Bayern München – RB Leipzig 6:0 (3:0)

Joshua Kimmich zeigte auf. Er hatte etwas bemerkt, wie ein Schüler aus der ersten Reihe. Der Schiedsrichter prüfte die Beschwerde und gab ihm recht. Castello Lukeba war nämlich einfach los gedribbelt. Das ist bei einem Freistoß nicht erlaubt. Weiß eigentlich jeder E-Jugendliche, dem Leipziger Abwehrspieler war es jedoch entfallen. „So was habe ich noch nie erlebt“, sagte Kimmich. Das Tor wurde aberkannt. 

Eine typische Szene, denn die Leipziger traten an diesem Abend ohne Plan auf, was sie mit dem Ball anstellen sollten. Und als ihnen ein einziges Mal etwas gelang, widersprach es den Regeln. Egal war die Szene noch dazu, denn die Angelegenheit zwischen dem FC Bayern und RB Leipzig war beim Stand von 4:0 längst entschieden. 

Die 63. Bundesliga-Saison wurde am Freitag auf eine schwer verdauliche Art eröffnet. Schwer beschreiblich schlechte Leipziger gingen 0:6 unter. Man konnte nicht mal mit Gewissheit sagen, ob der FC Bayern wirklich gut gespielt hat. Die Leistung war einfach nicht bewertbar. Wollen wir mal nicht hoffen, dass dieses Spiel bezeichnend wird für die Bemühungen der Bundesliga in der Aufgabe, dem Meister aus München die Stirn zu bieten. Sonst kann die Saison heiter werden. Nicht. 

Auch Titelfavorit Bayern hat Schwächen

Neues Spiel, neues Glück – das gilt ja immer im August. Die Bayern sind zwar der Favorit auf den Titel, aber in München ist einiges ungeklärt. Der Kader ist dünn, die Abwehr anfällig, die Verantwortlichen denken und reden in verschiedene Richtungen. Würden sich diese Schwächen auf dem Platz bemerkbar machen? 

Und der Gegner war nicht Schalke oder der HSV, die in München zum selben Anlass einst überfahren wurden. Leipzig will wieder ran an die Spitze, hat Jürgen Klopp gekauft, damit der den Konzern strategisch neu aufstellt und ihn in die Champions League zurückführt. „Wir machen Dinge anders“, sagte der neue Trainer Ole Werner vor dem Spiel der SZ. Er meinte sicher nicht: schlechter. 

© Lea Dohle

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Was hat die Leipziger bloß glauben lassen, dass sie etwas Besonderes sind? Ihr Auftritt war brutal mies und führte zur höchsten Niederlage der Vereinsgeschichte. Sie traten dickwadig auf wie Xaver Schlager, verteidigten hosenbodig wie Nicolas Seiwald und armefuchtelnd wie der Kapitän David Raum, stürmten talentverbergend wie Loïs Openda oder gleich lustarm wie der wechselwillige Xavi Simons. 

Ein Spiel ohne Ball wäre für Leipzig besser gewesen

Die Bullen spielten wie die Öchschen. Ihre (in Anführungszeichen) Kombinationen endeten deutlich vor der Mittellinie, sie ließen keine Ahnung erkennen, wie sie den Ball nach vorne bekommen wollten. Es wäre für sie besser gewesen, wenn das Ganze ohne ihn stattgefunden hätte. Diese Option sehen die Statuten allerdings nicht vor. Wie kleingeistig vom DFB wieder mal. 

Mit ihrem breitfüßigen Ungeschick unterforderten die Leipziger die Bayern. Die mussten für den Erfolg nicht viel tun. Sie haben starke Einzelspieler, die zeigten starke Einzelaktionen. Schüsse von Michael Olise und Luis Díaz landeten satt im Tor, Harry Kane begann sein drittes Jahr in München mit einem souveränen Hattrick. Sprinten musste er dafür nicht. Sogar der abgeschriebene Serge Gnabry tat mit. 

Ob die Bayern aber wirklich überzeugten, ließ sich kaum feststellen. In einigen ihrer Angriffe sah man wenig Bewegung. Leon Goretzka trat in der Zentrale selten gestalterisch in Erscheinung. Joshua Kimmich zeigte viel Belangloses, wenig Bedeutendes. Den Neuzugang Díaz, auf den alle besonders gespannt waren, setzten seine Mitspieler wenig in Szene. Und Jonathan Tah, der zweite Zugang, bekämpfte sehr intensiv die Angreifer, es klafften aber Lücken in der Abwehr, die ein guter Gegner nutzen kann. 

Saisonauftakt macht keine Lust auf mehr

Leipzig war einfach kein Gegner. Vor zwei Jahren gewann RB in München noch. Im vorigen Jahr verlor der Club zum Entsetzen des CEOs Oliver Mintzlaff, der gerne Meister werden würde, 1:5 in München. Dass es noch schlimmer kommen kann, hätte er nicht gedacht. „Wir haben direkt aufs Maul bekommen“, sagte David Raum. 

Ole Werner trug die Kappe tief im Gesicht. Seine Anweisungen in der Coaching Zone erreichten seine Spieler nicht. Später entschuldigte er sich bei den Fans. In Bremen war er nicht mehr gewollt. Es überraschte, dass das Assessment-Centre Jürgen Klopps seinen Namen ergab. 

Dass er sich mit seiner Mannschaft etwas erarbeitet hätte, war in München nicht auszumachen. Die wollen sieben Wochen geübt haben? Werner räumte die schlechte Leistung ein und sagte, er wolle alle Fehler ansprechen, damit er sie abstellen könne. Ob er in der Lage ist, eine Spitzenmannschaft zu führen, daran darf man weiterhin zweifeln. 

Das erste Saisonspiel soll eigentlich Lust auf mehr machen. Zwar kamen wie immer 75.000 Menschen nach Fröttmaning, doch dem Abend wohnte kein Zauber inne. Als die Nachspielzeit von sechs Minuten angezeigt wurde, stöhnte das Publikum. Es hatte genug. Und die Welt schaut immer zu, will wissen, was Deutschlands Fußball bietet. Diesmal hat die Welt vielleicht zur Halbzeit umgeschaltet. Die Spannung war längst raus. 

Ein netter Auftakt für die Bayern, ein peinlicher Abend für die Bundesliga.