Als die Zusage für einen städtischen Kitaplatz für ihre Tochter kam, war Lea Rexer zunächst erleichtert. Doch es kam anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Der Betreuungsplatz war nicht in derselben Einrichtung, in der auch ihr älterer Sohn ist. „Obwohl wir davon ausgegangen waren, in der gleichen Kita einen Platz zu bekommen“, so die 30-Jährige.
Beide Einrichtungen sind im Stuttgarter Westen, wo die Familie auch wohnt. Trotzdem stellt es Lea Rexer und ihren Mann vor Herausforderungen. „Morgens und Mittags zwischen zwei Kitas zu pendeln, wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Das ist schwierig, wenn man zwischendurch noch arbeiten muss“, so Rexer. Aber das sei gar nicht das größte Problem. Noch viel komplizierter sei es, die unterschiedlichen Schließtage zu überbrücken. „Das ist eigentlich nicht machbar“, sagt sie.
Der Punkt Geschwisterkinder zählt weniger
Die Kitaplatz-Situation in Stuttgart hat sich deutlich verbessert. Unter drei Jahren sind derzeit laut Angaben der Stadt 1376 Kinder unterversorgt. Das sind immer noch viele, aber schon bis zu 700 weniger als in der Vergangenheit. Am deutlichsten ist die Verbesserung bei den über Vierjährigen. In der Altersklasse sind derzeit 492 Mädchen und Jungen ohne Platz, vor zwei Jahren waren das noch fast doppelt so viele.
„Dass sich die Lage allgemein verbessert hat, liegt daran, dass in den vergangenen zwei Jahren weniger Kinder geboren wurden als zuvor sowie am neuen Kita-Portal, das die Vergabe der Plätze beschleunigt hat“, so Dorothee Tresbach, die Leiterin des Kitaservice Stuttgart. Auch die geänderten Kriterien der Kitaplatz-Vergabe haben zur Entspannung der Lage beigetragen. Im Bereich der über Dreijährigen wird das Alter stärker gewichtet. Je älter ein Kind, umso mehr Punkte erhält die Familie. Im Bereich der unter Dreijährigen zählt hauptsächlich, wie viel die Eltern beziehungsweise der alleinlebende Elternteil arbeitet. Der Punkt Geschwisterkinder zählt in beiden Fällen weniger.
Weil andere Kriterien stärker gewichtet werden, kommt es immer wieder dazu, dass Geschwisterkinder nicht in die gleiche Einrichtung kommen. Im Hauptvergabeverfahren für den Herbst waren das allerdings nur zwanzig Kinder unter 1600 vergebenen Plätzen. „Wenn wir Geschwisterkinder gemeldet bekommen, versuchen wir immer erst mal zu prüfen, ob es irgendwie möglich ist, diese in der gleichen Kita unterzukriegen. In diesen Fällen konnten wir das einfach nicht lösen“, so Tresbach.
Lea Rexer sei empfohlen worden, ihre Tochter nur in der Kita des großen Kindes anzumelden. Denn wenn die Eingewöhnung im September bei ihrer dann anderthalb Jahre alten Tochter losgeht, kann sie nicht mehr wechseln. Das sei für Rexer und ihre Familie aber keine Option gewesen. „Das Risiko ganz ohne Kitaplatz dazustehen war für uns zu hoch“, sagt sie.
„Das ist ein Dilemma, und da gehen wir mit den Eltern auch ganz offen um“, so Tresbach. Viele suchten sich im Vorfeld des Anmeldeverfahrens Unterstützung beim Kitaservice. „Wir sagen den betroffenen Familien, dass sie sich über ihre Prioritäten klar sein müssen. Wenn auch das zweite Elternteil zu arbeiten anfangen möchte oder muss, dann muss die Möglichkeit in Kauf genommen werden zwei Einrichtungen anzufahren. Wenn man das nicht leisten kann, könnte man die Betreuungslücke etwa durch eine Tagesmutter überbrücken, bis ein Platz frei wird“, so Tresbach. Das Dilemma könne sie aber voll und ganz verstehen.
Rexer hat einen Wechselwunsch gestellt für beide Kinder in die jeweils andere Kita und hofft, dass es vor der Eingewöhnung noch klappen wird. Als Konsequenz plant die Familie nun sogar aus Stuttgart weg zu ziehen, nach Kirchheim unter Teck, wo die Großeltern der Kinder wohnen. „Die Idee hatten wir schon lange, aber durch die aktuelle Situation wird sie jetzt schneller konkret, als wir das geplant hatten“, so Rexer.