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Bei Querdenken-Gegenprotest

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Verwaltungsgericht: Ablehnung von „Leipzig nimmt Platz“ Spontandemo war rechtswidrig

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Aus einem Rechtsstreit zur Versammlungsfreiheit zwischen der Stadt und dem Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ist letzteres als Gewinner hervorgegangen. Die Stadt erkannte ihre Rechtsverletzung an.

Leipzig. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hat in einem Verfahren gegen die Stadt und deren Versammlungsbehörde am Verwaltungsgericht Leipzig recht bekommen. Die Behörde hatte es im Oktober 2022 während eines Gegenprotests zu einem Aufmarsch der Querdenken-Szene nicht gestattet, eine spontane Sitzversammlung als Demonstration anzumelden, wie es vonseiten des Aktionsnetzwerkes heißt.

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Die Versammlungsbehörde habe das Geschehen 2022 pauschal und ohne inhaltliche Prüfung als strategische Blockade eingestuft. Behörden müssen eine versammlungsfreundliche Auslegung vornehmen und zunächst von einer zulässigen Spontanversammlung ausgehen, verlangt das Gesetz. Noch bevor das Verwaltungsgericht den Vorfall allerdings näher untersuchen konnte, räumte die Stadt überraschenderweise ihr Fehlverhalten ein.

Gerichtssprecher: „Seit 30 Jahren nicht erlebt“

Eine sogenannte Anerkenntnis sei in solchen Fällen sehr selten, erklärte Dirk Tolkmitt, Sprecher des Verwaltungsgerichts, auf Anfrage. „Die Stadt hat die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Versammlungsbehörde direkt anerkannt. So etwas habe ich in den letzten dreißig Jahren ich nicht erlebt.“ Konsequenzen für die Stadt ergeben sich aus dem Anerkenntnisurteil des Gerichts allerdings nicht. „Man wird sich intern aber bestimmt noch einmal damit befassen und das Geschehene aufarbeiten.“ Die Stadt äußerte sich bisher nicht zu dazu.

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Der Erfolg sei ein klares Signal, erklärt Marcus Röder, Kläger für das Aktionsnetzwerk: „Grundrechte dürfen nicht aus Bequemlichkeit oder politischem Kalkül eingeschränkt werden. Spontanversammlungen sind ein wichtiger Bestandteil demokratischer Protestkultur.“

Netzwerk: „Notwendig, um Grundrechte zu schützen“

Aktuell klagt das Netzwerk noch in anderen Verfahren. Wegen der örtlichen Beschränkung einer Demonstration im November 2022 war „Leipzig nimmt Platz“ bereits vor das Verwaltungsgericht gezogen. Mittlerweile befasst sich das Oberverwaltungsgericht in zweiter Instanz mit dem Fall. Eine weitere Klage wurde abgewiesen, bisher sei das Netzwerk noch nicht in Berufung gegangen, so Tolkmitt.

„Die Verfahren zeigen: Rechtliche Auseinandersetzungen mit Auflagen sind notwendig, um Grundrechte zu schützen. Immer wieder versuchen Behörden aus Angst vor möglichen Gefahren, Grundrechte präventiv einzuschränken – ein Vorgehen, das eher einem autoritären als einem freiheitlichen Staatsverständnis entspricht“, sagte Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk.

LVZ