Brüssel. Die Europäische Union zieht Konsequenzen aus den Corona-Erfahrungen und rüstet sich für kommende Gesundheitskrisen. In 22 strategischen Lagern werden europaweit Medikamente und medizinische Produkte auf Vorrat gelegt, darunter 13 Depots, die große Mengen an FFP2-Masken bereithalten. Ergänzt wird das Netzwerk durch Notfallbanken für Impfstoffe und Antigene.
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Die Botschaft aus Brüssel: Die Covid-19-Pandemie habe gezeigt, dass nationale Katastrophenschutzsysteme, selbst wenn sie gut koordiniert sind, innerhalb kurzer Zeit grundlegende Güter möglicherweise nicht mehr bereitstellen können, heißt es. „Ähnliche komplexe Krisen, in denen alle Länder gleichzeitig mit denselben Engpässen konfrontiert sind, dürften in Zukunft häufiger auftreten“, warnt die EU-Kommission in ihrem Entwurf für eine Bevorratungsstrategie.
Erst im vergangenen Monat hatte die EU-Kommission eine umfassende Reform des Katastrophenschutzes vorgelegt: Rund 11 Milliarden Euro sollen in den Zivilschutz und die Vorbereitung auf Gesundheitskrisen wie eine erneute Pandemie fließen. Geplant ist, die bereits bestehenden medizinischen Vorräte deutlich auszubauen. Die Summe von 11 Milliarden Euro muss allerdings noch vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten bewilligt werden.
Wir brauchen mehr EU-weite Koordinierung, um nicht nur schnelles Handeln zu ermöglichen, sondern auch einen transparenten Überblick darüber zu gewinnen, wo welche medizinischen Produkte vorhanden sind.
Tiemo Wölken (SPD),
EU-Gesundheitspolitiker
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EU-Gesundheitspolitiker Tiemo Wölken (SPD) lobt die Schritte der Kommission. Die EU-weite Koordinierung sei dringend nötig, um einen transparenten Überblick darüber zu gewinnen, wo welche medizinischen Produkte vorhanden seien, sagt Wölken dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Wichtig sei zudem eine zentrale, gemeinsame Beschaffung von Medikamenten und Medizinprodukten. „Gleichzeitig braucht es ein intelligentes Managementsystem, das sicherstellt, dass Produkte rechtzeitig eingesetzt werden und nicht ungenutzt verfallen, um unnötige Verschwendung zu vermeiden.“
Die 1001 Gefahren Europas – und wie die EU sie bewältigen will
Blackouts, Cyberattacken, Naturkatastrophen: Europas Sicherheit steht vor immer neuen Herausforderungen. Die EU-Kommission will den Kontinent mit einem umfassenden Krisenplan widerstandsfähiger machen – und setzt auf die Hilfe der Bürgerinnen und Bürger.
Die EU-Kommission will ihr Lagermanagement weiter verbessern. Sie lässt schon heute medizinische Produkte spenden, wenn deren Verfallsdatum kurz bevorsteht. Zudem will sie die Einführung virtueller Lagerbestände prüfen: Unternehmen würden dafür bezahlt werden, im Ernstfall sofort liefern zu können.
Doch Wölken warnt: „Alle guten Absichten bleiben wirkungslos, wenn das nötige Budget fehlt.“ Kurz nach der Pandemie sei dem EU4Health-Programm für 2024 eine Milliarde Euro entzogen worden, und der aktuelle Budgetvorschlag der Kommission für die nächsten sieben Jahre verzichte auf ein eigenständiges Gesundheitsprogramm, kritisiert er. „Programme wie der EU-Katastrophenschutz müssen gezielt gestärkt werden, um die EU widerstandsfähiger und krisenfester zu machen“, fordert der SPD-Politiker.
Die Kommission will trotz unklarer Finanzierung die Krisenvorsorge ausbauen. Geplant sind etwa Reserven für Szenarien mit hochinfektiösen Patienten, großem Bedarf an Intensivpflege oder sogar Massenevakuierungen. Allerdings: Brüssel entwirft zwar die Pläne, doch umgesetzt und in vielen Fällen auch bezahlt werden, müssen sie am Ende von den Mitgliedsstaaten.