Porridge und Politik: Zum Frühstückstalk trafen sich gestern Johanniter-Bundesvorstand Thomas Mähnert, zwei Landes- und zwei Regionalvorstände sowie Bundespolitiker Adis Ahmetovic (SPD) und dessen Landtagskollege Ulrich Watermann.
Nur zwei Stunden Zeit, aber viele Themen… Gestern Vormittag schaute Bundesvorstand Thomas Mähnert, gerade für zwei Tage zu Besuch im LV Niedersachsen/Bremen, in der Geschäftsstelle des RV Niedersachsen Mitte vorbei. Auf einen ersten Austausch mit den Landes- und Regionalvorständen folgte ein „Frühstücks-Talk“, zu dem Torsten Bierbrauer und Katalin Soppart prominente Gäste eingeladen hatten: Bundespolitiker Adis Ahmetovic (SPD) und sein Kollege aus dem Niedersächsischen Landtag, Ulrich Watermann, waren zu Besuch und nach einer kurzen Begrüßung und Einführung durch den Regionalvorstand flogen die Themen schneller über den Tisch, als man gucken konnte.
Zum Thema Pflichtjahr
Thomas Mähnert befürwortet das vieldiskutierte Pflichtjahr, weiß aber auch um die Ablehnung bei der Jugend. Wundern tut es ihn nicht: „Zu meiner Zeit stellte sich nur die Frage, ob junge Männer den Wehr- oder den Zivildienst machen. Für viele Jugendliche von heute fühlt es sich nach einem gestohlenen Jahr an.“ Adis Ahmetovic: „Ich bin ebenfalls dafür, würde es aber anders nennen. Aus pädagogischen Gründen spreche ich mich für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr aus. Der Begriff muss entmilitarisiert werden, niemand soll Sorge haben, in einem solchen Jahr in den Krieg ziehen zu müssen. Ich könnte es mir als ein 12-Jahre+1 oder 10-Jahre+1-Modell vorstellen und glaube, dass es für viele junge Menschen ein Gewinn wäre.“
Zum Thema Pflegereform
Ulrich Watermann: „Wir erleben in der Fläche, dass nichts mehr funktioniert. Von den kleinen ambulanten Pflegediensten brechen viele durch Insolvenzen weg, gleichzeitig sind die demenziell Erkrankten eine stark anwachsende Gruppe.“ Adis Ahmetovic: „Der Druck ist zurzeit auf dem Land noch deutlicher zu spüren als in der Stadt. Eine neue Bund-Länder-Arbeitsgruppe arbeitet gerade an Eckpunkten, die 2026 in die Pflegereform mit einfließen sollen.“ Die JUH hat ihre Reformvorschläge dort eingereicht. Adis Ahmetovic: „Kann ich die schriftlich bekommen?“ – Ja klar!
Zum Thema Jugendhilfe
Regionalvorständin Katalin Soppart: „Die Johanniter betreiben im Großraum von Hannover bereits mehr als 25 Kindertagesstätten und ein Jugendzentrum. Wir wollen in Zukunft noch mehr in der Jugendhilfe aktiv werden und neue Angebote machen, ausreichend Expertise bringen wir dafür mit.“ Dazu Adis Ahmetovic: „Wirklich?? Das ist eine tolle Nachricht!“ Ulrich Watermann ist skeptisch: „Gerade im Bereich der Jugendhilfe ist der Fachkräftemangel deutlich zu spüren, die Finanzierung solcher Angebote ist auch nicht leicht.“ Dazu Thomas Mähnert: „Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist von der Rechtsform her ein Verein, dadurch müssen wir keine externen Renditeerwartungen erfüllen. Jeden Monat unterstützen uns 1,2 Millionen Fördermitglieder. Natürlich muss auch unser Tun auskömmlich sein, aber die Größe der JUH macht es möglich, dass wir einen Beitrag leisten können und etwas gegen die Bildungsarmut in unserer Gesellschaft tun wollen.“
Zum Thema Ärztlicher Bereitschaftsdienst
Ist der Wechsel im Ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Niedersachsen von der Kassenärztlichen Vereinigung an die Johanniter in diesem Sommer erfolgreich gelungen? Die Johanniter antworten geschlossen: Ja, aber… Thomas Mähnert: „Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.“ An einigen Stellen müsse nachgeschärft werden, beispielsweise in der Ersteinschätzung der Fälle durch Mediziner in der vorgeschalteten Teleklinik, die nicht von der JUH betrieben wird. Zu häufig würden von dort aus derzeit noch Ärzte anstelle des qualifizierten medizinischen Personals zu den Patienten geschickt, monieren Uwe Beyes und Hannes Wendler. Zweiter Kritikpunkt: Es dauert zu lange, bis nach Wählen der 116117 abgehoben wird. Was da helfen könne, fragen die zwei Politiker. „Wenn wir das System in seiner Gesamtheit übernehmen würden, dazu gehört auch die Ersteinschätzung am Telefon“, antwortet der Bundesvorstand. Ein funktionierendes System hinter der 116117 sei nicht nur leistbar, sondern würde den Rettungsdienst mittel- bis langfristig spürbar entlasten und das neue Verfahren zu einem bundesweiten Vorzeigeprojekt machen.