Etwa jedes dritte Kind an einer Grund- oder weiterführenden Schule im Ruhrgebiet und im Märkischen Sauerland erhält gemeinsamen Religionsunterricht mit Kindern anderer Bekenntnisse. Möglich macht das seit sieben Jahren der konfessionell-kooperative Religionsunterricht in NRW. Mit dem Gymnasium Am Stoppenberg in Essen führt diesen konfessionell-kooperativen Religionsunterricht nun auch eine bischöfliche Schule ein.
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Das Gymnasium Am Stoppenberg führt ab dem neuen Schuljahr konfessionell-kooperativen Religionsunterricht ein. Foto: Thomas Rünker | Bistum Essen
Neues Konzept stärkt das gemeinsame Lernen und den Austausch zu Glaubens- und Lebensthemen.
Die Einführung wurde intensiv vorbereitet und wird wissenschaftlich begleitet.
Über 30 Prozent der Schulen im Bistum Essen bieten bereits konfessionell-kooperativen Religionsunterricht an.
Steht „Religion“ auf dem Stundenplan, beginnt in den meisten Schulklassen ein munteres Wechselspiel: Die katholischen Kinder und Jugendlichen werden hier, die evangelischen dort unterrichtet – und zumindest in jüngeren Klassen wechseln auch alle nicht Getauften meist in eine der beiden konfessionell geprägten Schulstunden. Diese Wechselei wird am Bischöflichen Gymnasium Am Stoppenberg in Essen bald ein Ende haben: Nach und nach sollen dort in Zukunft alle Kinder und Jugendlichen der Unter- und Mittelstufe gemeinsamen Religionsunterricht erhalten. „Jede Unterrichtsstunde, die wir in diesem sensiblen Alter in einer gemeinsamen Klassenstunde unterrichten können, ist ein Gewinn“, sagt Schulleiter Rüdiger Göbel. Für die meisten Kinder und Jugendlichen sei es sehr wertvoll, sowohl die bedeutsamen Lebensthemen, die der Religionsunterricht beider Konfessionen vermittele, als auch aktuelle gesellschaftliche Konflikt- und Krisenthemen in der vertrauten Klassengemeinschaft zu diskutieren.
Die Möglichkeit, katholische und evangelische Schülerinnen und Schüler gemeinsam zu unterrichten, bietet seit sieben Jahren der sogenannte „konfessionell-kooperative Religionsunterricht“ (kokoRU). 2017 hatte sich das Bistum Essen gemeinsam mit den Bistümern Aachen, Münster und Paderborn sowie den drei evangelischen Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen und dem Land NRW auf dieses Konzept verständigt, das vor allem eine enge Zusammenarbeit der Religionslehrkräfte in einer Schule vorsieht: Vor dem Start des gemeinsamen Unterrichts müssen sich die katholischen und evangelischen Lehrkräfte gemeinsam mit Blick auf die Lehrpläne und ihre eigenen Profile darauf verständigen, wer künftig in welcher Klasse welche Inhalte wie unterrichtet. Denn „kokoRU“ ist kein ökumenischer Religionsunterricht, sondern ein die Konfessionen verbindendes Angebot, bei dem immer klar ist, welche Konfession die gerade unterrichtende Lehrkraft hat.
Gymnasium Am Stoppenberg ist die erste Bistumsschule mit „kokoRU“
So funktioniert „kokoRU“
Neu ist, dass das Bistum Essen nun auch für die Schülerschaft einer katholischen, bischöflichen Schule gemeinsamen Religionsunterricht einführt – wobei das Gymnasium Am Stoppenberg damit eindeutig im Ruhrgebietstrend liegt: Der jüngsten Auswertung zufolge gibt es im Bistum Essen bereits in mehr als 30 Prozent der Grund- und weiterführenden Schulen (ohne Berufskollegs) konfessionell-kooperativen Religionsunterricht. Dieser Anteil ist so hoch wie in keinem anderen der insgesamt fünf NRW-Bistümer und rund doppelt so hoch wie der landesweite Durchschnitt. „Für uns ist es da nur folgerichtig, dass wir den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht nun auch an einer unserer Bistums-Schulen einführen“, sagt Judith Wolf, die als Leiterin des Ressorts Kulturentwicklung im Leitungsteam des Bistums den Schulbereich verantwortet. Zudem passe dieser gemeinsame Religionsunterricht gut zu den neuen Schulgrundsätzen, die das Bistum mit den Schulen entwickelt hat. So heißt es in diesen Grundsätzen, dass die Bistumsschulen „für einen zeitgemäßen christlichen Glauben stehen“. „An unseren Schulen wollen wir guten Religionsunterricht anbieten“, betont Wolf. „Das bedeutet für uns eine vernunftbasierte Reflexion des Glaubens, die eine wichtige Voraussetzung dafür ist, in der postmodernen Gesellschaft mit Religion umgehen zu können. Der konfessionell-kooperative Religionsunterricht und die intensive Auseinandersetzung mit seinen Inhalten bedeuten für uns einen deutlichen Qualitätsgewinn.“
Lehrkräfte haben sich intensiv vorbereitet
Stoppenberg-Statistik: 85 Prozent Christinnen und Christen
Von den 931 Lernenden am Bischöflichen Gymnasium Am Stoppenberg im vergangenen Schuljahr gehörten rund 85 Prozent einer christlichen Konfession an: 58 Prozent waren katholisch, 22 Prozent evangelisch und 5 Prozent orthodox. Zudem gab es jeweils rund 7 Prozent muslimische und alevitische Lernende sowie 7 Prozent ohne religiöses Bekenntnis.
Wolf betont, dass der konfessionell-kooperative Religionsunterricht alles andere als ein Sparkonzept sei, bei dem man vermeintlich weniger Lehrkräfte benötigt. Religionslehrkräfte – egal welcher Konfession – gebe es ohnehin viel zu wenig. „Wir kapitulieren jedoch weder vor diesem Lehrkräfte-Mangel noch vor den sinkenden Zahlen getaufter Kinder, sondern nutzen die Möglichkeiten des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts, ein pädagogisch hochwertiges, auf die individuelle Situation jeder Schule angepasstes Konzept für den Religionsunterricht zu entwickeln, von dem vor allem die Schülerinnen und Schüler profitieren“, hebt Wolf hervor. Es gehe beim konfessionell-kooperativen Religionsunterricht gerade nicht darum, konfessionelle Unterschiede zu verwischen, sondern sie da, wo sie heute tatsächlich noch bestehen, auch zu benennen. „Unsere Lehrkräfte haben sich in unseren Fortbildungen intensiv mit ihrem eigenen Glauben und ihren konfessionellen Prägungen beschäftigt und durch eine gemeinsame didaktische Jahresplanung intensiv um die Inhalte des Religionsunterrichts gerungen“, berichtet Katharina Olgun, Leiterin der Abteilung für Religionsunterricht und Schulkultur im Bistum Essen, von den fünf ganztägigen Arbeitstreffen, bei denen die Religionslehrkräfte des Gymnasiums Am Stoppenberg das „kokoRU“-Konzept für ihre Schule entwickelt haben.
Konzept am Stoppenberg wird wissenschaftlich eng begleitet
Dieses Konzept wird schrittweise auf die gesamte Unter- und Mittelstufe des Gymnasiums ausgeweitet. Parallel lässt das Bistum Essen die Einführung durch ein Team der Universität Münster wissenschaftlich begleiten. „Wir wollen untersuchen, welche Faktoren dafür wichtig sind, damit der konfessionell-kooperative Religionsunterricht an einer bischöflichen Schule gut gelingt“, sagt Olgun. Davon sollen langfristig alle Schulen profitieren – womöglich auch weitere Schulen in katholischer Trägerschaft. „Das Gymnasium Am Stoppenberg ist hier sicher ein Vorreiter, muss aber kein Einzelfall bleiben“, sagt Judith Wolf.
Ansprechpartnerin
Leitung Abteilung Religionsunterricht und Schulkultur
Katharina Olgun
Zwölfling 16
45127 Essen