu möglichen Orten äußern und betonte zunächst nur, US-Präsident Donald Trump wisse von Putins Bereitschaft für ein Treffen, weil er am Montag selbst mit ihm telefoniert habe. Als Journalisten nachhielten, ob Putin tatsächlich einem bilateralen Treffen zugesagt habe, erklärte Leavitt zunächst: „Ich kann Ihnen versichern, dass die US-Regierung mit Russland und der Ukraine aktuell daran arbeitet, dieses bilaterale Treffen zustande zu bringen.“ Erst auf weitere Nachfrage gab sie schließlich eine klare Antwort.

Aus Moskau kamen bisher allerdings zurückhaltendere Töne. Man sei prinzipiell für jedes Gesprächsformat offen, sagte Außenminister Sergej Lawrow im Staatsfernsehen. „Aber alle Kontakte unter Beteiligung der Staatschefs müssen äußerst sorgfältig vorbereitet werden“, fügte er hinzu. Schon zuvor hatte Russland mit diesem Argument Forderungen Selenskyjs nach einem schnellen Treffen mit Putin zurückgewiesen. Nach Ansicht Moskaus müssen zuerst Delegationen auf unterer Ebene eine Vereinbarung aushandeln.

Costa: Prozess für EU-Mitgliedschaft der Ukraine voranbringen

Die virtuelle Besprechung hatte den Zweck, das Treffen des ukrainischen Staatschefs Wolodymyr Selenskyj mit US-Präsident Donald Trump zum Ukrainekrieg im Weißen Haus nachzubesprechen. Nach dem Treffen von Trump und Kremlchef Wladimir Putin in Alaska kamen die beiden am Montag zusammen, begleitet von europäischen Verbündeten, um über den Einstieg in einen Friedensprozess zu sprechen. Mit in die USA reisten unter anderem der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und NATO-Generalsekretär Mark Rutte.

Costa forderte eine Beteiligung Europas an künftigen Friedensverhandlungen für die Ukraine. Zudem müsse der Prozess für eine EU-Mitgliedschaft des Landes vorankommen, sagte Costa nach dem virtuellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs. Mit Blick auf das Gipfeltreffen am Montag in Washington betont er, die bloße Möglichkeit eines Treffens zwischen Selenskyj und Putin sei ein „enormer Fortschritt“. Zudem kündigt Costa ein weiteres Sanktionspaket der EU gegen Russland an.

Fico: NATO-Beitritt als Bedingung

Deutschland will sich nach Angaben aus Berlin an Sicherheitsgarantien für die Ukraine im Rahmen einer möglichen Friedensregelung mit Russland beteiligen. Deutschland werde sich „selbstverständlich“ für die von der Ukraine gewünschten Sicherheitsgarantien engagieren – über die Art der deutschen Beteiligung werde aber erst entschieden, „wenn über den großen Rahmen Einigkeit herrscht“, verlautete am Dienstag aus Regierungskreisen in Berlin. „Die konkrete Entscheidung, was der deutsche Beitrag sein wird, wird zu einem deutlich späteren Zeitpunkt getroffen.“

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico nannte unterdessen einen Verzicht auf einen NATO-Beitritt der Ukraine als Bedingung für ein Ende des Krieges. Zudem seien Gespräche über territoriale Veränderungen notwendig, sagt Fico nach dem virtuellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs. Ohne dies werde man nicht vorankommen.