Berliner Krankenhäuser

Wie die Senatskürzungen die Charité belasten

Fr 22.08.25 | 15:26 Uhr | Von Angela Ulrich

Ina Czyborra (SPD, hinten), Gesundheitssenatorin von Berlin, schaut mit Lars Bullinger, Klinikdirektor Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie, durch ein Mikroskop auf dem Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum am 21.08.2025. (Quelle: picture alliance/dpa/Jens Kalaene)

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Audio: rbb24 Inforadio | 22.08.2025 | Angela Ulrich | Bild: picture alliance/dpa/Jens Kalaene

Die Charité ist ein Leuchtturm im Medizin-Bereich, weltweit anerkannt. Aber auch der Vorzeige-Klinik macht der Sparkurs der Landesregierung zu schaffen, dazu kommen Unklarheiten der Krankenhausreform. Von Angela Ulrich

Die kleine Luna quietscht und brabbelt. Im rosa Pulli sitzt die Eineinhalbjährige auf dem Schoß ihrer Mutter Vanessa in einem farbenfrohen Spielzimmer und guckt sich die Besucher um sie herum neugierig an.

Luna hat einen Schlauch in der Nase und eine Infusion in der Hand, die Lippen und Fingerspitzen sind leicht bläulich. Ein typisches Merkmal von Lunas Krankheit, sagt Felix Berger, der Direktor der Klinik für angeborene Herzfehler der Charité: „Luna hat tatsächlich ein typisches Ein-Kammer-Herz, ein angeborener Herzfehler, der nicht korrigiert werden kann“, erklärt Berger. Blutkreisläufe müssten versucht werden zu trennen.

Zweimal ist Luna schon operiert worden, in ihrer Heimat Leipzig. Der nötige dritte Schritt sollte in Berlin erfolgen, „aber das Herz hat leider nicht so mit gemacht, wie wir uns das gewünscht haben“, sagt der Klinikleiter.

Luna leidet an einem angeborenen Herzfehler und wird an der Charité von Expert*innen behandelt. (Quelle: rbb)Patientin Luna leidet an einem angeborenen Herzfehler und wird an der Charité von Expert*innen behandelt. | Bild: rbb


Banges Warten auf ein Spenderherz

Luna braucht ein Spenderherz, darauf wartet Familie Heidel nun in der Charité. Mutter und Tochter müssen Geduld haben, es könne lange dauern, gerade bei kleinen Kindern, sagt Felix Berger. Aber dass es überhaupt möglich sein könnte, ihre Tochter zu retten, macht Vanessa Heidel zuversichtlich – sie fühle sich in der Charité sehr gut betreut, sagt die Mutter.

Gesundheitssenatorin Ina Czyborra, am Donnerstag zu Besuch in der Charité, versucht der kleinen Familie Mut zu machen. Aber die SPD-Politikerin weiß auch: Gerade Spitzenmedizin ist teuer. „Es ist doch unterirdisch, dass Kindermedizin, gerade solch hoch spezialisierte, nicht umfänglich finanziert ist in unserem System“, empört sich Czyborra, „das dürfte so nicht sein.“


Krankenhausreform zulasten von spezialisierter Kindermedizin?

Denn auch das Vorzeige-Krankenhaus Charité hat zu kämpfen. Der Kinder-Kardiologe Berger redet Klartext mit der Senatorin. Er macht sich Sorgen, weil die Krankenhausreform der Ampel-Regierung von der neuen Bundesregierung aufgeweicht werden könnte: „Wir Kindermediziner sind frustriert, weil man liest, dass das Erste, was aus der Reform wegfällt, die spezialisierte Kindermedizin ist. Das bricht uns das Herz.“

Czyborra schaut betroffen. Vielleicht sei da ja auf Bundesebene noch was zu machen, meint die Senatorin: „Wir sind im politischen Prozess, nach der Reform ist immer vor der Reform – aber wir müssen es am Ende dann auch finanzieren.“

Stichwort Finanzen – in ihrem Sparhaushalt kürzt auch die schwarz-rote Landesregierung der Charité das Budget für Investitionen um ein Viertel. Einen „massiven Einschnitt“, nennt das der Dekan des Hauses, Joachim Spranger: „Das betrifft Gerätschaften, das betrifft den Bau, das betrifft eben sowohl die Fakultät als auch Krankenversorgung, wenn das um 25 Prozent gekürzt wird.“

Die Forschung leide also genauso wie die Versorgung von Patienten. Außerdem werden bei den Medizin- und Zahnmedizin-Studienplätzen gekürzt, die Hebammenwissenschaft der Charité sogar um die Hälfte. Von einer „schwierigen Situation“ spricht Joachim Spranger, denn eigentlich sei die Charité darauf angewiesen, sich selbst Fachkräfte heranzubilden.


BeCAT: Forschung für Arzneimittel aus lebenden Zellen

Neben den Problemen bekommt die Gesundheitssenatorin aber auch Erfreuliches zu sehen. Den fast fertigen Neubau für ein Zentrum für Gen- und Zellforschung, das Berlin Center for Advanced Therapies (BeCAT). Ein heller Betonbau, grasgrüner Fußboden, Schleusen, in denen noch Staub liegt. Später sollen dort in hoch gereinigter Luft ohne jeden Staubpartikel Arzneimittel aus lebendigen Zellen entwickelt werden, absolutes Neuland, sagt Projektleiterin Annette Künkele-Langer: „In diesem Haus sollen innovative Zellprodukte hergestellt werden, damit sie Patienten in frühen Stadien verabreicht werden können.“ Idealerweise könnten Patienten so geheilt werden.

Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) und Prof. Annette Künkele-Langer, Leiterin des Berlin Centers for Advanced Therapies (BeCAT).(Quelle: Angela Ulrich/rbb)

Die Gesundheitssenatorin ist begeistert beim Rundgang. Kann und will sie die finanziellen Einschnitte für die Charité noch abmildern? „Wir werden sehen, was wir mit dem Sondervermögen noch alles hinkriegen“, sagt Czyborra. Die Debatte sei im Gange. „Wir werden Geld brauchen für unsere Krankenhauslandschaft, besonders für die Charité, wenn wir hier zukunftsfähig sein wollen.“

Dabei klingt Czyborra zumindest etwas kämpferisch. Viel deutlicher formuliert das allerdings Charité-Chef Heyo Kroemer. Auch er hat in der Herzfehler-Kinderklinik der Mutter der kleinen Luna Mut zugesprochen. „Wir machen das hier weiter“, sagt Kroemer, „und zwar unter allen Rahmenbedingungen. Es ist doch völlig undenkbar, dass man solchen Eltern sagt: tut uns leid, wir haben kein Geld, und schicken Sie wieder nach Hause!“

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.08.2025, 06:10 Uhr

Beitrag von Angela Ulrich