Union Berlin, daran erinnerte der Stadionsprecher vor Anpfiff, geht nun schon in seine siebte Saison in der Bundesliga. Eine Marke ist der Klub dort längst. Was das Markenbild angeht, fällt die Bewertung allerdings mitunter auseinander. „Das war so ein bisschen Union-Berlin-Fußball“, sagte Torwart Frederik Rönnow, der das im Lichte des 2:1-Siegs über den VfB Stuttgart als Prädikat verkaufen durfte: „Gut verteidigt, gekämpft.“
Als kurz darauf der Stuttgarter Jamie Leweling ein „typisches Union-Spiel“ identifizierte, klang das ähnlich, aber doch ganz anders. Und so, wie der VfB-Sportvorstand Fabian Wohlgemuth, ein Mann mit Berliner Vergangenheit, über das sprach, was Köpenicker Markenkern ist, meinte man den Widerwillen regelrecht zu spüren.
„Wenn man zu Union Berlin fährt, weiß man, was einen erwartet“, sagte er. „Man muss sofort auf Betriebstemperatur sein, man weiß, dass man uns wehtun will, man weiß, dass man unseren Spielfluss stören will, man weiß, dass Union auf Konter lauert.“
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Vielleicht war es Teil des Stuttgarter Problems an diesem Nachmittag, dass schon die Vorstellung, sich mit diesem schrecklich widerspenstigen Union-Fußball auseinandersetzen zu müssen, ein unangenehmes Gefühl erzeugte. Jedenfalls spielten die Schwaben insbesondere in der ersten Halbzeit, als gebe es nicht nur gegen den äußeren Widerstand, sondern auch einen inneren, der sie irgendwie davon abhielt, so richtig aus sich herauszukommen.
Sollte der Glaube gewesen sein, allein mit spielerischen Mitteln und mithin im Stile einer Spitzenmannschaft zum Erfolg kommen zu können: Er trog. Gut und einstudiert sah es schon aus, wie Angelo Stiller im Zentrum und Maximilian Mittelstädt und Leweling auf der linken Seite den Ball laufen ließen.
Aber am Ende doch ein bisschen zu manierlich, als dass aus diesem Dreieck zwingend etwas Magisches hätte entspringen müssen. Mit Recht verwiesen die Stuttgarter zwar nicht nur auf ihren Anteil am Ballbesitz (knapp 70 Prozent), die Zahl der am Ende herausgespielten Torchancen sowie auf die der Aluminiumtreffer: drei. Aber den Eindruck, dass dennoch etwas fehlte, stritten sie nicht ab.
Die Frage war nur: Wie viel? Und vor allem: Wie schnell lässt sich das (wieder)finden? Auf den VfB sind in dieser Saison einige Erwartungen gerichtet, auch eigene. Ein eingespieltes Team, etliche ausgezeichnete Fußballer, der von den Bayern begehrte Nick Woltemade weiter dabei (wenngleich in Berlin in einer Schattenversion seiner selbst und einer ebensolchen Konstellation mit Ermedin Demirovic und Deniz Undav) – daraus sollte sich weiterhin etwas machen lassen.
Unter einer Bedingung allerdings, die Wohlgemuth mit Blick auf die aus der Vorsaison verschleppten „Kopfthemen“ formulierte: „Wir müssen schnell, schnellstens in die Spur kommen, diese Dinge anzunehmen.“ Am Dienstag steht für den VfB das Pokalspiel in Braunschweig an, und der Titelverteidiger sollte zusehen, dass sich das Maß der Vorfreude nicht in diesem Satz von Leweling kondensiert: „Wir müssen da hin.“
Bei Union hatte man seine Freude daran, wer und wo man ist, und ganz konkret auch an den beiden Premierentreffern des aus Paderborn gekommenen Ilyas Ansah. Die nötige Dosis Demut lieferte Trainer Steffen Baumgart in seinem Fazit mit. „Alle Statistiken sprechen gegen uns – bis auf die wichtigste.“ Man darf wohl sagen: Marke trockener Humor.