Berlin – Ein trauriger Moment für alle Liebhaber handgemachter französischer Pâtisserie: Ende August schließt die Berliner Windbeuterei Seshu in Mitte ihre Türen. Was einst als mutiges Abenteuer mitten in der Pandemie begann, endet nun wegen den hohen Mieten des Standorts.

Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen. Im März 2021 eröffneten Markus Fux (58) und seine Frau die Windbeuterei und brachten den Berlinern ein Stück französische Pâtisserie in die Hauptstadt.

Täglich servierten sie frisch gefüllte Choux à la Crème – eine Art Windbeutel mit spezieller Mousse-Füllung und Toppings – alles handgefertigt. „Es ist unser Baby, wir stecken unser ganzes Herzblut in jedes Produkt“, sagt Fux.

In der Patisserie wird jedes einzelne Gebäck handgemacht – die Produktion dauert gerne mal einen ganzen Arbeitstag

In der Patisserie wird jedes einzelne Gebäck handgemacht – die Produktion dauert gerne mal einen ganzen Arbeitstag

Foto: Christian Spreitz/BILD

Die hohe Miete war jedoch von Anfang an ein Problem: Aktuell zahlen die Betreiber rund 3600 Euro kalt für circa 65 Quadratmeter. Doch ihr Vermieter forderte nun eine Erhöhung um ganze 20 Prozent, also rund 4300 Euro. „Das geht für uns nicht“, so Fux. „Wir wollen ein Produkt für die Menschen machen, nicht für den Vermieter.“

Der Stückpreis für ein Choux a la Crème liegt bei 2,70 Euro. Laut Fux hätte er bereits deutlich mehr nehmen können, sich aber dagegen entschieden

Der Stückpreis für ein Choux a la Crème liegt bei 2,70 Euro. Laut Fux hätte er bereits deutlich mehr nehmen können, sich aber dagegen entschieden

Foto: Christian Spreitz/BILD

Trotz ihrer treuen Kundschaft machen die hohen Miete, steigende Lebensmittelpreise und auch der harte Alltag in der Gastronomie ein Weiterarbeiten unmöglich. „Zum Ende des Monats übergeben wir den Laden an einen neuen Gastronomiebetrieb“, sagt der gebürtige Schweizer. „Auch, wenn es uns sehr wehtut.“

Mieterverein sieht strukturelles Problem

Sebastian Bartels (59), Geschäftsführer des Berliner Mietervereins e.V., sieht die Situation der Windbeuterei als Teil eines größeren Problems: „Seit den frühen Nullerjahren sind die Mieten rund um die Oranienburgerstraße extrem hoch, weil der Touristen-Boom begann. Das hat zu massiven Aufwertungen geführt, die sich auf Gewerbemieten auswirken.“

Laut Bartels fehlt ein verbindlicher Mietspiegel für Gewerbe, wodurch Gastronomen und andere Unternehmer dem Markt schutzlos ausgeliefert seien.

Die Burgerkette „The Mood Burger“ hat erst vor zwei Monaten in Mitte eröffnet – und zahlt pro Monat über 6.000 Euro Miete

Die Burgerkette „The Mood Burger“ hat erst vor zwei Monaten in Mitte eröffnet – und zahlt pro Monat über 6.000 Euro Miete

Foto: Christian Spreitz/BILD

Neben der Windbeuterei bekommen auch andere Gastronomiebetriebe die Auswirkungen zu spüren. Sinan Karatas (29), Filialleiter von The Mood Burger an der Oranienburger Straße, berichtet: „Wir zahlen 6300 Euro warm für eine kleine Fläche – das ist für diese Gegend noch günstig. Drumherum zahlen andere Läden 12.000 bis 24.000 Euro.“

Auch wenn die Burgerkette mehrere Filialen betreibt und der Standort gute Werbung liefert, seien die Kosten für die Fläche deutlich zu hoch. „Wir haben vielleicht etwas voreilig gehandelt“, so der Filialleiter.

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Mietexperte Sebastian Bartels verweist auf ähnliche Fälle drastisch hohe Mieten, etwa am Checkpoint Charlie oder am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg. „Die Gastronomie ist krisenanfällig – hohe Mieten können schnell das Aus bedeuten.“ Er fordert daher dringend einen verbindlichen Mietspiegel und eine Mietpreisbremse für das Gewerbe.

Trotz der bevorstehenden Schließung am 24. August gibt das Team der Windbeuterei die Hoffnung nicht auf. In einem Brief an die Kundschaft heißt es: „Wir sagen nicht ‚Lebewohl‘, sondern ‚bis bald‘. Wir freuen uns darauf, bald wieder mit euch neue Choux-à-la Crème-Magie zu zaubern.“ Dann vielleicht an einem neuen Standort, mit niedrigeren Mietkosten.