Leipzig. Am Anfang war Trotz. Der Trotz eines Fans, der dazugehören wollte. Doch Paul Wenzel war erst 14. So ließ man ihn nicht rein in den Olsenbande-Fanclub. So machte er das, was ein echter Fan einfach machen muss: Er gründete seinen eigenen Fanclub. Das war 2000, in Radebeul, am 22. August. Den Club mit den verschlossenen Türen kennt heute keiner mehr, der von Paul Wenzel ist putzmunter – und feiert am 6. September im Welt-Theater in Frankenberg den 25. Geburtstag.
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Paul Wenzel reist dafür natürlich auch an – aus Jütland. Dort lebt er seit einiger Zeit und arbeitet für einen Ferienhaus-Vermieter. In jener Gegend, in der die Drehorte für „Die Olsenbande fährt nach Jütland“ (1971) liegen. Aus Jütland nach Frankenberg kommt auch Steffen Paatz. Er wohnte in Leipzig, als er 2003 in den Fanclub eintrat. Heute ist er sein zweiter Motor – mit zahlreichen Unterstützern in Deutschland. Was fasziniert bis heute so an diesem tölpeligen, dänischen Gauner-Trio? „Es sind handwerklich einfach gut gemachte Filme“, sagt der 54-Jährige, „ohne Gewalt, mit einem immer wiederkehrenden Schema.“ Wie Egon, Kjeld und Benny immer wieder an ihren großen Plänen scheitern, das fasziniert.
In einem kleinen Kino fing es an
Der Olsenbande-Fanclub Deutschland besucht die Bunkeranlagen in Jütland, in der Szenen für „Die Olsenbande fährt nach Jütland“ gedreht wurden.
Quelle: Andreas Heinrich
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An seinen ersten Olsenbande-Film kann sich Steffen Paatz nicht mehr erinnern, dafür umso mehr an die Kindheit in Bad Schmiedeberg. Da mussten Mittwochnachmittag im kleinen Orts-Kino immer drei, vier Leute sein, damit gespielt wird. So lud er großzügig und spendabel Klassenkameraden ein, wenn ein Olsenbande-Streich gezeigt wurde. So war die Vorstellung garantiert.
Die Faszination ist geblieben. „Ich habe die Filme schon unzählige Male gesehen, verliere aber nie das Interesse“, sagt Steffen Paatz. Als sie digital restauriert wurden, kamen nämlich plötzlich Dinge zum Vorschein, die vorher nicht zu sehen waren. So erkennt man nun in „Die Olsenbande sieht rot“, wo es früher bei Dunkelheit auf einer Treppe nur Schemen gab, plötzlich Stromkabel hinten an den Taschenlampen der Olsenbande.
DDR-Synchronisation machte die Filme lustiger als das Original
Lustig scheitern: Egon Olsen (Ove Sprogöe, Mitte), Benny (Morten Grundwald, li.) und Kjeld (Poul Boungaard) sind die Olsenbande. Die Filme werden immer wieder im MDR gezeigt, zuletzt Ende Mai.
Quelle: MDR/DEGETO
Der Film ist das achte Abenteuer der Kleinganoven – und eines von dreien, die in der DDR nicht ins Kino kamen. Zu schlecht, fand man beim eigentlich nicht allzu wählerischen DDR-Verleih Progress. Das Fernsehen sprang ein und strahlte aus. Zu seinen Lieblingsfilmen zählt Steffen Paatz „Die Olsenbande fährt nach Jütland“, „Die Olsenbande stellt die Weichen“ und „Die Olsenbande steigt aufs Dach“.
Alle natürlich in der DDR-Synchronisation. In der BRD floppte die Olsenbande: „Die Synchronisation war grottig.“ In der DDR wurden immer zusätzlich sprachliche Gags eingebaut, die sie lustiger als die dänische Fassung machten. Findet Steffen Paatz – und kommt auf eine kuriose Geschichte zu sprechen: Nach der Wende synchronisierte das ZDF fünf Filme neu, die jedoch kaum Zuschauer fanden. Als der Olsenbande-Fanclub mal einen zeigen wollte, lehnte das ZDF ab.
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Dänisch in der Volkshochschule
Natürlich sprechen Steffen Paatz und Paul Wenzel inzwischen Dänisch. 2004, als Paul nach Leipzig kam, fingen sie damit in der Volkshochschule an. Heute leben sie das dänische Lebensgefühl: „Es ist alles viel ruhiger, langsamer und entspannter. Familie und Gemütlichkeit sind sehr wichtig.“
Rund 4000 Mitglieder hat der Fanclub weltweit, darunter auch viele Dänen. Für den Club gibt es alle zwei, drei Jahre durchaus kostspielige, aufwendig zu organisierende Busreisen nach Dänemark – zu den Drehorten. So ging es 2024 nach Kopenhagen – und es wurde die Straßenbrücke Knippelsbro geöffnet. So wie in „Der (voraussichtlich) letzte Streich der Olsenbande“ 1974. Steffen Paatz: „Wenn man in Dänemark sagt, dass Olsenbande-Fans kommen, öffnen sich meist alle Türen.“ Das hilft dem Club, sein Ziel zu leben: „Wir wollen den Kult um die Olsenbande am Leben erhalten.“ Im Club jedenfalls kann jeder Mitglied werden. Auch der, der nicht alle Filme gesehen hat.
Fanclub hilft, das Olsenbande-Stellwerk in Kopenhagen zu retten
Wenn Steffen Paatz auf 25 Jahre Olsenbande-Fanclub Deutschland blickt, kommt er rasch auf ein paar Geschichten. So stieß der Fanclub die Rettung des vom Abriss bedrohten Stellwerks im Güterbahnhof Kopenhagen aus „Die Olsenbande stellt die Weichen“ an, tat sich mit dem dänischen Olsenbande-Fanclub zusammen – und die Dänische Staatsbahn spielte mit. Heute steht das Stellwerk in Gedser in einem Eisenbahnmuseum. „Wir mussten ziemlich viel Geld sammeln“, erinnert sich Stefan Paatz, „aber am Ende hat es geklappt.“ Paul Wenzel, der beim MDR gearbeitet hatte, drehte über die Rettung einen einstündigen Dokfilm.
Bei einer Führung durch Bunkeranlagen auf Jütland entdeckten Fans 2017 unversehens Styroporsteine, mit denen in „Die Olsenbande fährt nach Jütland“ einst eine Bunkerbahn-Zufahrt zugemauert war. Sie wurden ausgegraben und sind heute der Stolz eines Bunkermuseums.
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Ove Sprogøe (gestorben 2004), der den Egon Olsen spielt, hat Stefan Paatz leider nie getroffen. Er war schon zu krank, als der Olsenbande-Fan endlich nach Kopenhagen kam. Aber Morten Grunwald (Benny, 2018 gestorben), mit dem hatte er ein paar Gespräche. Auch mit dem inzwischen 68-jährigen Jes Holtsø, Kjelds Film-Sohn Børge, der als Jazzmusiker beim Fanclub-Treffen in Frankenberg auftritt. Poul Bundgaard (Kjeld) starb 1998 während des Drehs zur Dänemark-MDR-Koproduktion „Der (wirklich) allerletzte Streich der Olsenbande“. Was bleibt, sind Erinnerungen – und Entdeckungen. So funktioniert der Olsenbande-Fanclub – auch nach dem 25. Geburtstag.
Info: Fanclub-Treffen, offen für alle, im Welt-Theater Frankenberg, 6. September, ab 14 Uhr, mit Ausstellung, Film, Gesprächen und Konzert von Jes Holtsø und Morten Wittrock
LVZ