Die digitale Zukunft in der Region Stuttgart steht und fällt mit einem flächendeckenden Glasfasernetz. Mit dem Ausbau geht es gut voran – aber nicht überall in gleicher Weise.

Kein Unternehmen, keine Schule, kein Privathaushalt in der Region Stuttgart kommt heutzutage noch ohne das Internet aus. Damit die digitalen Informationen und Dateien aber auch schnell und unkompliziert transportiert werden können, braucht es Highspeed-Verbindungen. Lange Zeit war es ausgerechnet in der Wirtschaftsregion Stuttgart sehr schlecht darum bestellt. Doch das hat sich geändert. Und Fellbach (Rems-Murr-Kreis)   wird nun wohl noch in diesem Jahr, von den Sonderfällen Kornwestheim und Ludwigsburg abgesehen, die erste größere Stadt im Ballungsraum am Neckar sein, die nahezu flächendeckend mit modernsten Glasfaserleitungen versorgt ist. „Wir sind insgesamt auf einem guten Weg“, sagt Hans-Jürgen Bahde, der Geschäftsführer der federführenden Gigabit Region Stuttgart GmbH und Breitbandbeauftragte der Region Stuttgart.

Glasfaser – das ist, wer so will, das Zauberwort im Blick auf den digitalen Fortschritt. Die dünnen Fäden aus Quarzglas sind so gut, weil sie durch Lichtsignale viel höhere Geschwindigkeiten und größere Bandbreiten ermöglichen als herkömmliche Kupferkabel. Sie sind extrem stabil und wenig störanfällig, kurz kaum verzichtbar in Zeiten, in denen der Datentransport für Firmen, Pendler, Ärzte für Telemedizin oder Privatpersonen zentrale Bedeutung hat. Und auch beim Homeoffice müssen die Leitungen leistungsfähig sein. Noch vor sieben, acht Jahren hatten in der Region gerade einmal zwei Prozent aller Haushalte die Möglichkeit eines Glasfaseranschlusses, fast nirgendwo lagen die Superleitungen im Boden. Und wie sieht es mittlerweile aus?

Letzte Glasfaser-Lücken werden geschlossen Hans-Jürgen Bahde koordiniert den Breitbandausbau. Foto: Gigabit Region Stuttgart

Immerhin 45 Prozent aller Haushalte sind, Stand Mitte August, mit dieser modernen Technik versorgt, 635.000 an der Zahl, sagt Gigabit-Chef Hans-Jürgen Bahde im Gespräch mit unserer Zeitung. Fellbach ist da ein Paradebeispiel. Noch im Laufe des Jahres, so der Plan, sollen die letzten Lücken geschlossen werden, nur im Lindle, einer kleinen, direkt an Stuttgart grenzenden Siedlung, wird es wohl nächstes Jahr werden, weil die Glasfaser da, um nicht zweimal aufbuddeln zu müssen, zusammen mit anderen Leitungen verlegt wird.

Als vor sechs Jahren die Gigabit-Region Stuttgart gegründet wurde und einen wegweisenden Kooperationsvertrag mit der Deutschen Telekom schloss, haben die neuen Partner ein ehrgeiziges Ziel formuliert: Bis Ende 2025 sollten nicht nur alle Schulen und Gewerbegebiete in Stuttgart sowie in den Kreisen Ludwigsburg, Böblingen, Esslingen, Göppingen und Rems-Murr ans neue Glasfasernetz angeschlossen werden. Auch 50 Prozent aller rund 1,4 Millionen Privathaushalte in der Region sollten bis zu diesem Zeitpunkt Glasfaser vor der Haustür liegen haben. Bis zum Jahr 2030 sollen es dann sogar 90 Prozent sein.

Zwei Milliarden für schnelles Internet

Am Ende werden wohl mehr als zwei Milliarden Euro in den sogenannten eigenwirtschaftlichen Ausbau des Netzes, den die Telekom, aber auch andere Betreiberfirmen wie die Deutsche Glasfaser oder NetComBW umsetzen, geflossen sein, finanziert teilweise auch mit öffentlichen Zuschüssen.

„Wir werden“, da ist Bahde sich sicher, „unser erstes großes Etappenziel so gut wie erreichen. Die weiteren 40 Prozent werden dann aber deutlich schwieriger.“ Rund 30 Kommunen quer durch alle Landkreise haben durch das Gigabit-Programm aktuell schon eine Ausbauquote bei der Glasfaser von mehr als 90 Prozent. Im Rems-Murr-Kreis gehören etwa die Orte Kaisersbach, Kirchberg und Leutenbach dazu. „Tatsächlich geht es in kleinen, überschaubareren Gemeinden oft zügiger voran als in den großen Städten“, sagt Bahde. Bei den großen Städten bewegen sich regionsweit Ludwigsburg durch eine Kooperation von Stadtwerken und Telekom sowie Kornwestheim, in früheren Zeiten eine Telekom-Pilotkommune, noch ganz vorn. Wie Fellbach haben sie knapp 96 Prozent aller Haushalte angeschlossen und damit großen Vorsprung. Auf Platz vier im Städteranking: Leonberg mit einer Abdeckung von gerade mal 63 Prozent.

In der Tat hakt es nämlich an vielen Stellen auch. Laut dem Breitbandatlas des Bundes gibt es im Blick auf die Gegend rund um Rems und Murr in Auenwald, Weissach im Tal, Urbach und Althütte weniger als zehn Prozent Abdeckung. „Weiße Flecken“, so der Befund des Landratsamts, die es zu bearbeiten gilt. Aus Altbach und Deizisau im Kreis Esslingen wurden zuletzt Probleme vermeldet.

Auch in Städten wie Esslingen, Schorndorf oder Herrenberg sind noch nicht einmal 20 Prozent der Haushalte angeschlossen, Waiblingen oder Backnang rangieren ebenfalls im hinteren Drittel. Und auch die Landeshauptstadt Stuttgart hat bei einer Quote von rund 33 Prozent noch reichlich Luft nach oben. Zum Vergleich: weit größere Städte wie München und Hamburg bewegen sich bei der Glasfaser-Abdeckung als Primusse bereits jenseits der 70 Prozent.

Ausbau des Glasfasernetzes

Bündnis
Die Gigabit Region Stuttgart GmbH ist eine gemeinsame Gesellschaft der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH, der Landeshauptstadt Stuttgart und den fünf Landkreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr. 178 von 179 Kommunen sind beteiligt.

Aufgaben
Die Gigabit-Region steuert gemeinsam mit den Zweckverbänden der Landkreise sowie der Landeshauptstadt den Breitbandausbau in der Region, koordiniert Kooperationsprogramme mit der Telekommunikationswirtschaft und fördert Smart-Region-Anwendungen. Hauptpartner ist die Telekom. wö