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Die Hardcover-Ausgabe von Harry Mulischs Roman ist nur noch antiquarisch erhältlich. Lesenswert ist das Buch allemal, ob alt oder neu als Taschenbuch.Die Hardcover-Ausgabe von Harry Mulischs Roman ist nur noch antiquarisch erhältlich. Lesenswert ist das Buch allemal, ob alt oder neu als Taschenbuch. © Horn, Kathrin

Einen „Totalroman“ verfasste der Autor Harry Mulisch mit „Die Entdeckung des Himmels“. Ein Buch, das man immer und immer wieder lesen kann.

Schwäbisch Gmünd. Faustisch geht’s los, und faustisch geht es als Umrahmung der vier Teile von „Die Entdeckung des Himmels“ weiter: Ein Himmelswesen berichtet einem anderen im Detail, wie schwierig es gewesen sei und welche Umstände es bereitet habe, einen Menschen hervorzubringen, der „den“ Auftrag erfüllen könne. In diesem Rahmen reflektiert der niederländische Autor Harry Mulisch mit enzyklopädischem Wissen über „Gott und die Welt“, Philosophie, Buchstaben, Technologie, Politik, Luzifer, die Zeit und die Menschen – und über diejenigen, um die es geht.

Die Protagonisten

Das sind zunächst Max Delius und Onno Quist. Die beiden ungleichen Freunde treffen einander in einer Winternacht in Den Haag: Onno Quist, Sprachengenie, chaotischer Sohn einer wohlhabenden, konservativen Politiker-Familie, und Max Delius, Astronom, Sohn einer jüdischen Mutter und eines NS-Offiziers. So gegensätzlich diese beiden Männer sind, sind sie ebenso in sich selbst voller Kontraste. Und bleiben doch aneinander gebunden, über eine lange Zeit, in der sie die Geschichte begleitet.

Quinten

Ada, eine Cellistin, stößt zu ihrem Bund dazu. Sie wird bei einer Reise nach Kuba ein Kind empfangen: Quinten. Der Mensch, der den Auftrag erfüllen kann. Zusammen mit seinem Vater Onno gelingt ihm dies. Allerdings viel später in der Geschichte, zwischen angenehmen und unangenehmen Begegnungen, zwischen Amsterdam, Rom und Jerusalem.

Überall etwas zu entdecken

Inmitten ihrer Reisen, dem Entziffern von Bildern, Schriften und Geheimnissen, offenbart Mulisch seinen Leserinnen und Lesern eine ganze Welt. Voller Personen, Persönlichkeiten, Unpersönlichkeiten. Voller Gegensätze und mit der Frage, wie sehr Zufälle in unserem Leben wohl wirklich Zufälle sind. Und mit Überlegungen, Thesen, Sprachen. Mit unterschiedlichsten Menschen, Wirren, Wissen, Neugier und Himmelswesen.

Harry Mulisch

Harry Mulisch war selbst Sohn einer niederländischen Mutter und eines österreichischen Offiziers. Immer wieder hat er sich mit der Nazizeit beschäftigt, etwa in seinem großartigen Roman „Das Attentat“ oder in seiner Schilderung des Eichmann-Prozesses („Strafsache 40/61“). In Max Delius beschreibt Mulisch wohl einen Teil seiner selbst. Sein holländischer Autorenkollege Cees Notteboom erzählt in seinem Nachruf für Mulisch (Die Zeit, 4. 11. 2010: „Er wog die Welt“) von den Montagabenden, an denen sich Mulisch mit seinen Freunden zum Essen und Diskutieren traf. Mulischs enormes Wissen und seine Ironie spiegeln sich in Onno wider.

Zum Immer-Wieder-Lesen

Ein Buch wie eine warme Decke, die hin und wieder ein bisschen kratzt. Die man immer wieder hervorholen kann, wenn man über die kleinen und großen Fragen nachdenken, den Blick weit über das Alltägliche hinaus richten möchte. Nicht umsonst als „Totalroman“ bezeichnet.

Es ist vollbracht

Und der Auftrag? Dem Himmel die Tafeln der Zehn Gebote zurückbringen und somit den Bund zwischen Gott und den Menschen aufheben – da sich die Menschheit sowieso nicht daran hält. Von Kathrin Horn

Die Entdeckung des Himmels (De ontdekking van de hemel), Harry Mulisch: 880 Seiten, erschienen 1995, erhältlich bei Rowohlt Taschenbuch ( ISBN978-3-499-13476-0). Preis: 18 Euro

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