Düsseldorf. Ladenbesitzer auf der Düsseldorfer Königsallee wollen mit einem privaten Sicherheitsdienst gegen Bettler vorgehen. Das sorgt für heftige Kritik.

Auf der Düsseldorfer Königsallee spitzt sich der Konflikt zwischen Bettlern und Ladenbesitzern zu. Grund dafür ist die Nachricht, nach welcher die Interessengemeinschaft Königsallee (IG Kö) einen privaten Sicherheitsdienst engagiert hat, um gegen bettelnde Personen vorzugehen. Die in der IG Kö zusammengeschlossenen Ladenbesitzer begründeten diesen Schritt damit, dass die Stadt zu wenig gegen das zuletzt stark angestiegene Betteln tue. Für Empörung sorgt der Vorstoß wiederum bei der Düsseldorfer Obdachlosenhilfe.

Bettler an Königsallee in Düsseldorf: Ladenbesitzer engagieren privaten Sicherheitsdienst

Die Interessengemeinschaft der Kö-Ladenbesitzer steht trotz der jetzt laut gewordenen Kritik zu ihrem Vorgehen. „Wir haben es hier vor Ort mit mehreren Faktoren zu tun“, erläutert Peter Wienen, Vorsitzender der IG Kö, die Sicht der Ladenbetreiber. In den vergangenen Jahren habe sich das Verhältnis zwischen Bettelnden und Ladenbesitzern grundlegend verändert. Nicht nur seien es deutlich mehr Menschen, die auf der Kö nach Almosen bitten würden. „Die Zeiten und das Verhalten ist anders, als der Kö-Peter ruhig am Sevens saß und ab und zu Geld bekommen hat“, erinnert sich Wienen an Düsseldorfs bekanntesten Obdachlosen. Früher, als es noch mehr unternehmergeführte Häuser an der Kö gegeben habe, hätte man auch ein persönlicheres Verhältnis zu den Menschen auf der Straße gehabt.

Heute betriebe, so Wienen, „zumindest in einem Teil der Bettler auf der Kö“ etwas, das er als „organisierte Bettelei“ bezeichnet. „Die Leute werden hier morgens hingefahren und abends wieder eingesammelt“, beschreibt er es. Das sei Fakt. Er bezweifle, dass die Bettelnden ihr Geld auch komplett behalten dürften, aber das sei seine persönliche Einschätzung. In jedem Fall müsse man dieser Situation Einhalt gebieten, auch wenn ihn die persönlichen Schicksale der einzelnen Personen natürlich betroffen machten.

Der Wegfall der lokal geführten Läden an der Kö spielt laut Wienen in eine weitere Entwicklung mit hinein. „Viele der Geschäfte hier werden von internationalen Konzernen betrieben. Diese investieren viel in ihre Läden, bekommen dann aber von ihren Store-Managern erzählt, wie die Situation auf der Straße aussieht.“ Dadurch stiege nochmal der Druck auf die Luxus-Läden an der Kö, die zunehmend in Konkurrenz mit anderen hochklassigen Einkaufsmeilen weltweit ständen.

„Und da kämpft man um die internationale Kundschaft aus Paris, den USA oder Dubai.“ Aus diesem Grund könne sich die Kö keine „schmuddeligen Zustände“ leisten, so der IG-Kö-Vorsitzende, der betont, dass er damit explizit nicht die bettelnden Menschen, sondern die Zustände an sich meint. „Darum muss sich eigentlich die Stadt kümmern und wenn da die Kapazitäten fehlen, haben wir uns als Interessensgemeinschaft gesagt, wir machen das selbst.“

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Stadt Düsseldorf zu Bettlern: Einschätzung des Ordnungsamtes anders als bei Ladenbesitzern

Auf Anfrage bestätigt die Stadt Düsseldorf, dass man in der Vergangenheit wiederholt von der IG Kö auf die Problematik mit Bettlern hingewiesen wurde. Auch die Kritik, dass die Stadt zu wenig tue, sei bekannt. „Diese Einschätzung weicht jedoch von der Bewertung des Ordnungsamtes ab“, so ein Stadtsprecher. Dass die Ladenbesitzer der Kö dies anders empfinden, könnte laut ihm daran liegen, dass der Ordnungs- und Servicedienstes (OSD) lediglich das aggressive Betteln untersage, wie in der Düsseldorfer Straßenordnung festgelegt sei. „Hierunter fällt etwa das gezielte In-den-Weg-Stellen, das Verwenden von Hunden als Druckmittel, das Verfolgen oder Anfassen von Passanten. Stilles Betteln oder die einfache Ansprache von Passanten sind hingegen auch auf der Königsallee rechtlich zulässig.“

Natürlich nehme die Stadt die Situation ernst. So gelte es nicht nur den Gleichheitsgrundsatz und den respektvollen Umgang miteinander, sondern auch die „wirtschaftlichen Interessen von Gastronomie und Einzelhandel zu schützen“. Der OSD sei regelmäßig vor Ort und im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten aktiv. In diesem Zuge obliege es auch einzig dem städtischen Dienst, Bettlern Platzverweise auszustellen.

„Ein von privaten Akteuren beauftragter Sicherheitsdienst hat im öffentlichen Straßenraum keine anderen Rechte als jede andere Bürgerin und jeder andere Bürger.“ Man sei aber auch bestrebt, „Menschen in schwierigen Lebenslagen Hilfe anzubieten und mit Projekten wie ‚Housing First‘ langfristige Lösungen gegen Obdachlosigkeit zu schaffen.“ Die unterschiedliche Betrachtung zwischen Stadt und Interessengemeinschaft bringt der Stadtsprecher so auf den Punkt: „Die IG Kö verfolgt ein bestimmtes Bild auf der Kö, die Landeshauptstadt Düsseldorf das Gesetz.“

Protestaktion auf der Kö angekündigt: Ehemalige Obdachlose fegen Düsseldorfer Einkaufsmeile

Vonseiten der Düsseldorfer Obdachlosenhilfen – insbesondere der Altstadt-Armenküche und des Straßenmagazins FiftyFifty – werden die Pläne der IG Kö heftig kritisiert. Man sei darüber informiert worden, dass sich die „Reichsten der Reichen“ von Menschen gestört fühlten, die auf der Kö um Almosen bitten, heißt es in einer Mitteilung. „Vor allem Superreiche aus Dubai kennen das gar nicht und verspüren unter Umständen ein Kaufhemmnis, wenn sie arme Menschen sehen“, heißt es dort durchaus sarkastisch weiter. „Ein privater Sicherheitsdienst soll jetzt wie in den Fürstentümern des Nahen Ostens die Bettler von der Königsallee vertreiben.“

Dabei betont Oliver Ongaro, Streetworker beim Straßenmagazin FiftyFifty, wie die Stadtvertreter, dass ein privater Sicherheitsdienst keine rechtliche Handhabe im öffentlichen Raum habe. „Hier scheint die IG Kö aber auch schon zurückgerudert zu haben. So wie es aussieht, soll die Security jetzt nur noch dem Ordnungsamt Bescheid sagen.“ Anstatt eines solchen „Hammers“ mit einem privaten Sicherheitsdienst hätte er sich gewünscht, dass man auf die entsprechenden Hilfsorganisationen zugegangen wäre und gemeinsam eine Lösung gesucht hätte, mit der alle leben könnten. Auch jetzt sei man gerne zu Gesprächen bereit, denn aktuell wirke es so, als würden sich die Händler auf der Kö „zu Handlangern von ein paar Superreichen aus dem Ausland machen“.

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Protest an Kö geplant: Interessengemeinschaft zeigt sich gesprächsbereit

Gesprächsbereit zeigt sich beim Gespräch mit dieser Redaktion auch Andrea Greuner, Geschäftsführerin der Interessengemeinschaft Königsallee. „Unser Ziel ist es nicht, Menschen zu verdrängen, sondern die Königsallee so zu gestalten, dass sie im internationalen Vergleich mit den großen Einkaufsstraßen bestehen kann. Davon profitiert letztlich die gesamte Stadt, weil hierüber Einnahmen entstehen, mit denen wiederum soziale Projekte und Hilfsangebote unterstützt werden können“, stellt sie ihre Position nochmal klar.

Gleichzeitig gelte jedoch: „Dort, wo viele Menschen zusammentreffen, darf man gewisse Standards erwarten, die das Miteinander regeln, ohne dabei die Würde des Menschen infrage zu stellen.“ Sollte es eine direkte Anfrage von FiftyFifty und ähnlichen Organisationen geben, sei sie natürlich gesprächsbereit. Das wisse jeder, der sie kenne.

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Bevor es jedoch konstruktve Gespräche gibt, wird zunächst einmal protestiert: So kündigte FiftyFifty am Dienstag (19. August) eine Protestaktion auf der Kö an. Am Donnerstag (21. August) sollen bei dieser ehemalige Obdachlose ab 13 Uhr demonstrativ die Kö fegen. Dazu habe man sich angesichts der von den Ladenbesitzern angeprangerten „untragbaren Zuständen“ entschieden. Hier gebe es dann auch die Möglichkeit, mit den betroffenen Menschen und denen, die es einmal waren, ins Gespräch zu kommen, so Ongaro.