„Ich hatte doch ein bisschen Pipi in den Augen und meine Frau auch“, sagt Jörg Sartor kurz nach der Verleihung des NRW-Verdienstordens in Düsseldorf. Dabei hatte er erst überlegt, ob er die Auszeichnung überhaupt annimmt. Denn Aufmerksamkeit und Bühne seien eigentlich nichts für ihn, sagt der Essener Chef der Tafel.
Seit 20 Jahren engagiert er sich bei der Essener Tafel
Sartor organisiert Lebensmittel, Unterstützer und Spenden. Die Essener Tafel ist eine der ersten Essenausgaben ihrer Art in ganz Deutschland und wurde durch ihn geprägt. 6000 Menschen werden hier wöchentlich mit Lebensmitteln versorgt.
Tafel-Chef sorgte auch für Aufregung
Protest gegen die Haltung des Tafel-Chefs
| Bildquelle: Jennifer Kerkhoff /WDR
Er hat turbulente Tage dort erlebt. So war Sartor 2018 wochenlang in den Schlagzeilen, weil er einen Aufnahmestopp für Ausländer entschieden hatte. Der Anteil der Ausländer sei damals auf 75% gestiegen. Senioren und Behinderte seien zu kurz gekommen. Das wollte er ändern, sagte er damals.
Unbekannte beschmierten Gebäude und Wagen der Tafel vor Wut – beschimpften Mitarbeiter als Nazis. Die Tafel änderte dann doch noch ihre umstrittenen Regeln, bevorzugte aber weiter Ältere, Alleinerziehende und Familien.
Jörg Sartor positionierte sich in der Arbeit für die Tafel
Mit der Diskussion um den Aufnahmestopp hatte Sartor aber noch ein Thema auf die Tagesordnung gehoben: Die Sozialpolitik. Deutschlandweit wurde über die Tafel und die Armut gesprochen.
Kontrovers diskutiert wurde damals auch seine Aussage, Leistungsempfänger müssten nicht zur Tafel, weil sie hungern. Die Tafel würde vielmehr Menschen, die es schwer haben, das Leben etwas erleichtern.
Die Bühne findet er anstrengend
Damals wurde Jörg Sartor wegen seiner Haltung in viele Talkshows eingeladen. Gefolgt ist er keiner dieser Einladungen. Er habe sich aber schon etwas gebauchpinselt gefühlt, lässt er durchblicken.
Mit den Jahren wurde der ehemalige Bergmann nicht nur Tafelchef, sondern auch Medienprofi und schrieb sogar ein Buch. Er weiß, fast alle ehrenamtlichen Vereine leben von Spenden. Deswegen sei Pressearbeit und Öffentlichkeit wichtig, aber auch anstrengend.
„Jetzt fahre ich nach Hause und lege mich auf der Couch. Ich werde 70,“ sagt er nach der Preisverleihung. Nächstes Jahr im Sommer will er aufhören. Ein großes Brimborium zum Abschied wird es aber nicht geben, sagt er. Das heute hat jetzt gereicht.
Unsere Quellen
- Gespräch mit Jörg Sartor
Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Fernsehen am 21.08. in der Lokalzeit Ruhr um 19:30 Uhr.