Eine erwachsene Person greift ein Kind fest an Arm und Kopf, während es auf einer Couch liegt.

AUDIO: Sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen: Fallzahlen auf hohem Niveau (1 Min)

Stand: 21.08.2025 19:26 Uhr

Viele Kinder und Jugendliche in Deutschland erleben sexuelle Gewalt – auch in Schleswig-Holstein. Laut Bundeskriminalamt ist die Zahl der polizeilich registrierten Fälle auch im aktuellen Jahr hoch.

von Anne Passow

Gut 17.550 Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche hat das Bundeskriminalamt im vergangenen Jahr registriert. Das geht aus dem Lagebild des Bundeskriminalamts (BKA) hervor. Bei den Fällen handelt es sich demnach um polizeilich erfasste Straftaten, die nach dem Abschluss der Ermittlungen an Staatsanwaltschaften abgegeben wurden.

Knapp 500 Fälle waren es laut BKA 2024 in Schleswig-Holstein. Das sind etwas weniger als im Jahr zuvor. 2023 lag die Zahl bundesweit bei gut 17.580 und in Schleswig-Holstein bei 560. 2022 gab es bundesweit gut 16.660 Fälle, in Schleswig-Holstein knapp 470.

Innenminister Dobrindt: Hohes Dunkelfeld bei sexualisierter Gewalt

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte am Donnerstag, dass es ein sehr großes Dunkelfeld gebe. Laut dem Weißen Ring zeigen viele Betroffene Taten nicht an – aus Angst, Schamgefühlen oder weil sie fürchten, dass ihnen niemand glaubt. Die meisten Tatverdächtigen bei sexuellem Missbrauch von Minderjährigen sind laut Bundeskriminalamt Männer.

Ein Mädchen sitzt mit gesenktem Kopf auf dem Boden und hat die Arme um ihre Beine geschlungen.

2024 hat die Polizei etwa 18.000 Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen erfasst. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein. Bundesinnenminister Dobrindt will handeln.

Einen Höchstwert erreichte – laut dem Lagebericht – die Anzahl der Fälle von Herstellung, Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornografischer Inhalte. Rund 9.600 Fälle gab es demnach im vergangenen Jahr – ein Plus von 8,5 Prozent im Vergleich zu 2023. Seit dem Jahr 2020 haben sich die Fallzahlen laut dem Bericht mehr als verdreifacht.

Cybergrooming und Livestreaming nimmt zu

Bei vielen Taten spielt das Internet eine wichtige Rolle. So nimmt das das Cybergrooming und das Livestreaming laut Minister Dobrindt stark zu. Beim Cybergrooming kontaktieren Täter die Kinder online, zum Beispiel über Social-Media-Plattformen. Beim Livestreaming wird der Missbrauch live im Internet übertragen.

Vorratsdatenspeicherung als Lösung?

Um gegen Cybergrooming und Livestreaming vorzugehen, will die Bundesregierung nach eigenen Angaben die Speicherung von IP-Adressen ermöglichen. Das gehört zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes dürfen Daten für die Strafverfolgung gespeichert werden. Das Urteil ist aber noch nicht in das deutsche Gesetz umgesetzt. Laut Minister Dobrindt soll „in den nächsten Wochen“ Einigkeit über die Details einer Gesetzesänderung herrschen.

Daten werden über mehrere Monate gespeichert

Dann würden Telekommunikationsanbieter verpflichtet, bestimmte Daten ihrer Nutzerinnen und Nutzer anlasslos zu sammeln und drei Monate lang zu speichern. Betroffen wären sowohl Telefon- als auch Internetdaten. Diese müssten Ermittlungsbehörden im Bedarfsfall zur Verfügung gestellt werden. Datenschützer kritisieren, dass durch die Vorratsdatenspeicherung massiv in die Grundrechte und Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen würde. Sie befürchten außerdem, dass die Daten in kriminelle Hände gelangen könnten.

Eine bedrückte Frau telefoniert.

Für Opfer von sexualisierter Gewalt ist es nicht einfach, geeignete Hilfe und Therapeuten zu finden. Wer kann helfen?