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Die USA und Europa beraten über einen Schutz für Kiew, Moskau erklärt sich zu Garantien bereit. Aber nur, wenn auch Russland und China beteiligt sind.
Moskau – Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat erklärt, dass Moskau grundsätzlich bereit sei, Sicherheitsgarantien für die Ukraine mitzutragen – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Diese müssten „auf gleicher Basis“ durch mehrere Vetomächte des UN-Sicherheitsrates gestellt werden: Die USA, China, Großbritannien und Frankreich.
Lawrow: Sicherheitsgarantien für Ukraine nur mit USA, China – und Russland
Russland selbst müsse ebenfalls Teil eines solchen Arrangements sein. „Darüber hinaus ist die Erörterung irgendeiner Frage ohne Moskaus Beteiligung unangebracht“, betonte Lawrow gegenüber der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Ohne Russland seien Sicherheitslösungen für die Ukraine „ein Weg ins Nichts“.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem jordanischen Außenminister Ayman Safadi unterstrich Lawrow, dass Moskau jede Lösung im Ukraine-Krieg ablehne, die Russland ausklammere. „Wir können nicht zustimmen, dass Fragen kollektiver Sicherheit ohne Russland entschieden werden. Das wird nicht funktionieren. Unsere legitimen Interessen werden wir fest und hart verteidigen“, erklärte er.
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Lawrow erinnerte daran, dass schon bei den Friedensgesprächen in Istanbul im April 2022 die ukrainische Delegation vorgeschlagen hatte, die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates als Garantiemächte einzusetzen. Russland habe diesen Ansatz damals unterstützt. „Wir waren mit diesem Vorschlag einverstanden“, sagte Lawrow. Gleichzeitig warf er der EU vor, mit „unethischen Versuchen“ die Haltung der USA beeinflussen zu wollen, schreibt TASS, eine weitere russische Nachrichtenagentur.
Sicherheitsgarantien für die Ukraine: Debatte im Westen über „Artikel-5-ähnliche“ Zusagen
Während Moskau auf Mitspracherecht pocht, diskutieren die westlichen Partner über konkrete Sicherheitszusagen. Im Weißen Haus hatten US-Präsident Donald Trump, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und mehrere europäische Staats- und Regierungschefs am Montag (18. August) über „Artikel-5-ähnliche“ Garantien beraten, die sich am Nato-Bündnis orientieren, jedoch außerhalb des Bündnisses greifen sollen.
Trump stellte klar, dass die USA zwar beteiligt sein würden, aber keine Bodentruppen entsenden. „Die europäischen Nationen werden die erste Verteidigungslinie sein“, sagte er gemäß der New York Times. Luftunterstützung sei hingegen denkbar. Auch seine Sprecherin Karoline Leavitt betonte: „US-Soldaten werden nicht in der Ukraine stationiert, aber wir können in der Koordination helfen und möglicherweise andere Mittel der Sicherheitsgarantien bereitstellen.“
Russlands Chefdiplomat Sergej Lawrow betont, dass Moskau Teil internationaler Sicherheitsgarantien für die Ukraine sein müsse. © IMAGO / SNAUkraine-Krieg: Europäische Überlegung und Abwägungen beim Thema Abschreckung
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer signalisierten, Europa sei bereit, sogenannte „Reassurance Forces“, im Sinne multinationaler Abschreckungseinheiten, in der Ukraine einzusetzen, um ein Friedensabkommen abzusichern, schreibt Politico. Doch Experten äußern Zweifel an der Realisierbarkeit. Allein zur Sicherung der über 1.000 Kilometer langen Frontlinie wären mindestens 100.000 Soldaten nötig, bei Rotation sogar rund 300.000. „Selbst wenn man alle Armeen Europas zusammenzählt, reicht das nicht aus“, warnte der britische Analyst Sean Bell gegenüber Sky News.
Deutschland zeigte sich vorsichtiger. Kanzler Friedrich Merz verwies auf die Notwendigkeit eines Bundestagsmandats und ließ offen, ob die Bundeswehr Teil einer künftigen Friedensmission sein könnte. Polen wiederum schloss die Entsendung eigener Truppen kategorisch aus, da diese für den Schutz an der Grenze zu Russland und Belarus benötigt würden.
Wer bietet welche Sicherheitsgarantien für die Ukraine?
Quellen: RIA, Sky News, Politico, DW, New York Times.
Moskau will Vetorecht über Garantien für Kiew
Beobachter verweisen darauf, dass Russland mit seiner Forderung nach Einbindung faktisch ein Vetorecht über mögliche Sicherheitsgarantien beansprucht. „Russland interpretiert Sicherheitsgarantien nicht als einseitige westliche Zusagen, sondern als multilaterales System, in dem Moskau selbst eine zentrale Rolle spielt“, analysiert Alexander Chekov vom Moskauer Staatlichen Institut für internationale Beziehungen gemäß der Newsweek.
Viele Experten warnen jedoch: Sollte Russland Teil des Garantiemechanismus werden, könnte es im Ernstfall die Auslösung von Schutzmaßnahmen blockieren. Damit wäre das gesamte Konstrukt geschwächt.
Sicherheitsgarantien für die Ukraine: Historische Erfahrungen prägen Skepsis
Die Ukraine erinnert sich an gebrochene Zusagen. Das Budapester Memorandum von 1994, in dem die USA, Großbritannien und Russland die Souveränität Kiews garantierten, wurde mit der Annexion der Krim 2014 von Moskau verletzt. Auch die Minsker Vereinbarungen von 2014/15 konnten keine dauerhafte Sicherheit schaffen.
Angesichts dieser Erfahrungen fordert Präsident Selenskyj belastbare Mechanismen. „Wir brauchen Sicherheit, die in der Praxis funktioniert“, sagte er jüngst, schreibt die New York Times. Doch Macron stellte nach dem Treffen im Weißen Haus mit Blick auf den Ukraine-Krieg klar: „Sicherheitsgarantien kommen erst mit einem Friedensabkommen. Und ich glaube nicht, dass Präsident Putin derzeit Frieden will.“ (chnnn)