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blo 120825 Offenbach Cloud HQ Rechenzentrum Baustelle zweiter AbschnittSechs Baukräne sind derzeit auf der Baustelle für das zweite Datenzentrum von Cloud HQ im Einsatz. © Sommer, Frank

Projekt an Rowentastraße geplant, Fortschritte bei Cloud HQ am Lämmerspieler Weg.

Es ist ein widersprüchliches Verhältnis: Einerseits wird in vielen Lebensbereichen nach Digitalisierung verlangt und selbst für banale Dinge eine KI genutzt, doch andererseits möchte kaum jemand das dafür notwendige Rechenzentrum in seiner Nähe haben. Geradezu leidenschaftlich werden diese mancherorts bekämpft. Dass sich das Rhein-Main-Gebiet besonders für die Ansiedlung von Datenzentren eignet, liegt am DE-CIX, dem riesigen Knotenpunkt für den globalen Datenverkehr.

In Offenbach hat sich der Nähe zum DE-CIX wegen bereits Cloud HQ am Lämmerspieler Weg angesiedelt: Das erste von zwei Rechenzentren (FRA01) auf dem 15 Hektar großen Gelände ist längst in Betrieb, für das zweite ist jüngst der Rohbau fertiggestellt worden, wie Andreas Graf-Matzner, Country-Manager bei Cloud HQ, sagt. Auf 56 Megawatt ist jedes der beiden Zentren ausgelegt. „Jetzt beginnt der Innenausbau“, sagt er, für die Fassade ist eine teilweise Begrünung geplant.

Im ersten Quartal 2026 soll die erste Datenhalle nutzbar sein. „Alle drei bis sechs Monate wollen wir weitere Teile in Betrieb nehmen, Mitte 2027 soll das zweite Zentrum komplett in Betrieb sein.“ Entgegen der landläufigen Meinung, dass ein Rechenzentrum für nur wenige Arbeitsplätze sorge, werden nach Ausbau des zweiten Datencenters rund 150 Personen am Standort beschäftigt sein. „Wir brauchen Techniker für den Betrieb, IT-Leute, außerdem Sicherheits- und Reinigungspersonal“, sagt Graf-Matzner, „dazu kommen noch externe Dienstleister.“

Ein weiteres Rechenzentrum plant Cloud HQ auf dem Gelände von „Akzo Nobel“ an der Kettelerstraße: Auf rund 50 000 Quadratmetern ist ein grünes Vorzeigezentrum mit 93 Megawatt vorgesehen. Inzwischen liegt die Abrissgenehmigung für die alten Fabrikgebäude vor, noch in diesem Jahr sollen die Gebäude verschwinden. Derzeit laufen die finalen Abstimmungen für die Baugenehmigung. Dabei wird ein von einem Leser beigetragenes Detail wichtig: Dieser wies darauf hin, dass sich auf dem Gelände noch ein historisches Sandsteintor mit Gitter von Schramm-Lacke, dem ersten Unternehmen auf diesem Areal, befindet. Das Tor steht nicht unter Denkmalschutz, doch möchte die Stadt es gern erhalten. Da es sich nahe des „Wäldchens“ befindet, welches bleiben wird, sollte ein Erhalt kein Problem darstellen.

blo 080825 Offenbach das historische Tor der alten Schramm-Fabrik auf dem ehemaligen Akzo Nobel-GeländeNicht denkmalgeschützt, aber das historische Tor der alten Schramm-Fabrik soll in das Rechenzentrumsgelände integriert werden. © privat

Zum Zeitplan für den Bau des Datenzentrums möchte sich Graf-Matzner nicht äußern, denn noch gebe es einige Unbekannte in der Rechnung: „Das ist ein altes Fabrikgelände, das ist wie ein Überraschungsei, was Bodenkontamination anbelangt.“ Bei Vorstellung der Pläne hieß es, der operative Betrieb sei frühestens 2027 oder ´28 denkbar.

Nur wenig ist bisher öffentlich bekannt zu einem weiteren Rechenzentrum, für das eine Bauvoranfrage vorliegt: Anfang vergangenen Jahres haben die Stadtverordneten Richtlinien für den Bau möglicher neuer Datenzentren beschlossen – nur dort, wo sich die Abwärme sinnvoll in das städtische Fernwärmenetz einspeisen ließe, sollten neue gebaut werden dürfen. Ein solcher Standort ist an der Waldstraße, genauer: der Rowentastraße. Wo heute noch ein Fitness-Studio, Gebrauchtwagenhändler und eine Kfz-Werkstatt sind, soll ein neues Rechenzentrum entstehen.

Wie groß es wird, dazu ist ebenso wenig bekannt wie zum Zeitplan: Das US-amerikanische Unternehmen, welches das Zentrum finanziert, hat auf eine entsprechende Anfrage bisher nicht geantwortet. Auch das Frankfurter Unternehmen „TTSP HWP“, das mit der Planung des Rechenzentrums beauftragt sein soll, hat eine Anfrage unbeantwortet gelassen. Eine mit dem Ankauf der entsprechenden Grundstücke beauftragte Firma aus Bad Soden-Salmünster wollte sich ebenfalls nicht äußern. Immerhin der Netzbetreiber ENO bestätigte einen entsprechenden Antrag für den Bau eines Rechenzentrums.

Das ist ein altes Fabrikgelände, das ist wie ein Überraschungsei, was Bodenkontamination anbelangt.

Gut informierte Kreise in der Stadt betonen, dass die Nutzung der Abwärme des geplanten Zentrums ein großer Vorteil wäre. Interessant ist die Planungsgesellschaft „TTSP HWP“, da diese etwa den „Green Cube“ für die Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt verantwortet hat, welcher mehrfach für seine ökologische Ausrichtung ausgezeichnet wurde.

Grundsätzlich ist der Bedarf an Flächen für Rechenzentren rund um den größten Internetknoten der Welt, DE-CIX, in Frankfurt groß. Das bestätigt auch Harald Hofmann, Pressesprecher der EVO, auf deren Gelände ebenfalls ein Rechenzentrum gebaut wurde. „In Frankfurt sind die Kapazitäten aktuell erschöpft, das erhöht den Druck auf das Umland, wie Stadt und Kreis Offenbach oder auch Hanau“, sagt Hofmann. Die EVO investiert aktuell mehrere Hundert Millionen Euro, um ihre Stromkapazitäten um das Sechsfache zu erhöhen (wir berichteten), „doch selbst dann könnten wir nicht alle Anfragen bedienen“, erklärt Hofmann.

Es wird spannend sein, zu beobachten, was an der Rowentastraße und in Offenbach insgesamt in den kommenden Jahren geplant wird.