Leipzig. Europäische Nächte sind für RB Leipzig mindestens eine Saison lang tabu. Nach einer unzufriedenen Spielzeit samt Entlassung von Trainer Marco Rose gestaltete sich die Suche nach einem neuen Chefcoach als langwierig. Bei Wunschkandidat Cesc Fàbregas lehnte Arbeitgeber Como ab – kein Einzelfall.
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Doch dann öffnete sich ein Fenster: Ole Werner wollte bei Werder Bremen nicht verlängern, also setzte der Verein den 37-Jährigen vor die Tür. Die Sachsen erkannten ihre Chance und zack: Der neue RB-Coach stand fest. Doch bei einigen Experten und vor allem in der Fan-Szene wirkte die Besetzung wie ein Titel auf der B-Seite einer Kassette. Zwar ist Werner im Trainer-Kosmos ein mittlerweile bekannter Name, doch selten wurden größere Vereine mit ihm in Verbindung gebracht. Ist das in Preetz geborene Nordlicht nur im Schatten großer Fußballlehrer zu finden oder spielt er sich mit RB Leipzig in die Charts? Wir analysieren im Leipziger Statistik-Allerlei die Daten.
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Die vorherigen Stationen: Bremen und Kiel
Klar ist: Jeder Trainer eine faire Chance verdient hat – vor allem in der heutigen, schnelllebigen Zeit. Klar ist auch: Ole Werner hat bei seinen bisherigen Stationen abgeliefert. In der Saison 2019/20 übernahm er die Kieler Störche und führte den Club in der folgenden Spielzeit auf Platz drei, scheiterte in der Relegation aber am 1. FC Köln. Doch das Augenmerk muss auf der Entwicklung liegen. Holte der Coach in der ersten Saison mit der Mannschaft aus Schleswig-Holstein 1,36 PPS (Punkte pro Spiel) waren es im darauffolgenden Jahr gleich 1,82 PPS. Zudem stabilisierte Werner die Defensive – die Störche stellten mit nur 35 Gegentoren die beste Abwehr der Liga.
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Ein ähnliches Bild zeigt sich auch mit Werder Bremen. Der 37-Jährige führte in seiner ersten Saison die Weser-Truppe zurück in die Bundesliga – Punkteschnitt 2,26. Dann folgten drei Jahre deutsches Fußball-Oberhaus verbunden mit einer stetigen Steigerung. Die Platzierungen (13., 9., 8.) wurden von Spielzeit zu Spielzeit besser sowie auch die PPS (1,06; 1,24; 1,5) und die damit verbundene Punkteausbeute (36, 42, 51).
Der Vorgänger: Marco Rose
Bevor Zsolt Löw interimsmäßig bei RB übernahm, leitete der Marco Rose die Mannschaft. Im Vergleich zu Werner sahen viele Fans in ihm fast schon einen Messias. Ein Leipziger trainiert eine Leipziger Mannschaft, was will man mehr? Alle Beteiligten, die Fans und die Menschen, die es irgendwie mit den Roten Bullen halten, hofften inständig, dass diese Geschichte gut ausgehen und lange andauern würde. Anfangs schien es so, als würde das Fußball-Märchen wahr werden. Gleich in der ersten Saison landete man auf Platz drei der Bundesliga und holte zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte den DFB-Pokal.
Der Neue und der Alte: Die beiden Trainer Ole Werner (li.) und Marco Rose im Gespräch.
Quelle: IMAGO/nordphoto GmbH / Kokenge
Doch ist der Verein aus der sächsischen Metropole keine Mannschaft aus einem Disney-Film. Holte man in der Spielzeit 2022/23 im Schnitt 2,1 PPS, waren es im Folgejahr 1,91, gleichbedeutend mit Platz vier in der Liga. In der für Rose verhängnisvollen dritten Saison lag der Punkteschnitt nur noch bei 1,58. Nach der 0:1-Niederlage bei Borussia Mönchengladbach war deshalb Schluss für den 48-Jährigen. Während der Trend bei den von Ole Werner trainierten Teams immer nach oben zeigte, war das Bild von Rose in Leipzig das gegenteilige.
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Eine Frage des Systems?
Mit Werder Bremen hat Werner in der abgelaufenen Saison zum Großteil mit Dreierkette gespielt, mal im 3-5-2, mal im 3-4-2-1. Letztendlich resultierten aus diesen Formationen 14 Siege, acht Remis und zehn Niederlagen. Ein guter Schnitt, wenn man die Voraussetzungen des Vereins in Kombination mit den Erwartungen betrachtet. Rose versuchte sich öfter an ähnlichen Grundordnungen – nur weniger erfolgreich. Das Resultat: sechs Siege, sechs Unentschieden und sechs Niederlagen. Für die Ambitionen von RB Leipzig zu wenig.
Bei den Roten Bullen kam auch die Viererkette zum Einsatz. Mit sieben Siegen, sechs Remis und drei Niederlagen war diese Variante erfolgreicher. Auch wenn Verletzungen und andere Widrigkeiten immer mitberücksichtigt werden und dadurch quasi gezwungenermaßen Systemanpassungen vorgenommen werden müssen, kann und darf es dennoch für einen Verein wie RB keine Ausrede sein. Sollte einem Trainer die Zeit gegeben werden, sein System an die Mannschaft bringen zu dürfen? Unbedingt. Wurde trotzdem zu lange an der Dreierkette festgehalten? Vermutlich.
Dass Ole Werner auch flexibel in Sachen Formation sein kann und diese auch jeweils an das Team anpasst, hat der Coach in Kiel bewiesen, spielte erfolgreich in einem 4-1-4-1. In der Vorbereitung und im DFB-Pokal ließ der Coach im 4-3-3 mit klaren Flügeln, zwei offensiven Achtern und einem defensiven Sechser spielen.
Fazit und Ausblick
Richtet man den Blick nochmals auf die Bundesliga-Saison 2024/25, fällt auf, dass Bremen und Leipzig in vielen Werten nah beieinander lagen. Der SV Werder erzielte 1,6 Tore pro Spiel, RB auch. Ähnlich verhält es sich bei den Gegentoren pro Spiel: SVW 1,7, RBL 1,4. Weiteres Beispiel? Genauigkeit der Pässe. Bremen stand am Ende der Spielzeit bei 81,8 Prozent und Leipzig bei 82,9 Prozent. Oder der durchschnittliche Ballbesitz. 49,9 Prozent bei der Mannschaft aus dem Norden, 52,3 Prozent bei den Sachsen.
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Ein klares Indiz pro Werner, wenn nüchtern betrachtet wird, wie unterschiedlich die Voraussetzungen beider Vereine und Kader waren. Nimmt man nun den Werdegang von Ole Werner, welcher bisher seine Teams stets verbessert hat und addiert die Gegebenheiten bei RB Leipzig und die neuen Transfers dazu, steht der Verein vor einer aufregenden und richtungsweisenden Saison, die jedoch mit Vorsicht zu genießen ist. Denn: Der neue RB-Trainer ist kein Wunderwirker und Marco Rose kein Ahnungsloser. Doch vielleicht ist ein Blick auf die B-Seite manchmal lohnender, als man denkt.
LVZ