Verkehrssicherheit in Gefahr
Diese US-Fahrzeuge könnten bald deutsche Straßen erobern
25.08.2025 – 10:50 UhrLesedauer: 3 Min.
Dodge Ram: Das Modell ist bei Importeuren beliebt. (Quelle: imago)
Ein neues Abkommen mit den USA könnte tief in die europäischen Autoregeln eingreifen und schwere Folgen für die Verkehrssicherheit haben.
Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten wollen den Handel mit Fahrzeugen vereinfachen. In einer gemeinsamen Erklärung kündigten beide Seiten an, künftig auf eine gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Zulassungsstandards hinzuarbeiten. Im Klartext: Was in den USA für den Straßenverkehr zugelassen ist, könnte künftig auch in Europa ohne weitere Prüfung erlaubt sein – und umgekehrt. Darüber hat zuerst der „Spiegel“ berichtet.
Konkret genannt wird der Verzicht auf sogenannte nicht tarifäre Handelshemmnisse, zu denen auch unterschiedliche Zulassungsvorschriften zählen. Im Gegenzug plant die US-Regierung, die Zölle auf europäische Pkw von 25 auf 15 Prozent zu senken. Die Einigung ist bislang nicht rechtskräftig, ein formeller Vertrag müsste noch von den EU-Mitgliedsstaaten und dem Europaparlament ratifiziert werden.
Verkehrs- und Umweltorganisationen sehen in dem Abkommen ein ernstes Sicherheitsrisiko. Antonio Avenoso, Geschäftsführer des Europäischen Verkehrssicherheitsrats ETSC, warnt: Der „Verrat“ werde auf Europas Straßen „Leben kosten.“ Seiner Einschätzung nach könnten bald großformatige US-Pick-ups und SUVs auf Europas Straßen dominieren, ohne die heute geltenden Sicherheits- und Abgasstandards erfüllen zu müssen.
Auch die Organisation Transport & Environment (T&E), zu der unter anderem der NABU und der Verkehrsclub VCD gehören, übt Kritik. Sie verweist auf das Beispiel Tesla Cybertruck, dessen kantige Karosserie laut EU-Regeln nicht zulassungsfähig wäre. Tesla-Chef Elon Musk selbst hatte eingeräumt, dass das Fahrzeug in seiner aktuellen Form außerhalb Nordamerikas keine Straßenzulassung erhalten würde.
Bislang dürfen Fahrzeuge aus den USA nur mit Einzelzulassungen auf den europäischen Markt kommen. Für jedes Fahrzeug muss ein nationales Prüfverfahren durchlaufen werden, meist in einem EU-Land mit besonders großzügiger Auslegung. 2023 wurden auf diesem Weg laut T&E rund 7.000 US-Pick-ups importiert, darunter viele Modelle von Ram, einer Marke des europäischen Stellantis-Konzerns.
Das geplante Abkommen würde dieses Verfahren überflüssig machen. Fahrzeuge, die in den USA eine Zulassung erhalten haben, könnten dann europaweit angeboten werden. Laut T&E würde das die Fahrzeuge im Schnitt um bis zu 6.000 Euro günstiger machen und einen bislang überschaubaren Nischenmarkt zum Massenphänomen werden lassen.
Schon heute zeigen Untersuchungen, dass große Fahrzeuge wie Pick-ups im Straßenverkehr besonders gefährlich sind. Laut einer Analyse des belgischen Vias-Instituts erhöht sich das Risiko schwerer Verletzungen bei einem Unfall mit einem Pick-up um 90 Prozent, das Risiko tödlicher Verletzungen sogar um 200 Prozent, verglichen mit Unfällen durch normale Pkw. Vor allem für Fußgänger und Radfahrer besteht Gefahr: Viele der Pick-ups verfügen über so hohe Fronten, dass davor kleine Kinder oder Erwachsene im Nahbereich nicht mehr sichtbar sind.