Die Popsängerin Paula Hartmann auf einer Bühne mit schwarzer Kapuze auf dem Kopf

AUDIO: Paula Hartmann in Hamburg: Gen-Z-Gefühle aus der Großstadt (3 Min)

Stand: 21.08.2025 08:50 Uhr

Paula Hartmann trifft mit ihren Liedern die Gefühle der Gen-Z-Großstädter. Bei ihrem Konzert auf der Trabrennbahn in Bahrenfeld gab es große Emotionen, aber auch politische Botschaften.

von Kai Salander

Im dunklen T-Shirt und kniehohen Stiefeln steht Paula Hartmann auf der Bühne und singt ihre meist schwarzmalerischen Songs im Licht der untergehenden Sonne. Hinter der gebürtigen Berlinerin erhebt sich die graue Silhouette einer Hochhaus-Reihe. Keyboarder, Gitarrist und Drummer bleiben dahinter im Schatten der Häuserschlucht, während Hartmann direkt davor steht. Passend zum Großstadtflair fliegen alle paar Minuten Flugzeuge einige 100 Meter über die Köpfe der Fans hinweg – Landeanflug auf Hamburg Airport.

Tagebuch einer Generation

Paula Hartmann – das ist immer auch eine gehörige Portion Straßenpoesie. Als schlage sie ein Tagebuch auf, bringt sie Gefühle auf die Bühne, singt mit starken Bildern von schlaflosen Nächten, Herzschmerz und Orientierungslosigkeit zwischen S-Bahn und Afterhour. Damit legt die 24-Jährige den Finger in die Wunde der Gen-Z-Großstädter. Auch vor harten Themen scheut Hartmann nicht zurück. Gleich nach den ersten Songs geht es in der Popballade „3 Sekunden“ um Gewalt gegen Frauen.

Viele im Publikum sind Anfang bis Mitte 20. Die meisten schauen gebannt auf die Bühne, wippen leicht zum Beat und lassen die Wucht der Emotionen über sich ergehen. „Seid ihr bereit für etwas emotionalere Songs?“, fragt Hartmann im Dämmerlicht. Dabei fließen doch schon beim einen oder anderen Fan die Tränen.

Der intimste Moment

Der wohl intensivste Augenblick des Abends folgt mit einer akustischen Version von „Nie verliebt“. Kein Beat – nur ein zartes Klavier. Das Publikum schweigt, nur leises Tuscheln und der dumpfe Verkehrslärm in der Ferne sind zu hören. Handylichter und Feuerzeuge schwenken im Walzertakt, und auf dem großen Bildschirm hinter der Bühne flimmern Sterne. Fast schon kitschig, aber vor allem ehrlich – schließlich kann die 24-Jährige den Herzschmerz ganz authentisch in den Song legen. Abgekauft.

Kurz mal Politik

Auch für Politik ist kurz Zeit. Paula Hartmann schaut mit prüfendem Blick ins Publikum, vermutet, dass hier keine AfD-Wähler stehen. Die Fans bestätigen das sofort: Wie auf ein geheimes Zeichen rufen Tausende unisono: „Ganz Hamburg hasst die AfD!“. Hartmann gibt jedoch zu bedenken, irgendwann müsse man doch mit ihnen reden – gemeint sind AfD-Wähler. Ein Moment, der wie eine Klammer wirkt. Schließlich ging es bis hierhin vor allem um das komplexe, oft verflixte Leben des Individuums in der Großstadt: Introspektive statt Gesellschaftskritik.

Technobeats statt Tristesse

Erst mit dem Song „Babyblau“ weicht die Tristesse – ein Befreiungsschlag im Viervierteltakt. Im hellgelben Licht verwandelt sich die Trabrennbahn in einen Club. Dagegen sind die meisten Hartmann-Songs nach einem anderen Muster gestrickt: ein unaufdringlicher R’n’B-Groove als Fundament, darüber ihre helle, fast kindliche Stimme, die Melodien singt, die an Kinder- oder Wiegenlieder erinnern. Damit klingt die 24-Jährige manchmal wie die jüngere Schwester von Annett Louisan.

Musikalisch abwechslungsreich ist das Konzert nicht – doch die Fans feiern Hartmann für ihre Präsenz, ihre Poesie und den Mut, große Emotionen vor Tausenden Menschen zu teilen. Das macht sie authentisch, nahbar – ein tiefer Blick in die Seele. So auch beim Hit „Schwarze SUVs“.

Zum Finale greift Paula Hartmann zum schwarzen Flammenwerfer, schießt Feuerfontänen in die Luft. Auch aus der Häuserkulisse schlagen Flammen. Abriss in der Großstadt – Katharsis nach einem tiefschürfenden Wechselbad der Emotionen.

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