Kulturhaushalt

Berlin will Einsparpotenzial bei landeseigenen Bühnen extern prüfen lassen

Di 26.08.25 | 06:25 Uhr | Von Nathalie Daiber

Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt. (Quelle: dpa/Shotshop|Elxeneize)Bild: dpa/Shotshop|elxeneize

Im Kulturdialog konnten sich die landeseigenen Bühnen und der Senat bisher nicht einigen, wo genau gespart werden soll. Nun soll ein externer Dienstleister Lösungen finden. Nicht alle sind begeistert. Von Nathalie Daiber

Die Senatskulturverwaltung will einen externen Dienstleister mit der Analyse der landeseigenen Bühnen beauftragen. Das geht aus einer Antwort der Kulturverwaltung auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Daniel Wesener hervor, die der Redaktion rbb24 Recherche exklusiv vorliegt.

Es geht um die fünf landeseigenen Bühnen: Volksbühne, Gorki-Theater, Deutsches Theater, Theater an der Parkaue und Konzerthaus. Dort sollen künftig „bestehende Strukturen“ gemeinsam genutzt und neue „gemeinsame Strukturen“ aufgebaut werden, schreibt die Kulturverwaltung. Das Ziel sind Einsparungen. Damit diese „Synergiepotenziale“ gefunden werden, soll ein bisher nicht benannter Dienstleister eine „umfassende, neutrale und methodisch fundierte Analyse“ durchführen. „Der Prozess ist ergebnisoffen.“

Wesener kritisiert das Vorhaben im Gespräch mit rbb24 Recherche. „Einerseits wird so viel Geld eingespart in der eigentlichen Kulturarbeit, und andererseits geht so viel Geld drauf für irgendwelche externen Dienstleister.“ Das sei eine schlechte Nachricht für den Kulturhaushalt.


Noch keine Lösung im Kulturdialog

Seit Februar treffen sich die Intendant:innen der Berliner Bühnen regelmäßig mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und der Kulturstaatsenatorin Sarah Wedl-Wilson (parteilos) im Kulturdialog. Ziel ist es, gemeinsam Einsparmöglichkeiten zu erörtern, ohne dass eines der Häuser ganz geschlossen werden muss.

Bereits im April hatte der rbb diese Pläne öffentlich gemacht. Damals hatte Sarah Wedl-Wilson überlegt, eine Theater Stiftung nach dem Vorbild der Opernstiftung zu gründen und die Werkstätten von Gorki und Volksbühne auszulagern. Zuletzt hatte die Senatorin gemeinsame Depots und ein gemeinsames Ticketsystem vorgeschlagen.


Personalrat bisher nicht einbezogen

„Mein Eindruck ist, dass die Senatorin viele Ideen produziert, aber keinen Plan“, sagt der Oppositionspolitiker und ehemalige Finanzsenator Wesener im Interview mit dem rbb. „Außer Ideen scheint es vor allem Spesen zu geben, hier in Gestalt von viel Geld für externe Dienstleister. Das ist eine Kernaufgabe von Kulturpolitik, eine Kernaufgabe von Verwaltung.“

Auch der Hauptpersonalrat, die Personalvertretung aller Landesbeschäftigten und damit auch der landeseigenen Bühnen, kritisiert die Beauftragung eines externen Gutachters. Die Vorsitzende Daniela Ortmann befürchtet, dass ein Gutachten der erste Schritt sei hin zu „massiven Veränderungen“ bei den Berliner Bühnen. Sie kritisiert, bisher nicht informiert worden zu sein. „Wir müssen uns auf Augenhöhe darauf vorbereiten können, und dazu brauchen wir den Auftrag an den Gutachter.“ Auch, wer konkret beauftragt werde, möchte Ortmann wissen.


„Wir verhungern informationell am langen Arm“

Bei den bisher bekannten Vorschlägen geht es auch um die Einsparung von Personal. Die Masken- und Kostümbildnerinnen in den Werkstätten zum Beispiel sind bisher beim Land angestellt und werden vom Hauptpersonalrat vertreten.

Schon zweimal habe die Beschäftigtenvertretung an die Senatorin geschrieben und um Auskunft und ein Gespräch gebeten. Das zweite Mal hatte ein Anwalt das Schreiben verfasst, aber auch darauf gab es kein konkretes Gesprächsangebot. „Wir verhungern informationell am langen Arm“, beklagt Daniela Ortmann. Die Kulturverwaltung schreibt in ihrer Antwort an Wesener, dass „die Personalräte der [landeseigenen] Betriebe einbezogen“ würden.


Weiter Unsicherheit beim Personal

Die rund 2.000 Beschäftigten, die der Hauptpersonalrat an den Berliner Bühnen vertritt, sind sehr verunsichert. Sie fürchten, bei Umstrukturierungen ihren Job zu verlieren oder zumindest Gehaltseinbußen hinnehmen zu müssen. Wiederholt haben deswegen viele Theatermitarbeitende gegen die Pläne der Kulturverwaltung protestiert.

Zuletzt hatte die Volksbühne eine öffentliche Begehung ihre Werkstätten organisiert, um auf ihre Einzigartigkeit aufmerksam zu machen. Nur das Gorki und die Volksbühne haben noch eigene Werkstätten, die nach den Plänen von Sarah Wedl Wilson in den Bühnenservice eingegliedert werden sollten. Der Bühnenservice untersteht der Opernstiftung und produziert die Bühnenbilder und Kostüme für alle Opern, das Staatsballett, Deutsches Theater und das Theater an der Parkaue.

Die Volksbühne hatte bei der Begehung vorgerechnet, dass die Kosten pro Arbeitsstunde beim Bühnenservice der Opernstiftung das Theater teurer kommen würden als die Produktion im eigenen Haus.


40 Millionen Euro für Transformation

Noch vor der Sommerpause hatte Sarah Wedl-Wilson angekündigt, dass im nächsten Jahr nur 110 Millionen Euro in der Kultur gespart werden müssen, statt der von ihrem Vorgänger Joe Chialo geplanten 160 Millionen Euro.

Trotzdem steht die Kulturlandschaft vor Umwälzungen. Dafür plant die Kulturverwaltung für die Jahre 2026 und 2027 einen Transformationsfonds von jeweils 20 Millionen Euro. Damit „sollen Maßnahmen finanziert werden, die die Stabilität und Qualität der Berliner Kulturlandschaft auch in Zeiten begrenzter Ressourcen sichern und in ihren zentralen Bereichen zukunftssicher und nachhaltig aufstellen“.

Sendung: rbb24 Inforadio, 26.08.2025, 5:00 Uhr

Beitrag von Nathalie Daiber