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Chinas Autohersteller beliefern Europas Märkte nun mit Plug-in-Hybriden anstelle von E-Autos – und die EU bringt damit ihre eigenen Klimaziele in Gefahr.

Peking – Im ersten Halbjahr 2025 verkauften chinesische Hersteller 364 Prozent mehr Plug-in-Hybride in die EU als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus einem Bericht des Handelsblatts unter Berufung auf Daten des Marktforschungsunternehmens Dataforce hervor. Einen ähnlichen Trend hatte auch eine Untersuchung von Reuters im Mai ergeben. Seit Oktober 2024 erhebt die EU Strafzölle von bis zu 35 Prozent auf chinesische Stromer, bei einem Plug-in gilt hingegen nur der Basiszoll von 10 Prozent. Mit ihrer Offensive umgehen chinesische Autohersteller nun die höheren Zölle, schwächen EU-Hersteller und verschieben Märkte.

Container warten im Umschlagbahnhof. Chinas Autohersteller fanden bei den EU-Zöllen unlängst einen Ausweg (Symbolbild).Container warten im Umschlagbahnhof. Chinas Autohersteller fanden bei den EU-Zöllen unlängst einen Ausweg (Symbolbild). © 
IMAGO / Wolfilser

„Viele Hersteller aus China haben ihre Vertriebsstrategie geändert und setzen verstärkt auf Modelle, die keinen zusätzlichen Ausgleichszöllen unterliegen“, bestätigt Charles Lester, Analyst beim Londoner E-Mobilitäts-Spezialisten Rho Motion dem Handelsblatt. In Zukunft könnten chinesische E-Autos trotz Zöllen auch in der EU deutlich günstiger werden. Dabei verfolgt Peking eine zweigleisige Strategie: Die Autobauer reduzieren die Preise und erhöhen so Markenbekanntheit und Marktanteile. Später lenken sie die Kunden dann auf Elektroautos um, wie Beatrix Keim vom Center Automotive Research (CAR) prophezeit.

China drückt die Preise: Autoexperten warnen vor Plug-in-Flut in Europa

Hintergrund ist ein intensiver Preiswettbewerb in China. Langfristig strebt Peking auch in Europa die Preisführerschaft an. Chinesische Autobauer können die Kosten durch große Produktionsmengen und effiziente Batterieherstellung niedrig halten, meint der Experte Ferdinand Dudenhöffer laut Deutscher Presse-Agentur (dpa). Dudenhöffer ist Autor einer aktuellen CAR-Studie zum Thema. Demnach könnten diese Preisvorteile bald auch den europäischen Markt erreichen – trotz der jüngst eingeführten EU-Zölle. „Da werden sicher einige chinesische Plug-ins mehr verkauft werden, zulasten der europäischen“, meint auch der Autoexperte Stefan Bratzel im Gespräch mit dem ZDF.

Aktuell sind chinesische Modelle in Deutschland im Schnitt mehr als doppelt so teuer wie in China, mit einem Preisaufschlag von rund 108 Prozent. Besonders stark trifft das Käufer von E-Kleinwagen. Zum Vergleich: Westliche Elektroautos kosten laut der CAR-Studie hierzulande im Schnitt 28 Prozent mehr als in China. Chinesische Hersteller planen nun auch neue Werke in Europa, um die Zölle zu umgehen – unter anderem in Ungarn und der Türkei, wo niedrigere Lohnkosten und günstige Handelsabkommen den Marktzugang erleichtern. Laut Reuters interessieren sich chinesische Firmen auch für Produktionsstandorte in Deutschland, etwa aus dem Bestand von VW.

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Ab 2035 sind Neuzulassungen von Plug-in-Hybriden in der EU verboten. In der Zwischenzeit torpediert die EU mit den Zöllen aber ihre eigenen Klimaziele: Da nun mehr Plug-in-Hybride verkauft werden, steigt der CO₂-Ausstoß. Denn die Hybride verursachen im Alltagsbetrieb mehr Emissionen als E-Autos. Bis 2030 will die EU die Treibhausgasemissionen eigentlich um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Aktuellen Hochrechnungen zufolge liegt die Emissionsminderung bis 2030 derzeit bei 54 Prozent. Die Plug-ins könnten dem Ziel also noch einen Strich durch die Rechnung machen.

Die EU wollte mit den Zöllen die eigene Autoindustrie stützen – hat aber offenbar die Ausweichstrategien unterschätzt: Chinesische Firmen reagieren schnell. Statt hochpreisigen Autos setzt China nun auf gute Qualität zu niedrigeren Preisen als die Konkurrenz, erklärt Bratzel im ZDF. Die europäischen Hersteller hatten ihre Investitionen stark auf batterieelektrische Autos fokussiert, die günstigeren chinesischen Plug-ins treffen die Marktlücke. „Der China-Speed, der drückt sich auch in Vertriebsstrategien aus. Die verändert man dann einfach“, so der Autoexperte Bratzel weiter. Ob europäische Hersteller es mit dem Tempo aufnehmen können, bleibt offen.