Die Sonne blinzelt durchs Laubdach uralter Bäume, dahinter erstrecken sich weite Wiesen und Wälder. Vögel zwitschern, und frischer Kaffeeduft zieht über die Frühstücksterrasse von Schloss Sigrön … Stopp! So ein Texteinstieg wird doch von jedem Redakteur sofort wegen Klischee-Overkill gestrichen! Zu Recht – wir sind ja nicht bei den Guldenburgs.

Aber sorry: In diesem Fall geht es nicht anders. Denn das hier ist keine Kulisse aus einer 80er-Jahre-TV-Serie, sondern real existierendes Idyll: Im nordwestlichen Zipfel von Brandenburg, auf halber Strecke zwischen Hamburg und Berlin, geht mit dem Superior-Campingplatz Schloss Sigrön ein außergewöhnliches Campingprojekt jetzt in seine erste volle Saison. Mit viel Natur und Luxus pur. Und einer spannenden Historie inklusive.

Erster Anlaufpunkt für Hotelgäste: die Rezeption. Die Nacht in einer Suite kostet ab 160 Euro, im Appartement ab 145 Euro (je inkl. Frühstück).

Bild: Sven Krieger

62 Stellplätze mit angeschlossenem Schlosshotel auf Vier-Sterne-Niveau, Restaurant, Sauna, Pool und allem Pipapo – ausgerechnet hier, wo sich jahrzehntelang nur Fuchs und Hase angenehme Nachtruhe wünschten, haben sich Svenja und Wolfgang Schwarte ihren ganz persönlichen Traum erfüllt. Die ehemaligen Automobilmanager aus Niedersachsen erwarben vor dreieinhalb Jahren das sanierungsbedürftige Schloss samt vier Hektar parkähnlichem Grund und eröffneten Ende vergangenen Jahres nach aufwendiger Renovierung einen Premium-Campingplatz für gehobene Ansprüche (www.schloss-sigroen.de).

Bürokratische Hürden zum Glück gering

Wie es dazu kam? „Der Wunsch, sich selbstständig zu machen, war schon lange präsent, und während der Coronazeit haben wir uns dann entschlossen, einen beruflichen Neuanfang zu wagen“, erzählt Wolfgang Schwarte (48). Da er, seine Frau Svenja (47) und die beiden Kinder (12 und 13) begeisterte Camper sind, lag die Idee nahe, es selbst als Betreiber eines großen, landschaftlich einzigartig gelegenen Campingplatzes zu versuchen. „Das Schloss mit dem weitläufigen Gelände drumherum haben wir dann zufällig über eine Kleinanzeige entdeckt“, sagt Svenja Schwarte. Eine Besichtigung reichte, um zu wissen: „Das hat Potenzial und ist genau das, was wir suchen.“

Highlight im Schlosshotel ist die Hochzeitssuite.

Bild: Sven Krieger

Unvermeidliche bürokratische Hürden, die in so einem Fall zu nehmen sind, erwiesen sich als niedriger als befürchtet. Politik und Verwaltung legten den Schwartes keine großen Steine in den Weg, begleiteten das Projekt im Gegenteil mit Wohlwollen – natürlich in der Hoffnung, das neue touristische Highlight möge viele Besucher in die strukturschwache Region locken. Ob es so kommt, ist natürlich nicht garantiert. Aber die Aussichten sind sehr vielversprechend.

Nach einer Kernsanierung aller vier jeweils 350 Quadratmeter großen Schlossetagen und der Umgestaltung des Parks zu einem Campingplatz ging es im August 2024 unter dem Motto „Luxus Natur“ los. Im verwunschenen Schlosshotel beherbergen nun fünf nach historischem Vorbild gestaltete Suiten komfortverwöhnte Gäste. Prunkstück: Die 65 Quadratmeter große Hochzeitssuite im Turmeck mit frei stehender Badewanne und schönem Ausblick auf die umliegenden Ländereien. Im ehemaligen Heizungskeller wurde eine moderne Sauna nebst Ruhebereich installiert, Restaurant und Sonnenterrasse locken mit kulinarischen Erlebnissen.

Die neu eingebaute, moderne Sauna steht Campern wie Hotelgästen zur Verfügung.

Bild: Sven Krieger

Alles kann ohne Aufpreis auch von Campern genutzt werden. Das Areal bietet mit seiner weitläufigen Anlage Platz für Caravans und Reisemobile jeder Größe. Elektrischer Strom (16 Ampere) bis zu einem Verbrauch von 5 kWh pro Tag sowie Wasser sind inklusive. Zusätzlich stehen ein Gästehaus mit drei Apartments und vier zu Tiny Houses umgebaute ehemalige Zirkuswagen zur Verfügung. Überall gibt es schnelles WLAN. Aber auch wer hier sein kleines Zelt aufschlagen möchte, ist willkommen. „Wir haben keine Zwei-Klassen-Gesellschaft“, betont Wolfgang Schwarte. „Camper nutzen die Sauna und die Hotelbar genauso selbstverständlich wie Hotelgäste den Pool auf dem Campingplatz.“

18 mal 6 Meter großer beheizbarer Naturpool

Auf dem Platz treffen die AUTO BILD REISEMOBIL-Reporter an diesem sonnigen Tag zum Beispiel Familie Adermann aus Bestensee in der Nähe von Berlin. Vater Felix (36) und Mutter Melanie (42) sind mit den Töchtern Matilda (11) und Yola (4) im Bürstner-Belcanto-Caravan angereist. Sie haben Schloss Sigrön über die „park4night“-App gefunden. „Wir nutzen alles, was der Platz und das Schloss zu bieten haben“, sagt Felix Adermann. „Bis jetzt waren wir jeden Tag in der Sauna, haben im Restaurant gegessen und in der Hotelbar den einen oder anderen Drink genommen.“ Besonders erwähnt der Familienvater das moderne und blitzsaubere Sanitärhaus mit Duschen und Waschgelegenheiten. Wer noch mehr Wert auf Privatsphäre legt, kann während des Aufenthalts auch eines der zwölf luxuriösen Privatbäder zur Alleinnutzung mieten.

18 mal 6 Meter zum Planschen und Schwimmen im Naturpool – und drumherum reichlich Platz zum Entspannen.

Bild: Sven Krieger

Ebenfalls beliebt bei Familie Adermann wie anderen Gästen ist der 18 mal 6 Meter große, beheizbare Naturpool aus Massivholz, der – nun saniert – in das ehemalige Poolbecken aus früheren Jahrzehnten eingearbeitet wurde.

Alles wurde erneuert und modernisiert

Womit wir bei der bemerkenswerten Historie der Immobilie wären. Um 1910 als Jagdschloss erbaut, hat das alte Gemäuer nämlich eine wechselvolle und nicht immer in den hellsten Tönen schillernde Geschichte hinter sich. In den 1930er-Jahren verdiente sich der damals noch kaum bekannte Architekt Albert Speer mit der Umgestaltung des Eingangsbereichs erste Lorbeeren, später diente das Schloss als Versteck für seine Raubkunst. In der DDR war es lange Zeit ein Heim für schwer erziehbare Jungen, ehe es ab 2010 zehn Jahre ein älterer Herr bewohnte, der unter anderem auch mit Antiquitäten handelte. Dann kam die Familie Schwarte – und lüftete (bildlich wie wörtlich) mal so richtig durch.

Alles vom Keller bis zum Dach wurde erneuert und modernisiert. „Wir wollen aber auch die Vergangenheit nicht unter den Teppich kehren, gehen offen damit um“, sagen die neuen Schlossbesitzer. Für ehemalige Heimbewohner haben sie deshalb auch schon Führungen durch das vollständig erneuerte Gebäude organisiert.

Idyllische Camping-Atmosphäre – inklusive Blümchen vor dem Fenster.

Bild: Sven Krieger

Die meisten Gäste kommen allerdings nicht wegen der Historie, sondern wegen des Komforts, der Ruhe und der malerischen Landschaft nach Sigrön. Weitläufige Felder, Wiesen und Wälder bieten sich für Wander- und Fahrradtouren an, die Elbe und historische Ortskerne sind attraktive Ausflugsziele. Die Schwartes selbst schätzen vor allem die Weite und Stille der Landschaft.

„Ein Ort zum ‚Runterkommen‘ und Seele baumeln lassen“, wie sie selbst sagen. Als Zielgruppe sehen sie daher eher Ruhe suchende Urlauber als Partycamper. Entschleunigung bei Vogelgezwitscher und Schlosszugang. Das findet man in dieser Kombination nicht oft.