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Die Zukunft eines Wiesbadener Prachtbaus sorgt für Kontroversen in der Stadtpolitik.

In wenigen Wochen steht eine zentrale Entscheidung für die städtebauliche Entwicklung Wiesbadens an: Soll das Palasthotel, eines der bekanntesten Gebäude der Stadt, das sich gegenüber der hessischen Staatskanzlei befindet, verkauft und möglicherweise wieder zum Luxushotel umgebaut werden, oder bleibt es in städtischer Hand und wird für Wohnraum saniert? Seit Jahren wird über die Zukunft des denkmalgeschützten Hauses am Kranzplatz gestritten. Nun spitzt sich die Lage zu: Innerhalb der Kooperation aus Grünen, SPD, Linken und Volt gibt es unterschiedliche Standpunkte. Dass nun 13 Flüchtlingsfamilien in dem Gebäude untergebracht wurden, haben einschlägige Medien und Plattformen genutzt, um Ressentiments zu schüren.

Zwischen 1903 und 1906 erbaut, galt das neobarocke Palasthotel mit seiner markanten Fassade einst als eine der vornehmsten Adressen der Kurstadt. Direkt am Kochbrunnen, im Herzen Wiesbadens gelegen, logierte hier die feine Gesellschaft. Dann brachen die Zeitläufe über das Haus herein: Erst diente es als Lazarett im Krieg, dann als Quartier der Amerikaner, als Verwaltungsbau; es folgte der Umbau 1976/77 – und ein Experiment: Aus dem Grandhotel wurden 85 Sozialwohnungen, „die schönsten Deutschlands“, schwärmte man damals.

Doch der Glanz verblasste. Jahrzehntelang fehlte das Geld für Sanierungen. Heizungen veralteten, Wasserleitungen rosteten, der Brandschutz war nicht mehr zeitgemäß. Ende 2023 lief die Sozialbindung für die Wohnungen aus. Seitdem ist klar: Das Haus, dessen Eigentümerin die Wiesbadener Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft GeWeGe ist, eine Schwestergesellschaft der GWW, die zu einhundert Prozent der Stadt gehört, muss grundlegend saniert werden. Das wird Millionen kosten. Schätzungsweise 37 bis 41.

Geflüchtete untergebracht

Nun haben sich zwei Lager gebildet: Das, zu dem SPD und Linke gehören, möchte die Immobilie in städtischer Hand belassen, sanieren und darin eventuell Business- und Seniorenwohnungen unterbringen. Das andere Lager befindet, eine Sanierung in dieser Größenordnung könne die Stadt nicht stemmen. Ein Verkauf an einen Investor, der aus dem Gebäudeensemble möglicherweise wieder ein Hotel macht, sei der wirtschaftlich nachhaltigste Weg für die Stadt. Die Grünen und Volt können sich einen Verkauf unter Auflagen vorstellen.  

Weil die Komplettsanierung erhebliche Auswirkungen auf den städtischen Haushalt hätte, werde derzeit eine Sitzungsvorlage für die Stadtverordnetenversammlung vorbereitet, teilt die Stadt mit.

Die CDU kritisiert vor allem die SPD scharf: „Es ist absurd, dass die SPD eine Immobilie dieser Größenordnung im städtischen Besitz halten will, obwohl die Stadt weder das Geld noch ein tragfähiges Konzept hat, um sie sinnvoll zu entwickeln“, sagt Fraktionsvorsitzende Daniela Georgi. Wer so handele, betreibe keine Sozialpolitik, sondern leide unter Realitätsverlust. „Mit diesem Geld könnten Hunderte dringend benötigter Wohnungen für Menschen mit kleinem Einkommen entstehen.“

Scharfe Kritik an der SPD

Zuletzt hat die Stadt über ihre Stadtentwicklungsgesellschaft SEG mehrere strategisch wichtige Immobilien erworben – darunter das sogenannte „rote Hochhaus“ im Schelmengraben oder das leerstehende Gebäude der ehemaligen Sportarena in der Langgasse. Nach der Insolvenz der Signa Holding stand die Immobilie leer.

Zurück zum Palasthotel: Für neue Brisanz aktuell sorgt die Zwischennutzung. 13 Flüchtlingsfamilien sind inzwischen dort eingezogen – in ein Haus, das die Mieterinnen und Mieter zuvor verlassen sollten, unter anderem wegen der Mängel beim Brandschutz. Nur noch sieben Mietparteien wohnen im einstigen Hotel. Für rechtspopulistische Plattformen sind die Entwicklungen in Wiesbaden inzwischen eine Steilvorlage. Das widersprüchliche und planlose Handeln beschädige das Vertrauen in die Politik, schimpft die CDU.

Das denkmalgeschützte Gebäudeensemble des Palasthotels, aufgenommen von der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Fassade des neobarocken Hauses ist markant.Im Luxushotel entstanden in den 1970er Jahren Sozialwohnungen. © Michael Schick