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Russland sendet widersprüchliche Signale nach dem Ukraine-Gipfel. Putin verspricht Gespräche, Staatsmedien drohen indes mit Vorstößen bis Polen.

Moskau/Washington, DC – Während in Europa nach dem Ukraine-Gipfel in Washington vorsichtiger Optimismus herrscht, spielt man die Ergebnisse in Russland lieber herunter. Die überaus freundliche Stimmung, die im East Room des Weißen Hauses zwischen Donald Trump und den europäischen Staats- und Regierungschef herrschte, sei in Wahrheit angespannt gewesen, zitiert die Moscow Times aus dem russischen Staatsfernsehen.

Als großer Erfolg wird derweil Trumps Anruf an Wladimir Putin gewertet. Der US-Präsident erklärte wenig später, er habe Russlands Machthaber nicht in Gegenwart der Europäer angerufen, weil dies „respektlos gegenüber Putin“ gewesen wäre. Dem Gespräch selbst – über dessen Inhalt herzlich wenig bekannt ist – räumten Russlands Medien in ihrer Berichterstattung umso mehr Platz ein.

Russlands Staatsmedien berichten verzerrt über Ukraine-Gipfel in Washington

So eröffneten die staatlichen Sender Rossija-1 und Channel One ihre Nachrichtensendungen mit dem Telefonat; Putins Berater Juri Uschakow berichtete von der russischen „Unterstützung für die Fortsetzung der direkten Verhandlungen zwischen den Delegationen Russlands und der Ukraine“.

Der Korrespondent von Rossija-1 beschrieb das Treffen zwischen Trump, Selenskyj und den europäischen Staats- und Regierungschefs in Washington und sagte, dass „die Entscheidungen, die die westlichen Länder in den kommenden Tagen treffen müssen, weder für sie selbst noch für Kiew Gutes verheißen“. Die kremlfreundliche Boulevardzeitung Komsomolskaja Prawda titelte gar über „Selenskyjs Sackgasse“ und behauptete, Trump und Friedrich Merz seien „heftig aneinander geraten“ – in Wahrheit betonte der Kanzler nur die Notwendigkeit von Sicherheitsgarantien, woraufhin Trump meinte, dass diese nicht zwingend nötig seien.

Könnten sich schon bald persönlich treffen, um im Ukraine-Krieg zu verhandeln: Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin.Könnten sich schon bald persönlich treffen, um im Ukraine-Krieg zu verhandeln: Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin. © Montage: Kay Nietfeld/dpa SNA/ImagoNach Ukraine-Gipfel in Washington: Russlands Staatsmedien drohen Polen

Den Scharfmacher spielte die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Dort hieß es in einem Meinungsstück tatsächlich: „In Washington hat Europa bekommen, was es wollte.“ Ein Aufruf zur Diplomatie? Keineswegs. „Wir müssen bis nach Lemberg gehen“, zitiert die Moscow Times den Kolumnisten Strelnikow.

Würden die Botschaften von Trump und Putin nicht beachtet, „müssen Europa und Kiew wirklich großzügige Kompromisse von Russland vergessen“, hieß es weiter. Wenn nicht, könnte es „sogar passieren, dass beispielsweise die Region Lemberg sich stark nach einer Wiedervereinigung mit ihrem brüderlichen Volk sehnt“. Es ist eine von unzähligen Drohungen, die Russland nach Europa sendet – diesmal entgegen dem EU-Land Polen.

Ukraine-Gipfel führt zu überraschendem Zugeständnis: Putin soll Selenskyj-Treffen versprochen haben

Doch die Realität ist eine andere. Zwar kam es in Washington auf dem Ukraine-Gipfel zweifelsohne zur Trump-Show. Auch bemühten sich die Europäer, dem US-Präsidenten nicht auf den Schlips zu treten. Doch Trump hörte zu, gab sich freundlich, betonte mehrfach seine Unterstützung für die Ukraine. Friedrich Merz lobte das Gespräch mit Trump und sagte: „Meine Erwartungen sind eigentlich nicht nur getroffen, sondern übertroffen worden.“ Nato-Chef Mark Rutte sprach von einem „echten Durchbruch“.

War in Russland zunächst von direkten Gesprächen zwischen Delegationen die Rede, stellte das Weiße Haus am Dienstag klar: Putin hat ein Treffen mit Selenskyj versprochen. „Das hat er“, sagte Trumps Sprecherin Karoline Leavitt auf wiederholtes Nachhaken von Journalistinnen und Journalisten.

Ukraine-Verhandlungen in Washington: Trump-Gipfel mit Merz und Co. in BildernMerz bei Trump in WashingtonFotostrecke ansehenAngebliche US-Vorbereitungen: Ukraine-Gipfel in Budapest mit Putin und Selenskyj?

Ob Putin den „Mut“ zu einem Treffen mit Selenskyj hat, wie Kanzler Merz es formulierte, muss sich noch zeigen. Doch allmählich verdichten sich die Hinweise auf einen möglichen Ukraine-Gipfel in Budapest. Dort könnte dann auch Donald Trump teilnehmen, obwohl der eigentlich erst einem zweiten Treffen zwischen den beide Präsidenten beiwohnen wollte. Der Secret Service, der für die Sicherheit Trumps zuständig ist, treffe bereits Vorkehrungen dafür, berichtete die Website Politico.

Auf Fragen zu einem möglichen Ort für ein Treffen von Selenskyj und Putin sagte Trumps Sprecherin lediglich, sie wolle nicht darüber spekulieren. Budapest wollte sie weder bestätigen noch dementieren. Gegen Putin gibt es einen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs wegen des Vorwurfs von Kriegsverbrechen, was die Suche nach einem Ort erschwert. Die Schweiz, die das Treffen ebenfalls ausrichten könnte, bot Putin aber bereits Immunität an. Doch die Liste der potenziellen Veranstaltungsorte für einen Ukraine-Gipfel ist lang. (nak)