In der Further Straße in Chemnitz haben Anwohner am Montagmorgen die Fällung eines rund hundert Jahre alten Ahorns verhindert. Sie besetzten den Baum, der im Innenhof eines Wohnkarrees steht, und stoppten damit den geplanten Einsatz einer Fachfirma.
„Durch Zufall habe ich mitbekommen, dass der Baum heute gefällt werden soll. Kurzerhand habe ich alles in Bewegung gesetzt, um das hier zu verhindern“, sagte die 46-jährige Elzbeta Laabs.
Hintergrund des Vorhabens
Der Ahorn sollte weichen, um den Bau einer Tiefgarage zu ermöglichen. Für die geplante unterirdische Zufahrt wäre das Wurzelwerk beschädigt worden. Nach Angaben der Anwohner liegt der Baum auf einer Grundstücksgrenze, weshalb beide Seiten einer Fällung zustimmen müssten. Dieses Einverständnis habe es nicht gegeben.
Baum steht unter Schutz
Hinzu kommt die aktuelle Vegetationszeit. In dieser dürfen Bäume grundsätzlich nicht gefällt werden. Zudem handelt es sich um einen geschützten Baum. Das bedeutet: Für eine Fällung müsste eine Sondergenehmigung vorliegen. Dafür wäre wiederum ein Artenschutzgutachten nötig, das nachweist, dass in dem Baum keine streng geschützten Arten vorkommen – etwa Fledermäuse.
Zweifel an Gutachten
Nach Angaben von Laabs wurde zwar eine Fällgenehmigung erteilt, doch sei das zugrunde liegende Baumgutachten rechtlich anfechtbar. Es enthalte keine klare Begründung, warum der Baum ausgerechnet in der Vegetationszeit entfernt werden solle. Schwere Schäden, die eine sofortige Fällung rechtfertigen würden, lägen nicht vor. Zudem habe die Eigentümergemeinschaft das Gutachten nie offiziell erhalten. Laabs erfuhr nach eigenen Worten nur durch ihre Tätigkeit als Baumkontrolleurin und ihre Kontakte davon.
Unterstützung durch Musiker
Laabs ist auch Opernsängerin am Theater Chemnitz. „Ich habe die Thematik auch dort zum Besten gegeben und sofort viele Unterstützer gefunden“, sagte sie. Musikerinnen und Musiker der Robert-Schumann-Philharmonie spielten am Montag vor Ort und machten so friedlich auf die Situation aufmerksam.
Besonders auffällig war die Aktion ihres Mannes: Er arbeitet wie sie im Opernchor, ist zudem Baumpfleger, Baumkontrolleur, Baumwart – und Hornist. Er kletterte in die Krone des Ahorns. „Solange jemand im Baum ist, kann auch nicht gefällt werden“, erklärte Laabs.
Wie es weitergeht
Die Stadt bestätigte, dass bislang nur eine Zwischenentscheidung zur Baugenehmigung vorliegt. Ein umfassendes Baum- und Artenschutzgutachten soll im Herbst erstellt werden. Laabs kündigte an, notfalls auch den Rechtsweg zu beschreiten.
Symbol für Baumrettung
Der alte Ahorn ist für viele Anwohner zum Symbol der Baumrettung geworden. Ob er dauerhaft erhalten bleibt, entscheiden nun weitere Prüfungen und möglicherweise Gerichte.