Inhalt / Kritik

Sophie Vasseur (Suzanne Jouannet) weiß sehr genau, was sie später einmal mit ihrem Leben anfangen wird: Agrarwissenschaft studieren. Schließlich ist sie auf dem Bauernhof ihrer Eltern aufgewachsen und will diese Arbeit später fortsetzen. Doch ihr Mathematiklehrer hat einen anderen Vorschlag. Ihr Talent für Zahlen und Berechnungen, welches sie immer wieder daheim unter Beweis stellt, ist so groß, dass sie es doch an einer Elitehochschule versuchen soll. Tatsächlich schafft sie es in eine mathematisch-naturwissenschaftliche Vorbereitungsklasse, wo sie zwei Jahre lang richtig pauken darf. Die Herausforderungen für die Jugendliche sind dabei sehr hoch. Nicht nur, dass das Niveau und das Arbeitspensum groß sind. Als Mädchen vom Land passt sie zudem nicht in die Gruppe von Schülern und Schülerinnen aus reichem Haus. Zum Glück ist da aber auch Diane Le Goff (Marie Colomb), die ihr zur Seite steht …

Wohin des Wegs?

Die Jugendjahre sind die vermutlich wichtigsten im ganzen Leben. Nicht nur, dass dies der Abschnitt ist, in dem man zum ersten Mal wirklich darüber nachdenkt, wer man ist und sein möchte. Es wird zudem nach der Schule der Grundstein für den weiteren Lebensweg gelegt. Ausbildung oder Studium? Vielleicht doch erst einmal ins Ausland oder etwas Soziales machen? Die Möglichkeiten erscheinen endlos. Der Königsweg erzählt dann auch von einer Jugendlichen, die vor dieser schwierigen Entscheidung steht, als es darum geht, was sie nach dem Studium machen soll. Dabei zeigt der Film auf, dass die Zukunft, so offen sie einem auch erscheinen mag, doch maßgeblich von der Vergangenheit geprägt ist. Wir sind am Ende dann doch nicht so frei, wie wir das gern glauben würden.

Das betrifft zum einen das, was wir von zu Hause mitbekommen. So ist Sophie nun einmal in einer landwirtschaftlichen Familie aufgewachsen, der sie sich dann auch verpflichtet fühlt. Die Orientierung an dem, was wir kennen, ist nun einmal natürlich. Wichtiger noch sind Regisseur und Co-Autor Frédéric Mermoud (Die Jägerin) aber die Erwartungen, die andere Menschen an uns haben. Die Protagonistin kommt vom Land, von einem Bauernhof, und stellt damit einen starken Kontrast zu den anderen Jugendlichen in ihrer Klasse dar. Sie alle eint zwar ein Talent für das Mathematische. Und doch sind sie in Der Königsweg eben nicht gleich, was Sophie auch zu spüren bekommt. Selbst wenn es nicht immer offen angesprochen wird, da ist schon ein Graben zwischen ihr und den anderen. So manche blicken auf die junge Frau herab, die dort offenkundig nicht reinpasst.

Harter Konkurrenzkampf

Der Königsweg verfolgt dann auch mehrere Ziele auf einmal. Auf der einen Seite handelt es sich um das Porträt einer Jugendlichen, die nach ihrem Weg sucht. Das Drama setzt sich aber auch mit grundsätzlichen gesellschaftlichen Themen auseinander, wenn hier das französische Schulsystem seziert wird. Mermoud räumt mit dem Mythos auf, der gern auch hierzulande immer wieder verbreitet wird, wonach alle dieselben Chancen im Bildungssystem haben. Dabei konzentriert sich der Film auf die Unterschiede im sozialen Status. Das hierzulande immer mal wieder angesprochene Thema, dass Menschen mit Migrationshintergrund systematisch benachteiligt sind, spielt hier keine Rolle. Die Probleme innerhalb der ums Überleben kämpfenden Landwirtschaft – siehe etwa Das Land meines Vaters – werden ebenfalls ausgeblendet. Das zumindest einfließen zu lassen, wäre naheliegend gewesen. Ein Manko ist das Fehlen aber nicht.

Zu erzählen gibt es schließlich auch so genug in dem Film, der auf dem Locarno Film Festival 2023 Premiere hatte. Spannend ist beispielsweise der enorme Druck und der Konkurrenzkampf, der in dieser Elite-Gesellschaft herrscht. Wie viel nehme ich auf mich, um es zu schaffen? Das erinnert ein wenig an ein weiteres französisches Drama: In Das erste Jahr ging es um zwei junge Männer, die Medizin studieren wollen und deren Freundschaft an der Konkurrenzsituation zu zerbrechen droht. In Der Königsweg ist irgendwann von Darwins Theorie der Auslese die Rede: Nur die Besten werden weiterkommen. Der Film urteilt darüber aber nicht, überlässt es dem Publikum, eigene Schlüsse aus all dem zu ziehen. Notwendiges Übel oder menschenverachtender Snobismus? Das bleibt ein eben solches Rätsel wie die diversen Gleichungen da vorne an der Tafel.

Credits

OT: „La Voie royale“
IT: „The Path of Excellence“
Land: Frankreich, Schweiz
Jahr: 2023
Regie: Frédéric Mermoud
Drehbuch: Frédéric Mermoud, Anton Likiernik, Salvatore Lista
Musik: Audrey Ismaël
Kamera: Tristan Tortuyaux
Besetzung: Suzanne Jouannet, Marie Colomb, Maud Wyler, Lorenzo Lefebvre, Cyril Metzger, Alexandre Desrousseaux, Antoine Chappey, Vincent Winterhalter, Marilyne Canto

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