Wer beson­ders lange und inten­siv um den Verlust eines gelieb­ten Menschen trauert, hat ein um bis zu 88 Prozent erhöh­tes Risiko, in den nächs­ten 10 Jahren selbst zu verster­ben. Dies ist ein Ergeb­nis einer Langzeit­stu­die aus Dänemark. Bereits frühere, ähnli­che Studien liefer­ten vergleich­bare Befunde.

5 Min

Veröffentlicht 24.08.2025

Inhalt

  1. Zahlrei­che Werte deuten auf schlech­tere Allge­mein­ver­fas­sung hin
  2. Stärkere Unter­stüt­zung für Langzeit-Trauernde nötig
  3. Weitere Studie zu Auswir­kung von Trauer

Trauer
Studie zeigt: Eine inten­sive und langan­hal­tende Trauer­pha­ser senkt die eigene Lebens­er­war­tung (Symbol­bild).

Bild: Marco Di Bella / Adobe Firefly KI

Nach dem Tod eines naheste­hen­den Menschen gehört eine adäquate Trauer­phase zwar dazu, um den Verlust verar­bei­ten zu können – die Gefühle müssen heraus, und zugelas­sen werden, um das Gesche­hene nicht zu verdrän­gen und hinter­her nicht durch den Verdrän­gungs­pro­zess selbst zu erkran­ken.

Bleibt der Seelen­schmerz jedoch auch noch nach mehre­ren Jahren stark ausge­prägt, besteht eine stark erhöhte Gefahr, inner­halb der nächs­ten 10 Jahre nach dem Verlust­ereig­nis selbst zu sterben – laut einer aktuel­len Unter­su­chung tragen inten­siv und lange trauernde Menschen ein um 88 Prozent erhöh­tes Versterbe-Risiko mit sich gegen­über jenen, denen es gelingt, den Trauer­fall besser zu verar­bei­ten.

Dies ergab die Studie einer sechs­köp­fi­gen Forscher­gruppe um Mette Kjærgaard Nielsen von der dänischen Univer­si­tät Aarhus. Diese hatte von 2012 bis 2022 insge­samt 1.735 Menschen – Angehö­rige von bei Studi­en­start unheil­bar kranken oder bereits im Sterben liegen­den Patien­ten – beglei­tet, die den Tod eines engen Angehö­ri­gen zu verar­bei­ten hatten. Mittels eines Frage­bo­gens ermit­tel­ten sie mehrmals über den Zeitraum der Unter­su­chung hinweg den aktuel­len Grad des Trauer-Empfin­dens der Studi­en­teil­neh­mer.

Zahlrei­che Werte deuten auf schlech­tere Allge­mein­ver­fas­sung hin

Im Teilneh­mer­feld zeigten sich fünf typische Muster: erstens solche mit einer konstant niedri­gem Trauer-Niveau, zweitens mit einer mittle­ren, jedoch über die Zeit abneh­men­den Trauer-Inten­si­tät, drittens Angehö­rige mit hoher, aber ebenfalls über die Zeit abneh­men­der Inten­si­tät, viertens solche mit einer verzö­gert einset­zen­den Trauer, und fünftens solche mit einem konstant hohen Trauer-Empfin­den. Letztere Gruppe bestand dabei aus 107 Perso­nen, sechs Prozent der insge­samt unter­such­ten Fälle.

Zehn Jahre nach Studi­en­be­ginn waren aus der ersten Gruppe 7,3 Prozent der Menschen verstor­ben, aus der letzten Gruppe jedoch 21,5 Prozent. Um sonstige Einfluss­fak­to­ren wie Alter, Geschlecht oder Vorer­kran­kun­gen berei­nigt, kam das Forscher­team auf das 88-prozen­tig erhöhte Risiko bei beson­ders stark und dauer­haft trauern­den Menschen.

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Abseits des Sterbe­ri­si­kos zeigten sich bei dieser Gruppe zahlrei­che weitere Werte erhöht, die auf einen schlech­ten seeli­schen Zustand und eine niedri­gere Lebens­qua­li­tät hindeu­ten: Im Vergleich zu den Perso­nen mit niedrig ausge­präg­tem Trauer­emp­fin­den brauch­ten sie knapp dreimal häufi­ger psycho­the­ra­peu­ti­schen Beistand, ganz beson­ders psycho­lo­gi­sche Notfall­be­treu­ung außer­halb der regulä­ren Sprech­zei­ten.

Ebenfalls fast dreimal häufi­ger verbrei­tet war die Einnahme von angst­dämp­fen­den oder sedie­ren­den Medika­men­ten, fast sechs­mal häufi­ger kamen Antide­pres­siva zum Einsatz. Auch die Zahl der Arztbe­su­che sowie die Inanspruch­nahme von ärztli­chen Notdiens­ten war bei der stark und inten­siv trauern­den Gruppe der Studi­en­teil­neh­mer um bis das Doppelte höher.

Stärkere Unter­stüt­zung für Langzeit-Trauernde nötig

Offen­bar wirkt sich die schlechte seeli­sche Verfas­sung konkret aufs körper­li­che Wohlbe­fin­den aus: Anhal­ten­der Trauer­stress könne zu erhöh­tem Blutdruck, erhöh­tem Corti­sol­spie­gel, einem höheren Diabe­tes­ri­siko und psychi­schen Proble­men führen, zitiert das Nachrich­ten­por­tal t‑online.de die nicht an der Studie betei­ligte Kardio­lo­gin Sian Harding vom Imperial College London.

„Diese Ergeb­nisse bestä­ti­gen unsere frühe­ren Erkennt­nisse, dass Angehö­ri­ger mit dauer­haf­ter, hoher Trauer-Inten­si­tät verletz­lich sind und bereits vor dem Tod ihres Angehö­ri­gen einen höheren Bedarf an medizi­ni­scher Allge­mein­ver­sor­gung haben“, schreibt das Studien-Autoren­team. „Außer­dem benöti­gen diese Angehö­ri­gen mehr Psycho­phar­maka, obwohl sie bereits verstärkt psycho­the­ra­peu­ti­sche Unter­stüt­zung hinzu­zie­hen.

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Dies deutet darauf hin, dass die bestehen­den Inter­ven­tio­nen nicht ausrei­chend sind, da diese Gruppe langfris­tige Hilfen benötigt.“ Die aktuel­len Erkennt­nisse unter­stri­chen den Bedarf nach zielge­nauer, langfris­ti­ger Unter­stüt­zung, gerade in der medizi­ni­schen Grund­ver­sor­gung, um den Bedürf­nis­sen dieser Hochri­si­ko­gruppe von trauern­den Angehö­ri­gen adäquat zu begeg­nen.“

Weitere Studie zu Auswir­kung von Trauer

Die Ergeb­nisse decken sich mit einer frühe­ren, ähnli­chen Unter­su­chung, ebenfalls von der Univer­si­tät Aarhus: Demnach haben auch Mütter und Väter, die den Tod ihres Kindes verkraf­ten mussten, ein erhöh­tes Sterbe­ri­siko gegen­über Eltern, deren Kinder am Leben sind. In einer Studie von 2003 hatten die Forscher hierzu mehr als 21.000 Eltern beglei­tet, deren Kinder zwischen 1980 und 1996 verstor­ben waren. Sie vergli­chen die Ergeb­nisse aus dieser Gruppe mit 300.000 Eltern, deren Kinder leben.

Es zeigte sich, dass Mütter ein vierfa­ches Risiko haben, bis zu vier Jahre nach dem Tod des eigenen Kindes einen schwe­ren Unfall zu erlei­den oder sich selbst das Leben zu nehmen. Ihr Krebs­ri­siko stieg laut Unter­su­chung um 44 Prozent; auch das Risiko für andere schwere Krank­hei­ten, etwa des Herz-Kreis­lauf-Systems, war erhöht. Bei Vätern steigerte sich das Unfall- oder Suizid­ri­si­kos um das Doppelte.

Auch hier vermu­ten die Forscher Trauer und Stress als Ursachen für das erhöhte Risiko. Extrem­ereig­nisse wie der Verlust des eigenen Kindes könnten zudem dazu führen, weniger gesund zu leben.