Kiel. Nachdem in Neumünster ein Schäferhund einen Dackel und einen Chihuahua tot gebissen hatte, wird in der schleswig-holsteinischen Landespolitik ein für alle Hundehalter verpflichtender Hundeführerschein diskutiert. Vertreter von SPD, Grünen, SSW und FDP wären dafür, eine solche Pflicht einzuführen. Auch aus dem Tierschutz kamen ähnliche Forderungen.
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Wir haben Hundebesitzer im Kieler Schrevenpark gefragt, was sie von dem politischen Vorstoß halten. Paula Sonnenberg ist 62 Jahre alt und seit 40 Jahren Hundebesitzerin. Einen Führerschein für ihren Hund Socke hat sie nicht, so etwas habe es damals noch nicht gegeben. Sie hält einen verpflichtenden Hundeführerschein aber durchaus für sinnvoll: „Die Hundebesitzer sind häufig unsicher und unvorbereitet, haben sich vor der Anschaffung keine Gedanken darüber gemacht, welcher Hund eigentlich zu ihnen passt.“ Dabei sei die Verbindung zwischen Mensch und Tier zentral – auch, um Attacken wie in Neumünster zu verhindern.
Das halten Hundebesitzer in Kiel von einer Pflicht zum Hundeführerschein
Einerseits sei der bürokratische Aufwand, um sich einen Hund anzuschaffen, ohnehin ziemlich hoch, andererseits habe sie auch Angst um ihren Chihuahua Amari, wenn sie Geschichten wie die aus Neumünster höre, sagt die 28-jährige Jacky Jürgensen. Der Hund einer Bekannten sei im Südfriedhof von einem Schäferhund im Nacken gepackt worden. Er habe viel Blut verloren und nur knapp überlebt.
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Vor dem Hintergrund, dass es auch um die Sicherheit anderer Hunde gehe, spricht Jürgensen sich für einen verpflichtenden Hundeführerschein aus.
Der 58-jährige Jan Möller möchte sich noch keine Meinung bilden, solange er nicht wisse, wer einen verpflichtenden Hundeführerschein abnehmen dürfte, wie teuer dieser wäre und wie das Ganze kontrolliert werden würde.
„Momentan arbeiten wir immer erst dann mit den Hunden, wenn etwas passiert ist,“ kritisiert Tierärztin Dr. Stephanie Jette Uhde, die in Strande praktiziert.
Tierärztin und Hundetrainerin: Ist ein verpflichtender Hundeführerschein in SH sinnvoll?
Eine flächendeckende Einführung eines Sachkundenachweises, der zumindest den Theorieteil des Hundeführerscheins umfasst, ist laut Uhde wünschenswert, denn: „Wissen ist Prophylaxe.“ Ein Hundeführerschein würde in jedem Fall eine Gelegenheit für fachliche Unterstützung bei der Hundehaltung bieten, sagt sie.
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Auch Heike Rehm von der Kieler Hundeschule befürwortet grundsätzlich eine Art Hundeführerschein. „Es ist schon erschreckend, wie wenig Wissen einige Hundehalter über das Verhalten und die Entwicklung von Hunden haben, ebenso über die Verhaltensregeln im Miteinander“, sagt die Leiterin der Hundeschule.
Es ist schon erschreckend, wie wenig Wissen einige Hundehalter über das Verhalten und die Entwicklung von Hunden haben.
Heike Rehm
Kieler Hundeschule
In Niedersachsen ist der Hundeführerschein, der eine theoretische und eine praktische Prüfung umfasst, bereits verpflichtend. In Nordrhein-Westfalen müssen Hundehalter einen Sachkundenachweis vorlegen, wenn ihr Tier größer als 40 Zentimeter ist oder mehr als 20 Kilo wiegt. Diesen Nachweis kann man mit einem Theorietest erlangen.
In Schleswig-Holstein gibt es zwar die Verpflichtung, dass sogenannte gefährliche Hunde nur gehalten werden dürfen, wenn ihre Besitzer einen Sachkundenachweis vorweisen können. Was unter „gefährlich“ zu verstehen ist, sei in dem Kontext aber nicht definiert, kritisiert Dr. Pasquale Piturru. Einen Hundeführerschein hält der Fachtierarzt für Verhaltenskunde grundsätzlich für sinnvoll.
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Obwohl viele Experten und viele Tierbesitzer einen Hundeführerschein befürworten, hat sich eine verpflichtende Vorgabe landespolitisch bis jetzt nicht durchgesetzt.
KN