Hannover – Mit der Reform der Grundsteuer zum Jahresanfang hatte die Regierung von Ex-Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor allem ein Versprechen abgegeben: Die Städte und Gemeinden werden sich an der Umstellung nicht bereichern und ihre Einnahmen erhöhen. Stattdessen werde die Grundsteuer-Reform „aufkommensneutral“ sein.

Wesentlicher Bestandteil dieses Versprechens: Auch wenn einzelne Immobilienbesitzer je nach Wohnlage eine höhere oder eine niedrigere Grundsteuer bezahlen als in der Vergangenheit – im Schnitt soll die Belastung der Bürger nicht steigen.

Acht Monate später steht fest: Viele Städte haben sich an diese Vorgabe nicht gehalten. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat gemeinsam mit den Immobilienverbänden vdw und VWE die Daten aus 936 Kommunen in Niedersachsen ausgewertet. Das bittere Ergebnis: Jede 3. Gemeinde hat das Grundsteuer-Versprechen gebrochen.

Ex-Kanzler Olaf Scholz (67)

Ex-Kanzler Olaf Scholz (67)

Foto: picture alliance/dpa

Für den niedersächsischen BdSt-Vorstand Jan Vermöhlen ein „ernüchterndes“ Resultat. Denn: Die Kommunen nehmen plötzlich mehr Geld ein – zulasten der Hausbesitzer.

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Insgesamt 298 Kommunen (32 Prozent) liegen mit ihrem Hebesatz bei der Grundsteuer B mindestens 5 Prozentpunkte über dem errechneten aufkommensneutralen Hebesatz. Auffällig dabei: Vor allem kleine Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern langen bei Immobilienbesitzern stärker zu. „Größere Städte weichen seltener nach oben ab“, erklärt Vermöhlen.

Für Wietzendorf (Heidekreis, 4176 Einwohner) beispielsweise wurde ein Hebesatz von 260 Prozentpunkten berechnet, um aufkommensneutral zu bleiben. Der Gemeinderat indes beschloss einen Hebesatz von 580 – also 123 Prozent mehr als notwendig.

Nur 19 Städte nehmen Einbußen in Kauf

In Prinzhöfte (621 Einwohner, Kreis Oldenburg) legte die Gemeinde den Hebesatz auf 310 Prozentpunkte fest – 127,9 Prozent über dem berechneten Wert von 136. Auch Beckeln und Kirchseelte (Kreis Oldenburg) sowie das Amt Neuhaus (Kreis Lüneburg) liegen mehr als 100 Prozent über der Berechnung.

Weitere 10 Kommunen weichen um mindestens 50 Prozent nach oben ab, 55 Städte und Gemeinde um mehr als 20 Prozent. 118 Kommunen liegen um mehr als 10 Prozent drüber. Aber es gibt auch 19 Städte, die unterhalb der Aufkommensneutralität geblieben sind – und weniger Grundsteuer einnehmen.

„Leidtragende sind die Mieter“

Für vdw-Direktorin Susanne Schmitt sei das „Dilemma“ vorhersehbar gewesen. „Das Versprechen der Aufkommensneutralität hätten im Gesetz verbindlich aufgenommen werden müssen“, erklärt sie und stellt fest: „Leidtragende sind die Mieter.“

Denn: Die Grundsteuer kann über die Nebenkosten komplett auf alle Mieter umgelegt werden.