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Neue Strategie gegen Russlands Shahed-Terror entwickelt: Die Sting-Drohne punktet mit Geschwindigkeit. Damit plant die Ukraine das Ende der Defensive.

Kiew – „Wie der Krieg in der Ukraine zeigt, gibt es derzeit keine wirksame Lösung für die Bedrohung durch Drohnen auf dem Schlachtfeld“, schreibt David Hambling. Im Magazin CTC Sentinel der US-Militärakademie West Point thematisiert er die notwendig werdenden Reaktionen auf verschiedene Drohnentypen im Rahmen des Ukraine-Krieges. Den größten Schrecken verbreitet Wladimir Putins aktuell durch Shahed-Drohnen mit Düsenantrieb. Ein weiterer ukrainischer Hersteller will jetzt ein Mittel dagegen gefunden haben.

Selenskyjs neue Hoffnung: „Das macht das System wahrscheinlich zu einer der schnellsten Kampfdrohnen“

Wie der Business Insider (BI) berichtet, habe das ukrainische Unternehmen Wild Hornets behauptet, dass seine Abfangdrohne „Sting“ mehr als 300 Kilometer pro Stunde schnell fliegen könne. „Das macht das System wahrscheinlich zu einer der schnellsten Kampfdrohnen mit sogenannten „First Person View“ (FPV)“, schreibt BI-Autor Matthew Loh. Um den Shahed-Drohnen Herr zu werden, hat der Westen kein Mittel geliefert, beziehungsweise ist Russland in der Entwicklung vorangeschritten und hat überkommene Luftabwehrwaffen gegen die ursprünglichen Shahed-Drohnen ausgehebelt; beispielsweise den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard, der sich eingangs des Ukraine-Krieges erfolgreich behauptet hat.

Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die UkraineKampfflugzeug des Typs „Gripen“ aus Schweden Fotostrecke ansehen

Inzwischen können die düsenbetriebenen Shahed-Drohnen sowohl höher als auch schneller fliegen, so dass Maschinenwaffen aufgrund ihrer mangelnden Reichweite weitgehend ausgedient haben. Tatsächlich ist die Ukraine bemüht, „die Grenzen ihrer FPV-Abfangjäger zu erweitern“, wie der Business Insider berichtet. Die Shahed-Drohnen gelten nach dem Gleitbomben-Terror aktuell als die gefährlichste Waffe Russlands gegenüber der Ukraine.

Die Dramatik liege weniger in der Waffe selbst, sondern in ihrem Auftreten, der einem Heuschrecken-Schwarm ähnelt: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe kürzlich betont, dass es im Jahr 2024 undenkbar gewesen sei, dass der Feind mehr als 100 an einem einzigen Tag einsetze, dies jedoch inzwischen alltäglich sei, schreibt Cristian Segura. Dem Autor der spanischen Tageszeitung El País zufolge habe der Geheimdienst des ukrainischen Verteidigungsministeriums (GUR) zuletzt geschätzt, die russische Industrie könne maximal 170 Stück dieser Langstrecken-Bomber produzieren. Pro Tag. Inzwischen ginge die Ukraine davon aus, dass die Stückzahl auf 190 gestiegen sei.

Oder aber Maxon verhindert das. Das System des ukrainischen Start-ups soll umfangreichere Territorien sichern können und aus mehreren Komponenten bestehen, so Sofiia Syngaivska im Defense Express. Das Prinzip ähnele dem einer Patriot-Batterie mit Detektoren, Feuerleitständen und Feuereinheiten. Erkennungs- und Zielsysteme würden sowohl vom Boden aus als auch in der Luft arbeiten, die Feuerbefehle würden dann an Abfangdrohnen weitergegeben werden. Wild Hornets gilt neben Maxon als weiterer Anbieter einer finalen Lösung für den Shahed-Horror. Das Unternehmen gebe an, dass die Abfangdrohne in den vergangenen zwei Monaten mehr als 200 Shaheds und Gerbera-Drohnen abgeschossen habe, schreibt Roman Sudolsky. Sein Magazin The Defender veröffentlicht ein von Wild Hornets zur Verfügung gestelltes Foto einer an eine Rakete erinnernden Drohne von der Länge eines Männer-Unterarmes.

„Jedes Strukturelement wird aus Dutzenden von professionellen Soldaten bestehen, die gemeinsam eine schlagkräftige Kampftruppe bilden. Dies ist keine kurzfristige Verstärkungsmaßnahme, sondern die Entwicklung einer systemischen Fähigkeit, die zu einer Schlüsselkomponente im operativ-taktischen Kampf gegen feindliche Drohnen wird.“

Eine der letzten Trümpfe der Ukraine: „Unsere mobilen Luftabwehreinheiten verlieren an Effizienz“

Die Drohne sei mit einem KI-basierten Zielleitsystem ausgestattet, schreibt das Magazin. Außerdem will The Defender wissen, dass die Waffe bis auf mehr als 300 Kilometer pro Stunde beschleunigt haben soll, beziehungsweise dazu in der Lage sei. „Damit ist die Sting eine der schnellsten First-Person-Kampfdrohnen,“, so Sudolsky. Weitere Informationen basieren auf Verlautbarungen des Unternehmens. Möglicherweise ist die Ukraine tatsächlich aktuell getrieben davon, neue Drohnen entwickeln zu müssen, um den Terror Russlands einzudämmen. „Der vielleicht vielversprechendste Schutz gegen Drohnen vom Typ Shahed sind neue Abfangdrohnen“, schreibt David Hambling für die West Point Akademie und verweist auf einen Artikel des Magazins Militarnyi vom Mai 2025.

Auch zu der Zeit hatte das Magazin auf ein Sting-Modell von Wild Hornet verwiesen und berichtet über ein Video, dass den Abschuss einer Shahed-Drohne durch einen Quadrocopter dieses Typs belegen sollte. Die damalige Version habe eine Geschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde erreicht gehabt – allerdings seien die Düsen-Shaheds auch erst später an der Front erschienen. Anfang August hat Politico die Not der ukrainischen Luftabwehr durch Serhii Beskrestnov in Worte fassen lassen: „Unsere mobilen Luftabwehreinheiten verlieren an Effizienz. Shahed-Drohnen fliegen jetzt in großen Höhen. Unsere elektronischen Kampfsysteme verlieren an Bedeutung, weil die Russen leistungsstärkere Antennen einsetzen und unsere elektronische Kampfführung unterdrücken“, sagte gegenüber dem Magazin der Berater des ukrainischen Militärs und Leiter der Nichtregierungsorganisation Radio Technologies Center.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Charkiw und sein Assistent decken eine russische Shahed-Drohne ab.Sicherung von Beweisen des Terrors gegen die Zivilbevölkerung: Dmytro Chubenko (hinten), Sprecher der Staatsanwaltschaft Charkiw, und sein Assistent bedecken eine russische Shahed-Drohne, die von der ukrainischen Luftabwehr in Charkiw abgeschossen wurde. Gleichzeitig suchen Militär und Industrie nach einem Weg, mehr Abschüsse möglich zu machen. © Ivan Samoilov/AFPHürde im Ukraine-Krieg: Vor allem im Militär Zweifel an der Tragfähigkeitkeit von Innovationen

Laut Howard Altman kämpfe die Ukraine „verzweifelt gegen die wachsende russische Bedrohung“ durch Shahed-136-Drohnen. Der Autor des Magazins The War Zone (TWZ) bezieht sich auf eine Einschätzung des ukrainischen Magazins Counteroffensive Pro, nach der gegen die aktuelle militärische Lage einzig und allein weiter entwickelte Abwehrdrohnen helfen könnten. Allerdings behauptet das Magazin, dass sich die Ukraine in deren Entwicklung offenbar selbst im Wege stehe – entgegen vieler Publikationen, laut derer sich die Ukraine ihrer Innovationskraft rühme: In vielerlei Hinsicht müsse die Ukraine aufholen, weil die Kommandeure der Luftstreitkräfte Innovationen ablehnten, zitiert Counteroffensive Pro Serhii Sternenko.

Laut dem Gründer des Wohltätigkeitsfonds „Sternenko‘s Community“ bestünden also vor allem im Militär Zweifel an der Tragfähigkeitkeit von Innovationen. Diese Zweifel würden sich in der Rüstungswirtschaft fortsetzen, so das Magazin anhand von Aussagen eines anonymen Herstellers: Der klage über die „Unsicherheit über die Zukunft möglicher Aufträge und die Angst vor Investitionsverlusten, wenn kein Auftrag zustande käme“. Mit dem Auftauchen der Düsen-Shaheds scheint die Zeit der Drohnen aus dem Baumarkt vorbei zu sein; Drohnen für den Angriff beziehungsweise für die Abwehr agieren inzwischen auf einem technisch ausgefeilteren Niveau.

Russland mit Drohnen im Vorteil? Erfolgsquote der Angriffe von fünf auf 15 Prozent gestiegen

„Eine Abfangdrohne, die einen Shahed abschießen kann, muss nicht nur schnell, sondern auch leicht genug sein, um eine hohe Manövrierfähigkeit zu gewährleisten. Sie muss außerdem lange genug in der Luft bleiben, um zum Ziel zu gelangen, und der Bediener muss in der Lage sein, die Route schnell anzupassen, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren“, schreibt Counteroffensive Pro über die gestiegenen Anforderungen an einen Shahed-Killer. „Es ist eine Frage der Zeit, bis wir anfangen, Shaheds massenhaft abzuschießen“, sagt Rudolf Akopian gegenüber Politico. Autorin Veronika Mekozerova zitiert mit dem Direktor für strategische Kommunikation beim ukrainischen Militärtechnologieunternehmen General Cherry einen weiteren Anbieter auf diesem scheinbaren Wachstumsmarkt.

Fakt ist, dass die Ukraine auch in dieser Waffengattung offensichtlich aktuell in der Defensive steckt. Gegen die Shahed mit Düsenantrieb und ihrer Geschwindigkeit von mindestens 200 Kilometern pro Stunde scheint die Ukraine bisher noch kein wirksames Mittel gefunden zu haben. Immerhin wirken Putins Drohnen weniger gegen punktuelle militärische Ziele, sondern eher in der Fläche und gegen zivile Einrichtungen. TWZ-Autor Howard Altman berichtet, dass Russland sowohl die Produktion seiner Drohnen hochfahre als auch eine stärkere Durchlässigkeit seiner Angriffe erzwinge; ihm zufolge sei die Erfolgsquote der Angriffe von fünf auf 15 Prozent gestiegen. Daneben würden sie auch aufgrund von Künstlicher Intelligenz in ihrem Angriffsverhalten unvorhersehbarer.

Altman zufolge arbeite die Ukraine neben der Entwicklung geeigneter Drohnen auch an der Ausbildung von Spezialisten gegen diese russische Angriffswaffe, wie er Andrii Danyliuk zitiert. Der Hauptmann und Leiter der Luftverteidigungsabteilung des 1. Korps der ukrainischen Nationalgarde Asow spricht gegenüber The War Zone von UAS- und FPV-Abfanggruppen sowie Analyse- und Supportpersonal“ (Unmanned Aircraft System beziehungsweise First Person View) in der Sollstärke mehrerer Batterien, wie ihn TWZ zitiert: „Jedes Strukturelement wird aus Dutzenden von professionellen Soldaten bestehen, die gemeinsam eine schlagkräftige Kampftruppe bilden. Dies ist keine kurzfristige Verstärkungsmaßnahme, sondern die Entwicklung einer systemischen Fähigkeit, die zu einer Schlüsselkomponente im operativ-taktischen Kampf gegen feindliche Drohnen wird.“