Berlin – Drei Tage sind seit dem Mega-Gipfel in Washington vergangen. Kurz blitzte im Westen Hoffnung auf. Trump befeuerte Spekulationen, es könnte gar ein direktes Treffen zwischen Selenskyj und Putin kommen. Doch der Kreml-Herrscher zeigt: Er macht, was er will – und führt uns schon wieder an der Nase herum.
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Letzte Nacht kam es zu einem der heftigsten Angriffe seit Wochen. 574 Drohnen und 40 Raketen. Getroffen wurde u.a. die westukrainischen Stadt Lwiw (Lemberg). Auch von einem Putin-Selenskyj-Gipfel will man im Kreml nichts wissen.
Stattdessen fordert Russlands Außenminister Sergej Lawrow (75) ein russisches Veto gegen ukrainische Verteidigungsbemühungen.
▶︎ Der Politik-Experte Thomas Jäger (Uni Köln) mahnt: „Putin trickst Europa aus. Aber vor allem trickst er Trump aus.“ Alle Forderungen Putins habe Trump bislang übernommen: keinen Waffenstillstand vor Verhandlungen, Gebietsabtretungen der Ukrainer, die Krim bleibt russisch; und Sicherheitsgarantien nur in Absprache mit Putin.
Die Menschen sehnten sich nach Frieden. „Doch Putin kann aus diesem sehnlichen Wunsch eine Karotte machen, mit der er den Esel durch die Manege führt. Er sät immer neue Hoffnung nach Verhandlungen – und sattelt am Ende doch immer neue Forderungen drauf“, sagt Jäger.
Im Klartext: „Was in Europa und den USA Verhandlungen genannt wird, ist in der Welt des Kremls hybride Kriegsführung.“ Durch dieses Hin und Her wolle Russland erreichen, dass die Unterstützung der Ukraine zurückgefahren wird.
Hintergrund
Die hybride Kriegsführung Russlands umfasst die Kombination klassischer militärischer Gewalt mit nicht-militärischen Mitteln wie Cyberangriffen, Propaganda, Desinformation und wirtschaftlichem Druck. Ziel: Destabilisierung der Gegner und Beeinflussung politischer Entscheidungen, ohne eine offene Kriegserklärung abzugeben.
Für Putin zählt vor allem der Donbass
Der Osteuropa-Experte Andreas Umland erklärt in BILD zudem, was das Hauptziel des Kreml-Herrschers ist – „die Besetzung des nördlichen Donezbeckens bzw. Donbass (Regionen Donezk und Luhansk, d. Red.).“ Etwas, was die Armee seit elf Jahren nicht schafft.
Strategisch wichtig! Denn: Dies wäre notwendig, um tiefer in die Ukraine vordringen zu können.
Laut Umland ist es Moskau offenbar bereits vor dem Alaska-Gipfel gelungen, „dem Weißen Haus zu soufflieren, dass eine ukrainische Abtretung des nördlichen Donbass den Weg zum Frieden öffnen würde“.
▶︎ Daher sei Putin nun zu vielem bereit: Verhandlungen mit den USA, ein Gipfeltreffen mit Trump und ein mögliches Gipfeltreffen mit Selenskyj. Falls Russland den Donbass friedlich unter Kontrolle bekommen könnte. Würde Putin „womöglich sogar einer temporären Waffenruhe zustimmen“, so Umland.
Und wie hält es der russische Kriegstreiber mit dem Frieden?
„Putin wird gern und viel über Frieden sprechen – nämlich einen Siegfrieden für Russland, aus dem die Ukraine als unselbstständiger Rumpfstaat hervorgeht“, so Umland.
Der Experte warnt: Beides sei möglich. „Entweder beinhaltet ein Friedensdeal bereits einen Regime- und Politikwechsel in Kiew, der die Ukraine zum Vasallenstaat Moskaus macht. Oder es kommt zu einer Friedensvereinbarung, die die Ukraine derart schwächt, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt mit einem neuen Angriff vollständig unter russische Kontrolle gebracht werden kann.“
Zur Person
Thomas Jäger ist Professor für internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln. Ein Schwerpunkt seiner Forschung und Lehre liegt in der Analyse der deutschen und amerikanischen Außenpolitik.
Andreas Umland ist Osteuropa-Experte mit einem Fokus auf russische und ukrainische Politik. Er arbeitet als Analyst am Stockholm Centre for Eastern European Studies (SCEEUS) beim Schwedischen Institut für Internationale Angelegenheiten und ist Professor für Politikwissenschaft an der National University of Kyiv-Mohyla Academy in der ukrainischen Hauptstadt.