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Mitten in Verhandlungen greift Trump zum Hörer. Der Anruf bei Putin war nicht geplant. Vizepräsident Vance schildert die Szene im Detail.
Washington, D.C. – US-Präsident Donald Trump hat erneut bewiesen, dass er sich von diplomatischen Regeln nicht bremsen lässt. Auch die Erwartungen der Europäer hielten ihn nicht von dem plötzlichen Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin ab, wie ein Bericht des Vizepräsidenten JD Vance zeigte. Unter MAGA-Anhängern wird der impulsive, diplomatische Stil gefeiert.
Der US-Präsident griff mitten in einer Verhandlungsrunde mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und mehreren europäischen Staatschefs zum Telefon, um Putin anzurufen. Nach Informationen der Bild war zuvor die Rede von einem von Russland verschleppten Kind. Schließlich soll Bundeskanzler Friedrich Merz Trump zu dem Anruf ermuntert haben. Das hat sich der Republikaner offenbar direkt zu Herzen genommen.
Telefonat mit Putin: Bei Verhandlungen mit Selenskyj und EU-Vertretern griff Trump zum Hörer. © IMAGO/White HouseEntgegen bekannter Diplomatie-Abläufe: Trump ruft Putin mitten in der Nacht an
Vance erinnert sich im Interview mit Fox News: „Es war etwa ein Uhr morgens Moskauer Zeit, und sie (die Europäer, Anm.) hatten keine Ahnung … Der Präsident sagte: ‚Wissen Sie, wir hatten ein ziemlich gutes Treffen. Ich werde Wladimir Putin anrufen und sehen, was er dazu sagt.‘ Und alle sagten: ‚Oh, Sie werden ihn nächste Woche anrufen?‘ Und er sagte: ‚Nein, wie spät ist es in Moskau? Rufen wir ihn gleich an!‘“
Die Europäer hätten sofort auf die Einhaltung diplomatischer Abläufe bestanden, so Vance. Trump aber „schneidet durch den Bullshit mancher dieser diplomatischen Protokolle und sagt: Ich mache das jetzt“, erklärte der Vizepräsident.
Trump trifft Putin in Alaska: Die Geschichte ihrer Beziehung in BildernFotostrecke ansehenMAGA-Anhänger feiern Trumps impulsive Diplomate – Putin-Selenskyj-Treffen könnte noch in weiter Ferne sein
Vance stellte die Unterschiede in der diplomatischen Herangehensweise mit harschen Worten gegenüber: „Viele Europäer sagten: ‚Nein, nein, nein, es muss eine ordentliche Überprüfung geben, und die Teams müssen das Telefonat vorbereiten, und bla, bla, bla, bla, bla.‘ Und der Präsident sagte: ‚Nein, nein, ich will mit dem Mann sprechen. Ich werde mit dem Mann sprechen.‘“
Auch der Alaska-Gipfel zwischen Trump und Putin hatte nur etwa eine Woche Vorbereitungszeit. Dabei war es das erste offizielle Treffen der beiden Regierungschefs seit 2018. Die Nacherzählung von Vance wird auf der Onlineplattform X von MAGA-Anhängern gefeiert. „Diese Art von Stil ist GENAU das, wofür ich gestimmt habe“, schrieb beispielsweise Eric Daugherty, stellvertretender Chefredakteur der rechtskonservativen Nachrichtenseite FL Voice, auf der Onlineplattform X.
Trump sei ein Macher, der keine Zeit verschwende, schrieben viele weitere Fans. Doch in Verhandlungen zum Ende vom Ukraine-Krieg scheint es nicht wirklich weiterzugehen. Viele Spitzenpolitiker betonen, dass ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj der nächste Schritt wäre. Laut Trump könnte ein solches Treffen schon ganz nah sein. Doch der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte am Freitag (22. August) NBC News: „Es ist kein Treffen geplant.“
Vance zeichnet Bild von Russland-Präsident: „Sanft“ und „Abwägend“ – Image von Vorteil für Putin?
Vance zeichnete im Gespräch mit Fox News auch ein alternatives Bild des Russland-Präsidenten. Der Vizepräsident habe laut eigenen Aussagen selbst „mehrfach“ mit Putin telefoniert. Russlands Präsident sei „sanfter im Ton, als man vielleicht erwarten würde“. „Die amerikanischen Medien haben ein sehr bestimmtes Bild von ihm. Er ist sehr abwägend. Er ist sehr vorsichtig.“
Putins Image als taktischer Stratege bleibt umstritten. Vance ist nicht der Erste, der ihn lobt. Schon 2001 sagte US-Präsident George W. Bush laut der Welt nach einem Treffen mit Putin: „Ich habe dem Mann in die Augen gesehen. Ich halte ihn für direkt und vertrauenswürdig. Ich war in der Lage, einen Eindruck von seiner Seele zu gewinnen.“ Bei dem Gipfel in Alaska könnte sich Putin sein Image zunutze gemacht haben. Wie die Financial Times berichtete, schaffte es Putin, die Gespräche mit Trump zu lenken, ohne substanzielle Zugeständnisse zu machen. (lismah)